2009-07-11

Naherholungsgebiet



Seit der Flughafen Tempelhof nicht mehr von Flugzeugen heimgesucht wird, wird er von anderen Dingen heimgesucht: 60 Jahre Luftbrücke-Feiern, Beaves and Butthead oder zu deutsch: Brot & Butter, die letzten drei Abende gab es die Pyromusikale.

Die Pyromusikale ist die einzige öffentliche Veranstaltung, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist, auf der Begleitpersonen von Schwerbehinderten (bei der Pyronale heißen sie primär „Rollstuhlfahrer“) tatsächlich Eintritt zahlen müssen. Das hat mich heute beim Lesen auf der Homepage so entsetzt, dass die von mir nächste Woche Post bekommen. Zudem ist es Menschen im Rollstuhl nur erlaubt Ticket über eine bestimmte Hotline zu ordern, nix Abendkasse wie für Normalsterbliche. In Heidelberg wurde gerade ein Mensch, der nicht sehen kann, von einem Mann verprügelt, weil der „Blinde“ angeblich so blöd dessen Freundin angeguckt hätte. Schwerbehinderte Menschen haben das Recht eine Begleitperson mitnehmen zu dürfen zu Veranstaltungen für die sie ein Ticket entwerten, falls das überhaupt notwendig sein muss. Wer daraus Profit schlägt, dass jemand aufgrund seines besonderen körperlichen Merkmales begleitet werden muss, ist schlicht und simpel 'ne Arschgeige! (pardon my french, aber da sind diese Emotionen.)

Das Konzept sah vor Menschen auf dem (eingezäunten) Flughafengelände mit Musik zu bespaßen und im Abschluss den Abend gemeinschaftlich mit einem Feuerwerk ausklingen zu lassen. Am ersten Abend waren die Veranstalter wohl etwas erstaunt, dass es im Sommer so lange hell bleibt. Heute Abend war ihnen egal wie hell es war, sie legten einfach um halb zehn Uhr los. Da ich ja sieben Minuten zu Fuß von der hinteren Landebahn weg wohne, habe ich die vergangenen Abende nett mit Feuerwerk verbracht. Und heute bin ich dann los und habe mir es in der Oderstraße aus der relativen Nähe gegeben, wo … auch schon alle anderen waren. Ich glaube, das war genau die Menge an Leuten, die sich die Flughafenstürmerdeppen gerne gewünscht hätten – und es standen läppische zwei Manschaftswagen irgendwann in der Oderstraße quer, um die Straße zu sperren für den Autoverkehr (es ist ja immer wieder erstaunlich, WIE nahe die Leute in ihren Autos immer an den Veranstaltungsort wollen, am liebsten rein fahren …)



Nun denn, das war ganz lustig so inmitten der Massen zu stehen und lustige Himmelsbilder anzuschauen. Links neben mir freuten sich Leute über einen so schönen Urlaubsabschluss, recht freute sich eine Dame über so ein schönes Geburtstagsfeuerwerk und um uns herum freuten wir uns alle über das, was da am Himmel sich zeichnete – zumal der Himmel am Anfang noch in herrlichem Rot gezeichnet war. Also Feuerwerk und bombastischer Sonnenuntergang in einem. Ich lief dann irgendwann zurück und machte hier und dort in einer Lücke mit halbwegs guter Sicht noch ein Foto. Ohne Stativ.


pix Pentax K20 D mit 16-50 2.8 SDM, 1600 ISO, frei Hand

Auf dem Parkplatz meines Lieblingsdiscounters stand ich nahe an einer Gruppe, Oma, Mutter, Vater und ein Kind, ca. acht Jahre alt. Die Kleine langweilte sich – ganz offensichtlich. Sie hat Durst und sie hatte keinen Spaß. Indes hatten die Eltern keine Lust, diese Veranstaltung abzublasen und ermahnten die Kleine alle drei Minuten lang „Nun guck doch endlich mal da hin!“ Irgendwann ging ich in die Knie und machte mich so klein, wie die Kleine ungefähr war, dann zupfte ich der Oma am Ärmel und erklärte ihr ganz einfach, dass das Kind aus der Höhe durch die Bäume genau gar nichts sehen konnte.

Das Schweigen war dann leicht betreten, die Stimmung etwas fröstelnd. Wie dem auch sei, so ein Feuerwerk in einer Sommernacht ist schon etwas Feines. Letztendlich hatte ich aber doch den besten Blick von meinem Balkon aus, wenn nur der eine Baum nicht wäre … und Talytha findet Feuerwerk auf meinem Arm zusammen mit mir aus dem Küchenfenster gucken auch ziemlich cool. Aber Tally mutiert ja auch immer mehr zu einer kleinen Rockerbraut.

1 comments:

The Exit hat gesagt…

Ich hoffe, das Feuerwerk hat die Gebrauchtwagen nicht beschädigt.

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