2007-09-26

Von Energie-Drinks und so …

Stehe ich neulich im Supermarkt an der Kasse und betrachte die beiden vor mir stehenden Kundinnen. Beide erwerben sie in der Hauptsache einen Energie-Drink, die Sorte, die einem ein prima Verhältnis zum Drachensport suggeriert, jeweils vier Dosen abgepackt. Die erste kaufte davon recht viel. Die zweite nur zwei Packungen und deswegen staunte ich nicht schlecht und im Grunde tue ich das auch immer noch, als ich den Preis an der Kassenzeige las: € 9,80.

Das sind, – und das muss mir an der Stelle gestattet sein – nochmals in Deutsche Mark umgerechnet immerhin DM 19,17 für acht Dosen. Ist ja lächerlich günstig. Für so'n Zeug, das wirklich niemand ernsthaft braucht.

Meine persönlichen Erfahrungen mit diesem flüssigen «Energiespender» belaufen sich auf genau zwei. Einmal hatten wir auf einem Kooperationsmessestand die Freude von dem Hersteller dieses Getränks gesponsert zu werden, wir stellten unsere Macs aus, sie stellten uns ein dickes blaues Rennauto auf den Stand und in den Weg und lustige Automaten hin, die unseren Standbesuchern das Vergnügen des Getränkes frei Haus mitgaben. Meine Erfahrung Nr. 1: einmal einen Schluck gekostet und als für eklig süß und geschmacklich voll daneben empfunden. Meine Erfahrung Nr. 2: die vollen Dosen von Messebesuchern, die ein ähnliches Geschmackserlebnis wie dem meinigen erlebten, durfte ich immer wieder entsorgen – also deren warm gewordenen Inhalt in den Ausguss kippen. Daher kenne ich den Grund, warum der Hersteller dieses Getränk in so hippen Dosen anbietet, so kommt niemand auf die Idee, die Flüssigkeit in einem durchsichtigen Glas zu servieren (ausgenommen bei Cocktailvariationen, die farblich die Hässlichkeit dieser Brühe geschmackvoll übertünchen.)

Mein Tipp an dieser Stelle: das Zeug mal warm werden lassen und in den Ausguss gießen. Oder durch ein feines Sieb und angucken, was Schickes hängen bleibt. Dann trifft man auf viele kleine Bestandteile, die vermuten lassen, in diesem Drink sind kleine unschuldige Gummibären den Säuretod gestorben. Und wer will bitte schön tote Gummibären trinken?

Noch viel unterhaltsamer wird es, wenn man sich als mit den Inhaltsstoffen des Getränks auseinander setzt, dass ja in erster Linie Energie spenden soll. Als da wären: Koffein, geschenkt. Gibt zwar erst mal einen Schub Wachkoma, saugt dann die Energien aber auch wieder wie ein Schwamm auf und manövriert den Blutdruck Richtung Keller. Als nächstes hätten wir Glucuronolacton (künstlich produzierter Zucker, weiß und kristallin), das kennt der Körper selber, wird von der Leber gebildet, um üblicherweise schwerlösliche Abbauprodukte auszuscheiden. Glucuronolacton wird schon mal als Bestandteil bei medizinischer Indikation vom Arzt verordnet, beispielsweise wenn man an einer Gichterkrankung leidet. Na, dann trinkt mal schöner weiter das Medikament ohne notwendige Indikation. Glucuronolacton war in Deutschland als Zusatzstoff lange Zeit gar nicht zugelassen.

Was haben wir noch Leckeres zu bieten? Sucralose und Glukose, beides weiß und kristallin. Sucralose ist simpler Süßstoff, deutlich süßer als Saccharose (wer braucht eigentlich noch süßer als süß?) Sucralose hat erst mal keine Kalorien, regt aber wie alle künstlichen Süßstoffe den Appetit in nicht unerheblichem Maße an (weswegen Menschen auf Diät, die Süßstoffe als diätisches Süßungmittel benutzen, einmal kräftig geschüttelt gehören.) Feines Give-Away seitens Sucralose: der Geschmack der Süße setzt erst spät ein, hält dafür länger an. Was wiederum für ein später einsetzendes und dafür länger anhaltendes Durstgefühl sorgt, weswegen man gerne immer mehr von dem teuren Chemiegesöff hätte. Das ist sehr smart, denn so fällt dem Konsumenten gar nicht gleich auf, dass das Durstgefühl von der vorhin getrunkenen Dose „flieg Dich zappelig”-Drink kommt.

Aber das gilt auch für die anderen handelsüblichen Limos, da wo meist Durstlöscher drauf steht, steckt purer Kapitalismus drinnen. Kommen wir zur Glukose. Endlich mal wieder Zucker zusätzlich zum Süßstoff, wenn auch Traubenzucker, ein «guter» vom Körper verwertbarer Zucker – den man aber auch nur sehr selten und in außergewöhnlichen Situationen braucht: z. B. wenn wir uns nicht ausgewogen ernähren und uns zusätzlich ordentlich körperlich oder geistig echauffiert haben (tun das Energy-Drink-Konsumenten?) Short story: einen Apfel essen, tut's auch.

Und dann hätten wir noch Taurin zu bieten. Taurin, ist ebenfalls eine weiße, kristalline Substanz, (O-Ton Ex-Chemiestudent: „Alles, was weiß und kristallin ist, ist giftig) ist ein Abbauprodukt von Cystein und hilft der menschlichen Galle bei der Bildung von Gallensäure ihren Job zu tun. Taurin wird vom Körper selber in ausreichendem Maß produziert. Bei länger andauerndem Taurinmangel kann es zu Problemen des Immunsystems kommen, dann aber ist man krank. Hingegen hat die externe Zuführung von Taurin bei sonstiger ausgeglichener Ernährung genau null Effekt auf irgend etwas im Körper – ausser das es zuviel ist. Zitat wikipedia: In einer Studie mit Ausdauersportlern konnte kein leistungssteigernder Effekt nachgewiesen werden.[4] Im Tierversuch bei Ratten senkte Taurin den Blutdruck und führte bei gleichzeitiger Gabe von Salz zu einer lebensbedrohlichen Hyponatriämie. Taurin wird industriell aus Ethen, Ammoniak (!) und Natriumsulfit synthetisiert.

Ammoniak? Das ist ein stark stechend riechendes, farbloses und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt. Ammoniak, das ist das was uns in Haushaltsreinigern so schön entgegen stinkt. Und so etwas trinkt man heutzutage? Freiwillig? Und bezahlt noch richtig Geld dafür? Dolle Sache!

Dann schwimmen in der Brühe noch ein paar B-Vitamine rum. Ob die in der Konsistenz überhaupt vom Körper aufgenommen und verwertet werden können …, naja, der Glaube soll ja schon Sandkörner versetzt haben.

Zum Schluss kleiner Hinweis von wikipedia: Der Verkauf von dem Energie-Drink in der blau-rot-silberfarbigen Dose als normales Getränk ist in Dänemark, Norwegen und Frankreich verboten. Lokale Behörden haben dort das Getränk aufgrund des Inhaltsstoffes Taurin als Medikament eingestuft und empfehlen daher vor dem Genuss einen Arzt zu konsultieren. In Frankreich dürfen nur Energy-Drinks ohne Taurin verkauft werden. Ja, dann Prost!

Nachtrag: Stimmt auch.

11 comments:

bhuti hat gesagt…

Zitat creezy: Und wer will bitte schön tote Gummibären trinken?

O-Ton einer Arbeitskollegin, die das Zeugs auf einer Feier mit Sekt (der Marke Tapetenkleister) mischte:

"Lecker! Das schmeckt wie Gummibären."

Hätte ich jemals das Verlangen gehabt, das Zeug zu kosten, wäre es mir spätestens da vergangen.

creezy hat gesagt…

@bhuti
Tote gummibären und Asti Spumante? Gütiger Himmel! Das manchen Menschen aber auch gar kein Einsehen haben mit ihrer Bauchspeicheldrüse.

Wer Gummibären liebt, isst sie im festen Aggregatzustand. Alles andere geht nicht.

Anonym hat gesagt…

Auf die Gefahr hinauf, mich hier gleich saumäßig unbeliebt zu machen: ich mag R*d B*ll ganz gern, so von Zeit zu Zeit, und zwar aufgrund des Geschmacks. Hat mir schon so manche lange Autofahrt versüßt.

Und nein, das sieht nicht scheußlich aus, sondern in etwa so wie... wie sagt man in D? Apfelschorle. Ich weiß allerdings nicht, um welche Marke es eigentlich ging.

Äh, und bevor ich jetzt als was abgestempelt werde, was ich nicht bin: ich trink für normal Tee in allen Variationen, ungesüßt, ausgezeichnetes Quellwasser aus der Steiermark (wovon es hier in rauhen Mengen hat - aus der Wasserleitung) und verdünnte Fruchtsäfte. Aber nix mit Einfachzucker drin. :-)

Frau Echse hat gesagt…

schöner bericht creezy und ich bin ganz deiner meinung.
diese ganzen verdammten softdrinks fressen übrigens ganz nebenbei noch den zahnschmelz weg wegen der beigabe von ascorbinsäure. die zahnärzte sprechen schon von der neuen volkskrankheit weil unheimlich viel jugendliche sich die zähne mit dem scheiß kaputtgesüffelt haben.
ich bin da eher wie ein tier: wenn ich richtig drust habe dann hänge ich mich unter den wasserhahn. das kieler wasser ist unheimlich lecker.. in berlin ist es aber auch noch genießbar. im ruhrpott sollte man lieber auf selter umsteigen.
mit wasser kenn ich mich aus ;-)

creezy hat gesagt…

@diejulia
Keine Angst, unbeliebt machst Du Dich mit Deinem Outing nicht. Trink was Dir schmeckt, aber … die Farbe der Plöre, die Du von der Farbe ehr als Apfelschorle bezeichnest, würden wir hier Eigenurin nennen. ;-) Für die Autofahrt: Dextroenergen. Reiner Traubenzucker, keine Chemie-Schei…e und man hat nicht die fiesen Nebenwirkungen von Koffein im Abgang …

@frau echse
So'n richtiges leckeres Wasser mit 'nem Spritzer Zitrone – was Besseres geht doch kaum, oder? Guter Ansatz mit den Zähnen!

Anonym hat gesagt…

Ich fand das Zeug schon immer eklig, auch egal, mit welchen Beimischungen man das panscht und ich werde meine Meinung darueber nicht aendern. Lieber sinke ich kraft- und energiefrei ins Bett und probier was auch immer dann spaeter noch mal.
Nee, echt nicht. Baeeeh!

Anonym hat gesagt…

Koffein: ganz klar abhängig. Kein Milchkaffee am Morgen istgleich Kopfschmerz am Vormittag. Ohne zwei Aufwachtassen tu ich's nicht. Bin Wienerin. :)

Eigenurin, tschuldigung, schaut anders aus. Nämlich wie Wasser.

Traubenzucker und so: Yo, hat meine Cousine (Ärztin) schon gesacht. Wenn du munter werden willst, iß eine Banane. Trink Milch. Sie rannte offene Türen ein.

Hab selber jahrelang Ernährungslehre gepaukt und wollte das sogar irgendwann mal studieren. Is aber dann was anderes dazwischengekommen. R*d B+ll is trotzdem lecker. :-)

creezy hat gesagt…

@jekylla
Und so'n Bett schenkt ja auch schöne Energien en masse! ,-)

@DieJulia
Koffeinabhängig im illegalen Stil bin ich ja auch. Aber Koffein und Taurin gleichzeitig? Das ist wie legalisiertes Extasy, och nöööö … aber wenn's Dir schmeckt, dann isses jut. ,-)

Anonym hat gesagt…

Das gräßliche Zeugs in den gräßlichen nicht verrottenden Dosen ist leider eine österreichische Erfindung, der Erfinder - großer Sportsponsor - wird hierzuland immens hofiert. Leider ist der Putscher auch so beliebt bei Jugendlichen, ich wohne bei einem großen Schulzentrum und seh die üblichen Jauseneinkäufe: eine Wurstsemmel und zwei Dosen silber-blau. Um die Ecke ist ein Obdachlosenheim und davor gab im Sommer eine farbige Asylantin ihren kleinen Kindern je eine Dose zu trinken, das Kleinste saß noch im buggy! Sie hatte offenbar das Gefühl ihnen was Teures, Gutes zu geben. Aber auch arme Rentner seh ich an der Kasse mit sixpacks von dem Zeug.
Taurin - wie Aminosäuren überhaupt - kurbelt schon an, früher bekam man davon billige Brausetabletten im Drogeriemarkt (mit Neuroglutamin dazu kann man dann eine Nacht durchlernen - ohne die Nebenwirkungen von Weckaminen).
Diese billigen Brausetabs gibts nicht mehr zu kaufen; dem Katzenfutter wird Taurin zugesetzt, Kätzinnen brauchen es, aber das weißt Du sicher.
Ein guter bio - booster ist Panaktiv von Dr. Metz, wirkt wie ein B-shot, enthält auch viele Aminosäuren (aber aufpassen: Arginin aktiviert Herpes!)
Ich lese oft Deinen blog,
alles Liebe und Gute zu Deinem Geburtstag!
Petra

Anonym hat gesagt…

Die Energieplörre ist in der Tat ein ganz besonderes Phänomen. Ich beobachte das immer wieder recht amüsiert in der Tankstelle. Dort kommt die einzelne Dose in der Regel schon auf einen Preis von 1,99 EUR (+ Dosenpfand, wenn es denn nicht die zuckerfreie Variante ist), trotzdem wird es gekauft wie verrückt. Ich bin recht sicher, das das Zeug in beinahe jeder Station zu den Top-20 Artikeln des Sortiments gehört.

Über Geschmack will ich gar nicht streiten, schön gekühlt schmeckt es mir auch, ich spare es mir dann eher wegen der Inhaltsstoffe. Wenn man aber wirklich drauf steht gibt es doch in jedem Discounter günstigere Alternativen, die zum Teil nicht viel schlechter, zum Teil sogar besser (weil weniger süß) schmecken. Aber das wäre wohl uncool, es muß schon genau diese Marke sein.

creezy hat gesagt…

@Petra
Meine Güte, Du kennst Dich mit den Wachmachern aber aus! ,-) Ach nee, ich bleibe lieber bei Schlaf und Joggen und regelmässig Vitamine.
Danke für das Lesen und die Glückwünsche (ist ja noch lange nicht so weit!)

@ker0zene
Alles Image-Säufer und dann wundern sie sich irgendwann über ihr Magenkarzinom. Eins ist aber klar: Marketinmäßig haben sie das Produkt 1a auf dem Markt etabliert, in dem Sinne: Hut ab!

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