2007-10-12

Fotosteckerl

Die Julia hat einen beindruckenden Wurfarm, mal eben so ein Stück Holz von Österreich in den Nordosten Deutschlands zu schicken mit einem Wurf, das soll ihr jemand nach machen. Fotostöckchen, kann ja für mich kein Schöneres geben, weswegen ich mich für die Länge und Leidenschaft meiner Antworten offiziell entschuldige.

1.) Wieviele Fotos hast Du bereits geschossen?
Das ist wohl nach ca. 42 Lebensjahren, davon mindestens 32 mit einem Fotoapparat nicht mehr zählbar. Aber natürlich ist die Menge mit meinem Eintritt in die Digitale Fotografie deutlich gestiegen, wird jetzt aber wieder weniger. Langsam werde ich sicherer.

2.) Das macht etwa pro Jahr…?
Viele …


3.) Was fotografierst Du am liebsten?
Ganz klar: Natur ist mein Thema. Weil sie das höchste Gut ist, das diese Welt hat. Weil sie so verletzlich ist und es weh tut zu sehen, wie sie täglich mit den Füßen getreten wird und weil es mich immer wieder fasziniert, wie sie sich mit ihrem Lebenswillen ihren Lebensraum zurück erobert, den der Mensch vorher zerstört hat oder ihr abgerungen hat. Weil sie zu jeder Jahreszeit neue Herausforderungen bietet. Naja, meine Gänseblümchensammlung ist legendär. Dann Food. Großes Kapitel, stehe ich erst am Anfang und hätte ich die Möglichkeit mit der Fotografie je Geld zu verdienen, dann bitte bitte damit. Und irgendwie hatte ich immer ein Faible für Technik. Alte Schlösser zum Beispiel, Autos – fällt mir gerade auf: meine erste fotografische Serie noch zu analogen Zeiten bestand aus jeder Citroën Déesse, die mir über den Weg lief. Aber zunehmend fotografiere ich immer lieber Menschen (mochte ich früher nie) und Architektur.

4.) Warum fotografierst Du?
Weil mich das Fotografieren glücklich macht und aufregt und frustriert. Weil es mich wie kein Hobby zuvor in meiner eigenen Entwicklung ganzheitlich gefördert hat. Der Anspruch an Psyche und Physik. Da ist nichts selbstverständlich. Weil ich in der Fotografie noch nie das Gefühl bisher hatte „ich kann das jetzt” und das sehr sicher auch nie haben werde, weil ich nie gut genug bin und immer weiter lernen muss und nachdem ich mich jetzt gut drei Jahre sehr intensiv autodidaktisch mit dem Thema auseinander gesetzt habe, nicht glaube, jemals alles wissen zu können. Weil ich mich mit ihr ausdrücken kann, mit ihr wohl fühle, anderen Menschen mit meinen Fotos ein Geschenk machen kann.

Ich bin immer wieder fasziniert davon, wenn ich mich mit einem Thema oder einer Technik oder in der Fotografie auseinandersetze, das mir gar nicht liegt, wie viel ich gerade davon dann lerne. Was mir Fotografen beibringen, deren Motive ich nie für meine eigene Fotografie wählen würde oder deren Technik ich als zunächst langweilig erachte. Darin dann die Kunst und die harte Arbeit erkennen zu können, das fasziniert und begeistert mich immer wieder an der Fotografie. Und das ist das Großartige an der Auseinandersetzung mit der Fotografie: von der Kreativität der anderen zu lernen, sehen zu lernen, sich zu entwickeln.

5.) Welches war Deine erste Kamera?
Es gab sicher vor ihr einige Revue-Billigmodelle, die man uns Kindern damals schenkte und eine Agfa «ritsch-ratsch-klick» Pocket Instamatic (so ein geiler Name, immer noch!) aber geliebt und aufgehoben habe ich meine Pentax PC35AF-M, wie auf Dunkelkammerartistik von mir beschrieben.


6.) Mit was fotografierst Du gerade?
Mit meiner Pentax ist Ds, im Januar seit drei Jahren. Ich liebe die Kamera. Sie ist mein Handwerkszeug, das sich nicht dumm anstellt oder sich mit technischem Schnickschnack aufdrängt und meine Fotos mit mir wie im Schlaf macht. Sie fasst sich gut an. Ich kann Hobby-Fotografen (Profi-Fotografen tun das eh nur sehr selten), die ihre Kameras mit jedem neuen Modell auswechseln, nicht verstehen.

Die Makros und allermeisten Fotos mache ich mit dem Tamron XR DI 3,5-6,3 28-300 mm. Wird gerne als „Billig-Zoom» verschrien, ich mag es und die wenigsten sehen den Fotos an, dass sie damit gemacht wurden. (Obwohl mich zur Zeit sehr iritiert, dass sich der Greifgummi gerade vom Objektiv löst aber das «warum?» kann mir Tamron sicherlich erklären.) Dann nutze ich gerne das 3.5-5.6 18-55 mm Kit-Objektiv von Pentax. Und zwei deutlich ältere M-Optiken. Für Porträts und für auch sonst immer dabei, das Pentax SMC-FA 1:1.5 50 mm, eine kleine leichte rattenscharfe Optik mit der die eh schon kleine istDs eine Handtaschen-DSLR bleibt. Ein Grund, warum ich mich damals für die Kamera entschieden habe. Der andere Grund war, weil sie ein Metallchasis hat, sie ist klein und schwerer als die damals üblichen Plastikbomber der Konkurrenz waren. Sie hat mir immer das Gefühl vermittelt, ein Profigerät zu sein, das mit mir über Stock und Stein fällt. Der dritte Grund für Pentax: es ist immer noch die Firma, die am wenigsten von der Softwareseite aus in die Fotos eingreift. Die Fotos einer Canon erkennt heute jeder, der sich halbwegs mit digitaler Fotografie auseinander setzt anhand ihrer überzogenen Schärfe und wenig realistischen Farbigkeit. Der überzogene s/w-Kontrast des s/w-Softwarefilters der Canon, der langweilt mich. Aus den Kameras kommen keine realitätsnahen Fotos mehr. Was Canon mit den Augen und Gehirnen ihrer Kunden anstellt, gehört verboten. (Sorry Canon-Nutzer, ich weiß, ihr könnt das nicht verstehen.)

Alt und immer noch ab und zu dabei als kompakte Kamera: Canon V3. Und voll analog: 'nen Actionsampler.

7.) Mit was würdest Du noch lieber fotografieren?
Ich hätte wirklich gerne die Pentax K10D, nicht weil sie das neuere Modell ist oder 10 Megapixel hat. Ich würde sie einzig wegen der Shake Reduction haben wollen. Einfach weil ich mit der Diagnose eines essentiellen Tremors lebe. Das sind die Leute, die beim Suppelöffeln gerne die Hälfte verschütten – ganz ohne aufgeregt zu sein oder den nächsten Schnaps zu brauchen. (Mal für's Protokoll: die allerwenigsten (älteren) Menschen, die zittern, haben überhaupt Parkinson!) In meinem Fall wäre dieses Feature also wirklich hilfreich. Aber sonst wüsste ich wirklich keinen Grund, warum ich mich von meiner istDs je trennen sollte.


8.) Was willst Du Dir als nächstes kaufen?
Ein ordentliches Stativ. Und ja, natürlich hätte ich wirklich wahnsinnig gerne die beiden neuen 2.8er-Zooms von Pentax. Das ist natürlich alles völlig hypothetisch. Dann wiederum könnte ich auch auf das Stativ verzichten. Ach, und weil durchgängig f 2.8 schon etwas Großartiges ist: Das DA 2.8 14 mm, bin nämlich in Spanien ernsthaft an die Grenze von den 18 mm des Kitobjektivs (18-55 mm) gestoßen. Der Innenhof (gibt es eigentlich einen architektonischen Fachausdruck für ein rundes Atrium, wenn es das denn gäbe?) kam nicht ganz ins Bild, doof so etwas. Oder ich muss künftig immer den Physiker mit in Urlaub nehmen!

9.) Bearbeiten oder nicht bearbeiten?
Sehr wenig bearbeiten. Ich habe schon den Anspruch das Bild aus meinem Kopf möglichst direkt aus der Kamera zu holen. Klar mache ich auch die üblichen Bearbeitungen wie Tonwertkorrekturen, Gradationskurven, korrigiere mit Farbfiltern hier und da, stelle (sehr selten) frei, aber ich bin für mich beispielsweise überhaupt kein Freund der Montagefotografie. Ist mir zu künstlich – obwohl ich großen Respekt vor diesen Photoshopkünstlern habe, denn die arbeiten mit PS noch einmal auf einer ganz anderen Ebene (für die ich auch ehrlich zu faul wäre.) Für mich ist die Fotografie der eigentliche Prozess. Das Danach am Rechner ist ungeliebtes Pflichtprogramm. Je eher mein Wunschfoto direkt aus der Kamera kommt, umso lieber ist mir das. Und klar: bei s/w-Fotografie kann auch ich mich stundenlang vor dem PC verlieren, eine hohe Kunst und da sehe ich mich erst noch am Anfang. Ich käme nicht auf die Idee, meine Fotos dem s/w-Filter der Kamera anzuvertrauen.


10.) Was machst Du mit Deinen Bildern?
Sie lieben. Sie hassen. An ihnen (also mehr an mir) manchmal fast verzweifeln. Sie zeigen, sie verschenken, sie sammeln, vielleicht auch mal verkaufen – wer weiß?

11.) Was war Dein fotografischer größter Erfolg mit Deinen Bildern bis jetzt?
Da ich wohl selber meine größte Kritikerin bin und es sehr sehr selten passiert, dass ich zu einem meiner Fotos sagen kann «ja, das ist es!», wohl der Moment in dem ich das sagen konnte. Es macht mich stolz, wenn Betrachter in meinen Fotos eine eigene Geschichte sehen. Wenn jemand mein Foto länger als nur die üblichen 30 Sekunden betrachtet und es mag: mehr kann mich nicht glücklich machen.

12.) Fotografie als Beruf?
Klar, es gibt schlimmere Jobs. Aber das sehe ich realistisch. Da draußen sind zigtausende Fotografen die mehr Wissen, Technik, Möglichkeiten und Talent haben. Aber einmal eine eigene Ausstellung haben, das wäre nett für den Anfang.

13.) Wo durftest Du nicht fotografieren?
Ach, das darf man ja oft nicht. Aber 2004 auf dem Markt in Síneu wollte ich das Gesamtbild des Marktes fotografieren (eigentlich nur die im Wind wehenden bunten Tücher) und eine Afrikanerin dachte, ich würde sie fotografieren und ist richtig hysterisch und wütend geworden. Das war ein lehrreicher Moment, weil mir wieder einfiel, dass Fotografie an anderen Orten dieser Welt den Menschen Angst macht, sie glauben, sie würden verhext. Das schürt einmal mehr die Hochachtung vor den Fotografen, die es an diesen Orten, in diesen Kulturen geschafft haben, die Menschen dort vor die Kamera zu holen. Und den Respekt vor dem Individuum. Vor allem ein Porträt-Fotograf muss auch ein sehr guter Psychologe sein.


14.) Qualität oder Inhalt?
Was nützt die höchste Qualität, wenn dem Foto kein Inhalt gegönnt ist? Technische Qualität wird im Bereich der Fotografie (vor allem von den Laien und Anfängern) eh überschätzt. Es ist selbstverständlich ein langer schwieriger Prozess zu lernen, Dreidimensionalität auf Zweidimensionalität zu bringen oder ein scharfes Bild zu produzieren. Aber wenn man das gelernt hat, muss man erst mal wieder lernen, auch Unschärfe gekonnt zu produzieren, um Bilder lebendig zu machen. Das war bei mir der schwierigere Prozess. Lomographie – vor allem mit einer technisch hochwertigen Kamera gewollt umgesetzt – ist für mich eine der schwierigsten und spannendsten Kunstformen der Fotografie.

15.) Wenn Du nur noch ein Bild fotografieren könntest, was wäre der Inhalt?
Noch einmal ein sehr schönes Bild von meiner Mum. Ansonsten ist das müßig darüber zu sinnieren. Fotografie heißt Entwicklung, die Frage müsste jeden Tag neu beantwortet werden. Im Zweifelsfalle dann dieses.

Nun, wer möchte das Stöckchen? Frau pepa bestimmt (wenn sie wieder Zeit hat), bhuti? Du willst das doch auch, oder? Spontiv (weil er sich a) meine Traumkamera gerade geschenkt hat (und über so etwas freue ich mich wie blöd) und b) sich gerade wieder einarbeitet in die Kunst, im Grund würde ich es auch gerne von Don Dahlmann lesen, weil ich seine Fotos immer wieder mag aber ich vermute, der hasst Stöckchen aus Prinzip und Dirk natürlich, DIRK?!!! Der Rest, der Lust hat (und ich hoffe sehr auf Frau Handyfoto Jekylla und vor allem Herrn Rob), nimmt es sich. Viel Spaß!

9 comments:

Sam hat gesagt…

Nettes Stöckchen.

zu 12) muss ich was anmerken: es gibt millionen von Fotografen die nicht so gut sind wie du, und etliche tausende davon verdienen trotzdem Geld damit.

Ich hatte inzwischen etliche Kontakte mit professionellen Fotografen, und war nahezu jedes mal schockiert. Teilweise darüber wie wenig Ahnung über die Technik der jeweilige Fotograf hatte (hätt ich dem die Kamera auf RAW gestellt hätten die den Kundendienst rufen müssen), teils über das Equipment (ein Fotograf eines lokalen Käseblatts fotografiert mit einer D300 mit dem Kit-Zoom und, noch schlimmer, dem eingebauten Blitz - und so sehen seine Fotos auch aus, totgeblitzt).

Natürlich kenn ich auch Fotografen die ihre Technik kennen, ein Auge fürs Foto haben usw., aber nachdem ich ein paar der interessanteren Fotografen kennengelernt habe war mir klar 'wenn die damit Geld verdienen können, könnte ich das allemal'.

Und du auch. Also wenn die passende Gelegenheit an die Tür klopft sag nicht schüchtern 'dafür bin ich nicht gut genug' sondern zeig was du kannst und lass die anderen entscheiden. Sonst kriegt jemand schlechteres den Job einfach weil er dreister ist.

Sam hat gesagt…

Mir fiel grad was auf: Es gibt je zwei Fragen 12) und 13). Die zweiten sollten vermutlich die Nummern 14) und 15) tragen?

creezy hat gesagt…

@sam
12) Echt? Wo? ;-) (danke – ach, ich weiß ja selber mein Hauptproblem ist im Grunde, dass ich zwar jeden anderen gut verkaufen kann nur nicht mich selbst.)

Du hast Recht, es gibt was „Profis“ angeht offensichtlich ein breites Spektrum, was KnowHow angeht. Gelegentlich auch was Talent angeht. Also, wenn ich hier die eine oder andere Fotomesse besuche und dann die Typen da stehen sehe und ich mich frage … wie kann der so etwas anbieten? Aber offensichtlich gibt es für alles Fans. Das sollte man wohl nie aus den Augen verlieren.

Okay, ich übe also an meiner Dreistigkeit.

Nummern habe ich korrigert, danke!

Anonym hat gesagt…

zu 8) :-))

Anonym hat gesagt…

Done!

Sam hat gesagt…

Das mit dem 'sich nicht gut verkaufen können' haben viele (ich auch).

Das Problem ist, man neigt zu extremen, und man hört zu wenig zu.

Sprich, entweder redet man sich selber schlecht, oder man dreht über und lobt sich selber über den grünen Klee. Beides ist mist.

Was man als erstes lernen muss ist anderen zuzuhören wenn sie einen loben.

Wenn also jemand sagt, 'hey, das Foto von der Tomate ist echt total genial super duper', nicht abwinken, nicht dazwischenreden, nicht sagen 'ach, hör doch auf' sondern brav zuhören und am Ende 'Danke' sagen. Lass dem anderen seine Meinung, auch wenn sie überzogen ist, auch wenn sie dich in dem Moment peinlich berühren mag. Geniess es das jemand sich für etwas was du gemacht hast begeistern kann.

Aus dem was die Leute dir erzählen kannst du dann lernen was du gut machst, und aus dem was sie dir nicht erzählen kannst du vermuten was du nicht gut machst. Geht wie gesagt aber nur wenn du auch zuhörst.

Dich selber verkaufen bedeutet dann nicht auf die 'ich bin die beste wenns darum geht Essen zu fotografieren'-Schiene aufzuspringen, sondern das was du von anderen gehört hast zu verwenden: 'Mir hat öfter mal jemand erzählt meine Essens-Fotos seien toll und ich sollte da mal mehr draus machen'.
Erzähl es halt so wie es zu dir passt. Wichtig ist wie gesagt das anzunehmen was man dir erzählt, dann kann der Rest auch zu dir kommen.

creezy hat gesagt…

@ad
Kritik lese ich gerne. Andere Meinung höre ich gerne. Aber höflich formuliert.

Wenn von softtwareseitigem Eingriff in Fotos die Rede ist, sollte dem Superfachmann wie Dir wohl klar sein, dass wir an dieser Stelle nicht von RAW-Dateien reden, oder? ODER? Zumal wenn im nächsten Satz von Softwarefilter einer Kamera die Rede ist? Stand die “ich muß hier jetzt mal tierisch rumblubbern”-Stimulanz der Kombinationsgabe im Weg?

Aber in der Hauptsache im Kommentar rumproletisieren und beleidigen! Glückwunsch. Entweder gewöhnst Du Dir hier direkt einen anderen Kommunikationstil an oder: piss off, honey boney!

Anonym hat gesagt…

wissen sie, werte frau creezy, es ist schon eine sache für sich, übers niveau zu schreiben, gleichzeitig aber meinen bloß sarkastischen kommentar zu löschen und mit "piss offs" um sich zu werfen.

aber es ist eh egal. machen sie sich keine gedanken, ich werde hier nicht nochmal kommentieren, geschweige denn lesen.

creezy hat gesagt…

@ad
Schatz, das Prinzip nennt man «Ursache und Wirkung»! Wenn Dein Sarkasmus Reaktionen wie meine hervor bringt, die Dir so nicht gefallen, dann solltest Du vielleicht mal darüber nachdenken, wie Dein «bloß» Sarkasmus beim Gegenüber ankommt. Kommt er nicht gut an und ruft er dementsprechende Reaktionen hervor, war er es möglicherweise auch nicht!

Dann aber noch beleidigt aufheulen, wenn das Feedback dementsprechend ist? Och nö … kannste das wirklich nicht besser?

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