Klare Sache!
Es passiert mir immer wieder, dass ich nach langer Gewohnheit einen Rückschritt entgegen industrieller Küchenevolution mache und Dinge tue, die meine Oma wie selbstverständlich getan hat – sie notgedrungen, weil's das industrielle Pendant damals noch gar nicht gab. Und hier und da auch aus Überzeugung. Meine Erfahrung in den allermeisten Fällen: warum das teure chemisch aufgeplusterte Ersatzprodukt kaufen, wenn es doch so einfach ist, die Dinge selber zu tun? Und meist deutlich besser schmeckt. „Besser schmecken“ liegt für mich darin begründet, dass meine Oma (Kaltmamsell bei Osram) für uns gut gekocht hatte und ich somit noch mit der gustatorischen Wahrnehmung einer ursprünglichen Küche sozialisiert wurde. Der Apfelsaft kam vom Baum aus Omas und Opas Garten (ein Grund, warum ich heute noch sehr selten Apfelsaft aus der Flasche trinke), das Kompott ebenfalls aus Früchten eingemacht, geerntet vom kleinen Grundstück. Ein Apfelbaum, ein Birnenbaum haben ausgereicht, dass die ganze Familie diesbezüglich bis zur nächsten Saison sehr gut über die Runden – uns manchmal die mangelnde Vielfalt aus den Ohren – kam und dass wir Kinder Mandarinen aus der Dose als exotisches Glück der ganz seltenen Ausnahme empfanden. Das Glück haben viele Kinder heute nicht mehr. Es gibt zu viel zu jeder Jahreszeit, Geschmäcker verflüchtigen sich und oft schmeckt nur noch gut, was die Industrie als Geschmack vor definiert.
Als ich in meine erste eigene Wohnung einzog und zwangsläufig dem zögernd wachsenden Vergnügen meiner ersten eigenen Küche gegenüber stand, habe ich natürlich auch zu Maggi-Tüten gegriffen. Überhaupt Maggi! Gab es zu meiner Kinderzeit nur Flüssiges und ehrlich, gelegentlich Maggi in den Eintopf getropft, ganz wenig, das mag ich auch heute noch – das ist auch so eine Oma-Küchen-Erfahrung in jungen Lebensjahren. Aber zurück zu den Tüten: als Jugendliche habe ich meine Unwissenheit in der Küche durch die Tüte ersetzt. Bis ich irgendwann mein echtes erstes Paprika geschenkt bekam und mit Hilfe eines Kochbuches feststellte, wie einfach doch diese Tütenwürze durch eine ganz pure Mischung aus erstaunlich wenigen Gewürzen aus meinem Regal hergestellt zu ersetzen war. Und zwar deutlich einfacher und schneller in der Herstellung als die Industrie es einen glauben machen wollte, nebenbei in der Konsequenz viel günstiger. Solche Lernerfahrungen, der Wille die Dinge einmal selber auszuprobieren, haben mich rückwärts von der Bequemlichkeit weg, dafür in meiner Küchenentwicklung vorwärts gehen lassen. Getrieben von der Erfahrung dabei immer wieder, oft unverhofft, die längst verloren geglaubten Geschmäcker meiner Jugend wiedergetroffen zu haben.
Genauso ging es mir mit Butterschmalz, etwas womit unsere Großmütter ständig in der Küche arbeiteten, weil es hierzulande Öle, geschweige denn Olivenöle, damals noch gar nicht gab. Butterschmalz hat interessanterweise vor einigen Jahren durch die indische Küche zurück den Weg in die deutschen Küche gefunden, nämlich als „Ghee“ als der ultimative Geschmacksträger verkauft. Trotzdem ist es nur Butterschmalz und Oma hatte das damals schon, nicht aus dem Kühlregal. Selbstgemacht. Einfach.
Meistens brate ich mit Öl. Wenn nicht zu lange bei zu hoher Temperatur gebraten wird besonders gerne mit Olivenöl, weil ich es selbst günstig aromatisieren kann. In den seltenen anderen Fällen mit anderem hitzebeständigerem Öl. Ab und an kaufte ich auch Butterschmalz aus dem Handel, des angeblich guten Geschmacks wegen, den ich doch nie in diesem Produkten fand. Das roch und schmeckte nicht wie bei Oma. Und was nicht wie bei Oma riecht und schmeckt, stimmt einfach nicht!
Letzte Woche habe ich aus dem Kühlregal zwei Pakete Butter mitgenommen mit dem festen Vorsatz, endlich Butter selbst zu klären, um ein anständiges halbwegs reines Butterschmalz herzustellen. Gestern war es soweit, mein vor gut zehn Tagen selbst vakuumiertes im Kühlschrank zum Reifen gelagertes also gut „abgehangenes“ Roastbeef (Steamy Kitchen brachte mich mit diesem Post darauf), sollte seine endgültigen Bestimmung zugeführt werden. Und zu einem Braten gehört gutes Butterschmalz. Und das macht man so:
Die Butter (zwei Pakete ergeben in der Menge hinterher eine Schüssel in Bol-Größe) wird in einem Topf verflüssigt also erhitzt bis sie ganz leicht zu köcheln beginnt.
Nun hebt man vorsichtig die oben ausgetretene Molke mit einer Schöpfkelle vorsichtig ab.
Je sorgfältiger man dabei vorgeht, desto qualitativ hochwertiger ist hinterher das Butterschmalz – wird also nicht verbrennen.
Die Butter ruht nun, bis sich der Satz auf dem Boden des Topfes absetzt.
Ich habe eine Fett-Trennkanne in die ich die flüssige Butter gegossen habe und ca. eine Stunde später so flüssiges Fett vom Molkesatz vorsichtig getrennt. Man kann die Butter auch noch einmal filtrieren, will man das Schmalz besonders rein haben. (Soweit ich weiß, wiederholen die Inder diese Vorgänge mehrmals, um besonders konzentriertes Ghee zu erhalten.)
Übrig bleibt herrlich gelbes Butterschmalz,
das im Kühlschrank bis in alle Ewigkeiten halten dürfte – vorausgesetzt es wird kaum verwendet. Was bei mir nicht passieren wird, ich habe gestern dann sofort das Roastbeef in einem Esslöffel Fett angebraten (Butterschmalz kann sehr sparsam verwendet werden) und die Küche durchzog ein feiner Buttergeruch so wie sich durch das ebenfalls im Fett angebratene, später abgelöschte Röstgemüse intensive köstliche Butteraroma bis in die Soße trug.
Ein Geschmackserlebnis wie in Omas Küche. Und die übliche Erfahrung: mit wie wirklich wenig Aufwand dieses Butterschmalz selber herzustellen war. Ich hätte es wirklich viel früher schon selber machen sollen.
9 comments:
oh ja, frau creezy, ich kann ergänzend nur eines hinzufügen: ich mache heuer wieder gänseschmalz, mit ein paar gewürzen gleich mit ausgelassen. ebenfalls eine geschmacksexplosion, ewig haltbar (theoretisch) und, wenn man es genau berechnet, gesünder als viele andere fette: man braucht so wenig davon im vergleich mit industriellen fetten, dass sich das volumsmässige mehr an fett und cholesterin im endprodukt als weniger herausstellt. aber dass weniger oft mehr ist, ist ja auch nicht neu.
Verzeiht die unqualifizierte Bemerkung, Euer Ehren, jedoch wage ich anzumerken, dass es beim netten Inder oder Malayen oder auch im Bioladen um die Ecke etwas namens "Ghee" gibt. Dahinter verbirgt sich - man wagt es kaum zu glauben - geklärte Butter.
Für alle diejenigen, die keine Trennkanne besitzen, eine hoffentlich brauchbare Info.
Und hier als Bonbon noch etwas Cat Content (weil ich vermute, dass der hier gut ankommt): http://cuteanimals.todaysbigthing.com/2009/11/30
Cheerio und liebe Grüße,
der Mechatroniker
AAAAAAAAAAAAAAAH!
Man vergebe mir und lösche sämtliche Kommentare! Asche über mein Haupt!
Ich gelobe feierlich, in Zukunft den Post komplett zu lesen, bevor ich was schreibe!
*schäm*
Frau creezy, sehr schönes Butterschmalz haben Sie da erzeugt. Hab ich auch immer nochmal vor, aber nach einer leicht anderen Methode, etwas technischer: http://cookingforengeneers.com/article/198/Clarified-Butter-II (Ich hoffe der Link klappt)
Ach Mist, ein "e" ist falsch, 'tschuldigung :
http://www.cookingforengineers.com/article/198/Clarified-Butter-II
@Kelef
Hm, das klingt gut! Und wie Recht Sie haben, letztendlich nimmt man deutlich weniger Fett zu sich, wenn es geschmacklich intensiver ist! Bitte posten Sie Ihr Gänseschmalz-Rezept! Wir müssen so etwas für die Kochenden nach uns festhalten! ,-)
@Mechatroniker
Das war lustig, als ich Ihr erstes Post las, dachte ich: cool, Du hast also nur geträumt von Ghee geschrieben und es verlinkt zu haben! *lol* Und meine unauffälligen Post komplett zu lesen, könnte künftig helfen! ,-)
Danke für das Video, kenne ich mittlerweile natürlich schon … die Kleene.
@Anikó
Hach, was haben Sie denn für einen grandiosen Namen? Ihr Methode ist fantastisch, wenn es hier so wunderschöne Gefrierbeutel gäbe (das Design, die Farben meine ich, die Methodik an sich kennen wir natürlich auch!), wüsste ich, wie ich mein „nächstes Mal“ begehen würde. Und Sie können Butter so gar auf englisch klären, seufz …
Sie bringen einen auf Ideen... Butterschmalz... Hach!
das mit dem klären geht noch viel einfacher: länger langsam kochen lassen, ohne rühren, ohne abschäumen, bis sie unten ganz leicht bräunt, zu dem zeitpunkt ist sie oben ganz klar und "durchsichtig". so hat meine oma das butterschmalz immer gemacht und ich mach's alle paar monate auch so. dann einfach durch einen kaffee- oder teefilter, den ich in ein sieb lege, abseihen. fertig.
Mit Katha bin ich mir doch immer - fast immer ;-) - einig. Ich fabriziere seit Jahren mein Butterschmalz nach dieser Methode. Allerdings fange ich nicht unter 3 Pfund Butter an. So habe ich nämlich auch immer ein nettes Geschenk bei Essenseinladungen.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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