2024-04-06

Merastri – kretische Küche vom eigenen Feld

Wir konnten auf Kreta in verschiedenen Restaurants die mediterrane Küche genießen – und haben uns übrigens schnell auf die üblichen griechischen Traditionen eingelassen: Von allem etwas bestellen, alles auf den Tisch und teilen!

Eines meiner absoluten Highlights war unser Abendessen im Merastri. Es liegt in Altstadtnähe unweit der historischen Stadtmauer in Heraklion in einer kleinen Straße. Der Eingang zu dem Restaurant in der neoklassizistischen Villa von 1930 ist nicht zu übersehen. In den Sommermonaten können Gäste auch auf der Terrasse und im großen Garten Platz nehmen.
Jetzt, an einem kühlen Abend im März, freuten wir uns über den Platz an der zentralen Feuerstelle mitten im Restaurant und bewunderten die alten – wie das gesamte Haus – denkmalgeschützten Bodenfliesen.
Um ihnen gerecht zu werden, wurde die Innenarchitektur klassisch gestaltet. Zurückhaltende Moderne mit bewusst eingesetzten Stilelementen, der Bauzeit der Villa nachempfunden.
Uns empfangen hell eingerichtete Räume, liebevoll eingedeckte Tische – und vor allem das so charmante Ehepaar Elena und Dagantas Mavromati. Beide haben vor 25 Jahren dieses Restaurant von der ersten Generation übernommen und zu dem preisgekrönten Juwel entwickelt, das es jetzt ist. Liebevoll eingedeckte Tische und die Speisekarte sind eine Verbeugung vor der traditionellen kretischen Küche. Alle Gerichte, die uns serviert wurden, hatten einen modernen, klaren Touch. Dabei setzen beide mit ihrem Team und insbesondere mit Köchin Olga ausschließlich auf die Qualität der hervorragenden Produkte, die diese Insel Kreta ihnen offenbart.

Die Besitzer des Merastri sind nämlich auch Landwirte, Winzer und Imker. Stolz erzählt uns Eleni, dass die meisten Produkte, die in ihrem Restaurant serviert werden, von ihr und ihrem Mann selber angebaut werden. Weine und Raki sind selbst gekeltert. Dolamdes sind natürlich in Weinblätter der eigenen Weinstöcke eingelegt wie die Oliven – die aber auch zu dem hauseigenen Olivenöl verarbeitet werden.
Die verwendeten Kräuter wurden auf dem eigenen Grund selbst gesammelt. Und auch der in den Gerichten verarbeitete Honig stammt von ihren Bergbienenvölkern. Das Fleisch indes stammt von ihnen bekannten Produzenten der Insel, deren Zucht sie seit Jahren vertrauen.
Die Gerichte von Merastri sind pure kretische Tradition und Kultur. Die Teller, die uns serviert werden, sind von einfacher und klarer Ästhetik. Die Starter – Brot, Tomaten und Oliven – schmecken intensiv. Der griechische Salat leuchtet in den Farben purer Lebensfreude, mit seinem soften, aromatischen Feta.
Kein Chichi, dafür durchgehend die Konzentration auf den Geschmack. Es wird nicht viel herumexperimentiert. Das im Holzofen gebackene Lamm ist unglaublich zart, die knusprige Haut schmilzt auf der Zunge.

Die Streifen der Rinderleber in Honig, mit Rotwein und Balsamico geschmort und mit Avocadocreme serviert, sind für mein Empfinden sehr durch. Die aromatische Sauce mit ihrem Thymian- und Rosmarin-Aroma voller Tiefe begleitet sie hervorragend.
Und das Highlight auf der Menükarte, die junge Ziege in einer Ei-Limonen-Sauce und wildem kretischen Gemüse (fantastische, von mir sehr verehrte Cardy) ist zart und saftig, voller Geschmack und Aromen. Die Sauce ganz leicht und frühlingshaft, einfach … fein. Alle, mehr als reichhaltigen Gänge werden von den landestypischen, im Holzofen gebackenen saftigen, gut gewürzten Kartoffeln begleitet.

Und während Elena auf ihren eigenen roten Hauswein schwört, gibt sie zu, dass der selber angebaute Weißwein ihren Ansprüchen nicht genügt und sie ihn daher zu Raki verarbeiten. Dieser wird uns als Digestif in drei Variationen – Natur, mit Minze und mit Granatapfel – serviert.
Uns empfiehlt sie zum Essen einen Psithiros Muscat of Spina 2023 (Weingut Silva), der in der Umgebung von Heraklion auf Kreta angebaut wird. Wir haben einen fruchtvollen, goldenen Wein im Glas, dessen Bouquet von Gras, Honig und sehr reife Früchte wie Melone und Steinobst erzählt. Geschmacklich ist da viel Pfirsich und Mineralität und wenig Säure im Spiel. Dieser Muscadet wird auf Tonkalkgestein angebaut, den Boden trifft man unbedingt wieder im Glas. Wir sind zu dritt – und verehren diesen Wein alle!
Das Dessert setzt unserem fantastischen Menü die Krone auf. Der Orangenkuchen mit Schafsmilcheis passt wider Erwarten tatsächlich – zum Glück – noch rein und ist die Offenbarung an Fluffiness, Orangenaroma, dazu das perfekt die Süße vom Kuchen relativierende cremige Schafsmilcheis – ein Dreamteam!

Und herzlichen Dank, liebe Olga, dass Sie Ihr Rezept für diesen fantastischen Kuchen mit mir so großzügig geteilt haben!
Das Halva ist mit Abstand das softeste und geschmackvollste Halva, das wir während unseres Aufenthaltes auf der Insel serviert bekommen haben. Ein wundervoller Abend wurde uns im Merastri geschenkt – und sollte ich wieder zurück nach Kreta kommen, dann garantiert auch wieder hierher.

Merastri
Chrisostomou 17
Heraklion 713 06, Griechenland

2024-04-05

Wundervolle Nachrichten in der Krebstherapie

Biontec hat erste Studienergebnisse hinsichtlich der mRNA-Impfstoffen bei bestimmten Tumorarten vorgelegt – und das klingt so sehr viel versprechend.

Bei den 38 Studienteilnehmern, die im Rahmen der Studie hinsichtlich der zu verwendenden Dosierung getestet wurden, sind unter der geringeren Dosierung in der Therapie 74 Prozent der Tumore nicht weiter gewachsen, 45 % sogar geschrumpft. Bei der höchsten Dosierung wurden 95 % der Tumore gestoppt im Wachhstum und bei 59 % der Patienten konnte eine Verkleinerung des Tumores diagnostiziert werden.

Nebenwirkungen: Lediglich etwas Kopfschmerz und niedriger Blutdruck. Was sind das für grandiose Nachrichten im Kampf gegen die tödlichste Krankheit unserer Zeit? Meine Güte, alleine so den Nebenwirkungen einer Chemotherapie entkommen zu können

Als eine Person, die eine familiäre Disposition zu mindestens zwei Tumorarten (dabei eben auch das hier therapierte Magenkarzinom) hat, kann ich gar nicht sagen, was mich diese Nachrichten froh stimmen! Auch wenn die so therapierbare Patientengruppe bisher (eingesetzt werden kann BNT211 bisher gegen Tumore, die ein Protein namens Claudin-6 besitzen) noch überschaubar ist – aber das ist einer der großartigsten Schritte in der Krebsbehandlung für uns Menschen!

Wow! Einfach wow!

2024-04-04

Katzenminze

… blüht normalerweise ab Mai in Deutschland.

Nicht auf meinem Balkon im Jahr 2024. Die blüht schon seit zwei Wochen.

Und nein, so richtig funky ist das leider gar nicht. Auch nicht, dass meine Balkonpflanzen jetzt schon völlig überseht sind mit Schildläusen.

2024-04-03

Enjoy – it’s from Kreta!

Einladung im Rahmen des EU-Projektes ”Enjoy it’s from Europe”. Ein Ausflug nach Kreta, viele Eindrücke im dortigen Gemüseanbau, schmackhafte Küche, neue Rezepte – es waren wundervolle und informative Tage bei zarten Frühlingstemperaturen auf einer wunderschönen Insel!

Nachdem ich in den letzten zwei Jahren im Rahmen dieser Maßnahme den nachhaltigen Reisanbau in Europa, genauer in Frankreich, Italien und Portugal kennenlernen konnte, durfte ich mich dieses Mal den nachhaltigen Anbau von Gemüse auf Kreta ansehen – und deren Produzenten treffen. Vier landwirtschaftliche Kooperativen über die gesamte Insel verteilt, die uns aus ihrem Alltag erzählten, an Auktionen teilnehmen ließen, und in deren Verpackungseinheiten und Gewächshäuser mitnahmen. Wir konnten Gurken, Tomaten und Paprika direkt vom Strauch kosten und uns von dem Geschmack und der einzigartige Frische ihrer Produkte überzeugen.

Selbstverständlich hatten wir auch ausreichend Gelegenheit, diese Produkte in einigen retischen Restaurants zu verkosten, einschließlich der Weine und dem fantastischen kretischen Olivenöl!


Kreta – der Garten Griechenlands

Kreta gilt als der landwirtschaftliche Garten Griechenlands – hier arbeitet noch die Hälfte aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Auf dem Festland soll es lediglich ein Viertel der Einwohner*innen ihnen gleich tun. Aber auch auf Kreta wird in den Sommermonaten, wenn zumindest der industrielle Gemüseanbau ruht, das Geld dann im Tourismus verdient.

Direkt nach dem Tourismus steht die Landwirtschaft auf Platz 2 der kretischen Wirtschaftsleistung. Exportiert wird nach ganz Europa. Deutschland, Italien, die Ukraine, Tschechien, Frankreich und Großbritannien kaufen gerne die sonnen gereiften Produkte dieser Insel. Der Absatzmarkt in den osteuropäischen Ländern wächst stetig, aber auch die vereinigten arabischen Länder greifen immer öfter zu den Produkten von Kreta.
Ein Faszinovum, denn lediglich ein Drittel der gesamten Bodenfläche Kretas ist überhaupt landwirtschaftlich nutzbar. Die Messara-Tiefebene (Πεδιάδα Μεσαράς) ist auf ihrer Fläche von 8 km Breite und 50 km Fläche das größte zusammenhängende Gebiet, wo vor allem Olivenbäume stehen und Wein angebaut wird.

Die relief-zerfurchten Gebirge von Kreta zerteilen die Agrarflächen in die einzelnen Täler der Ebenen. Dieses Relief, das milde Klima, das im Grunde ganzjährigen Anbau garantiert und die Geologie lassen hier unter veränderten, wenn auch schwierigen Bedingungen fantastische Gemüse anbauen. So stehen z. B. in dem Gurken-Dorf Therissou die Gewächshäuser mit ihren weißen Planen direkt an der Küste. In den frostfreien Ebenen gedeihen die Olivenbaumplantagen, die sich die Fläche bis in die mittleren Höhen auch mit den Weinreben teilen.

Der Obstanbau ist mit 2 % flächenmäßig auf Kreta eher zu vernachlässigen. Die köstlichen Orangen, Mandarinen und Zitronen, die wir oft zur Begrüßung in den von uns besuchten Kooperativen oder in den Restaurants zum Nachtisch serviert bekamen, stammen vor allem von Plantagen an der westlichen Nordküste. Oder ganz simpel aus dem Hintergarten der Restaurantbesitzer*innen. Ganz ehrlich? Lange nicht so fantastische Zitrusfrüchte geschmeckt – vor allem die Mandarinen haben bei mir Kindheitserinnerungen geweckt!

Jetzt, im März, leuchtet die Insel in ihrem satten Grün. Überall stehen die Zitrusbäume voller Früchte. Gelb und Orange, das sind die leuchtenden Farben in den Vorgärten, an denen man vorbeifährt. Gleichzeitig liegt schon wieder ihr Duft der ersten geöffneten Blüten über der Insel. Mispeln sind hier nun auch reif, unter den Olivenbäumen strahlt die zarte Flora frühlingshaft gelb. Kleine Orchideen wachsen am Wegesrand. Und im Hintergrund leuchtet auf der 2.456 Meter hohen Bergkuppe des Psiloritis der Schnee. Eine besonders schöne Zeit, um hier zu sein!
Und überall über das Land schmeicheln sich die weißen Gewächshäuser wie Schnee in die Landschaft. Hier werden Tomaten, Gurken, Paprika, Auberginen und Zuccini angebaut, die auf ganz Europa verteilt in unseren Küchen verarbeitet werden. Tatsächlich wird ganz Griechenland größtenteils mit Frischgemüse aus dieser Region versorgt. Exporte von dort finden wir auch auf unseren deutschen Märkten und in den Geschäften.
An unserem ersten Tag reisen wir von Heraklion nach Ierapetra in den Südosten Kretas. Ierapetra gilt als die südlichste Stadt Europas. Neben dem Saisontourismus gilt hier der Gemüseanbau als Haupterwerb. Für das benötigte Wasser sorgt der nordwestlich von Ierapetra gelegene Bramiana-Stausee bei Gra Ligia. Natürlich wird auch Regenwasser hier pragmatisch in Zisternen gesammelt und für den Anbau sparsam verwendet. Die günstigen Klimagegebenheiten Kretas ermöglichen von Haus aus eine biologische landwirtschaftliche Produktion. Auch davon können wir uns die kommenden Tage selber überzeugen.

Auf Kreta gibt es über 15 Genossenschaften in der landwirtschaftlichen Produktion. Sie organisieren sich untereinander, greifen sich im Anbau als auch Absatz kollegial unter die Arme. Um 2009/2010 haben sich viele kretische Landwirte genossenschaftlich verbunden, um den großen Monopolisten im EU-Binnenmarkt die Stirn bieten zu können, denen der einzelne Landwirt im Preiskampf und Bürokratieaufwand kaum etwas hätte entgegensetzen können.



Die Genossenschaft ANATOLI in Ierapetra

Von Heraklion aus, nach anderthalb Stunden Autofahrt werden wir in der landwirtschaftlichen Genossenschaft „ANATOLI“ in der Gemeinde Ierapetra herzlich begrüßt. Sie wurde am 17. Dezember 2000 von einer Gruppe lokaler Landwirte – Gewächshausgärtner – mit dem Ziel der gleichberechtigten Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung, als auch der Möglichkeit für eine gemeinsame wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung – und somit Stärke im Markt – der Partner und Mitglieder gegründet.
Jetzt am Vormittag erleben wir eine schon bis unter den Rand gefüllte Lagerhalle. Die Männer, die auf der Rampe die Anlieferungen entgegennehmen, haben eine erste wohlverdiente Pause. Kisten voller Tomaten, Gurken, Paprika und Auberginen unterschiedlicher Größen und Couleur stehen in der Halle. Sauberes, saftiges Gemüse!
Deren Auktion ist bereits im vollen Gange. Das passiert auch hier natürlich längst elektronisch, wenngleich auch die versteigerte Ware dann doch mit Papierdrucken ausgezeichnet wird.
200 Mitglieder zählt diese im demokratischen Tenor funktionierende Genossenschaft heute, sie gilt inzwischen als eine der führenden landwirtschaftlichen Kooperativen in Griechenland. Ihre Mitglieder teilen sich technisches Know-how und alle erforderlichen landwirtschaftlichen Geräte und Materialien wie Düngemittel, Bewässerungssysteme, Nützlinge und entwickeln gemeinschaftlich neue Verfahren in der Anbaumethodik. Die notwendigen Zertifizierungen des europäischen Marktes werden dabei eingehalten.
Von hier aus wird die Verarbeitung/Verpackung der frischen Produkte organisiert und deren Vermarktung an in- und ausländische Unternehmen in den hauseigenen Auktionen vorgenommen.
Die Verpackung passiert händisch, wie wir mit Erstaunen im Rahmen unserer Führung in einer weiteren Halle erleben. Nikos Triantafyllopoulo, Sales Manager von ANATOLI, erklärt uns die Verpackungsmodalitäten.



Direkt daneben befüllt eine kleinere Gruppe der Mitarbeiter*innen mit faszinierender Geschwindigkeit, die bereits händisch mit Aufklebern versehenen Verpackungen mit den gerade versteigerten, leckeren Datteltomaten, wie wir sie hier in Deutschland aus den Supermärkten kennen. Sie wiegen sie ab, um sie in die nächstgrößere Verpackungseinheit zu verpacken. Das alles mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit. Das am gleichen Tag angelieferte und verkaufte Gemüse, soll möglichst noch am gleichen Tag den Speditionen übergeben werden.
Das Hauptziel der ANATOLI Agricultural Association ist es, den griechischen, aber auch den internationalen Markt mit qualitativ hochwertigen Produkten mit ausgezeichneten Nährwerten aus nachhaltigem Anbau zu versorgen. Dabei macht es die EU den Landwirten nicht leicht, wie wir später, bei einem sehr leckeren zweiten Frühstück mit unglaublich saftigen Teigteilchen und natürlich aufgeschnittenem Gemüse, vom Vorstandsmitglied Fondas Douloumis einmal mehr lernen.
Einerseits gefangen in der teuren Samendiktatur der Großkonzerne, die keine große Vielfalt im Anbau mehr ermöglicht, über eine ausufernde Bürokratie im EU-Export. Obwohl hier die Landwirte der Genossenschaft in Bio-Qualität anbauen, Schädlingsbekämpfung alleine mit smarten Insekten betreiben, könnten sie sich den Verkauf unter einem BIO-Siegel gar nicht leisten. Deren Zertifizierungen sind zu aufwändig, zu teuer – dafür ist der Preismarkt – vor allem durch die preistreibenden Discounter – für die Erzeuger zu schlecht.

Ganz ehrlich, der größte deutsche Discounter mit den zwei L im Namen, dessen Konkurrenz, sie kommen, an diesem und dem folgenden Tag, selten gut weg bei den Profis.

Besonders ärgert sich Douloumis über die verpflichtenden hohen Kontrollstandards innerhalb der EU gegenüber den Produzenten aus der EU selber. Während Erzeugnisse aus Afrika und China unkontrolliert auf den Markt gelangen und Produktpiraterie im nicht unwesentlichen Stil betrieben wird. Das dort nicht nachhaltig angebaute Gemüse immer wieder als aus der EU, z. B. aus Griechenland kommend, illegal als EU- und sogar Bio-Ware deklariert wird.

Instrumente der EU solche Betrüger nachhaltig zu überführen und zur Verantwortung zu ziehen, scheinen kaum zu existieren, denn eine Strafverfolgung ist nicht möglich. Logisch, das Interesse der afrikanischen oder chinesischen Justiz am Leid der EU-Landwirte geht gegen Null. Die Produzenten fühlen sich diesbezüglich sehr von der EU im Stich gelassen, weil sie solche Fake-Importe weiterhin ermöglicht. Seine Enttäuschung darüber, macht er mehr als einmal deutlich. Und unterstreicht damit, warum sich für seine Genossenschaft die teure Bio-Zertifizierung gar nicht lohnen kann.


Die Genossenschaft A.C. NOTOS
Wir fahren nicht sehr weit durch die Region entlang der Küste und durch das bunte Treiben der kleineren Ortschaften. Unser nächster Stopp ist die Kooperative A.C. NOTOS. Hier begegnen wir im Verpackungsbetrieb schon Maschinen im Betrieb – aber weiterhin sehr vielen Menschen, die händisch das Gemüse unterschiedlichster Arten und Farben sortieren.

Vor allem treffe ich hier – und ich bin ehrlich entzückt! – meine erste Tomatenwaschanlage! Tomaten werden aus den Kisten auf ein Laufband gekippt, kommen durch die Waschstraße und werden später von den Mitarbeitern händisch sortiert. Die auf dem Band verbliebenen aussortierten Tomaten, die in Farbe oder Größe nicht den hohen Ansprüchen genügen, führt die Anlage gesondert zurück in Kisten. Sie wandern in die Produktion für Saucen und Püree etc.



Die für gut befundenen roten Früchte indes werden in einem anderen Teil der Halle in beeindruckendem Tempo in Netze abgefüllt. Es ist industriell laut, die Mitarbeiter lachen und scherzen. Faszinierend, wie vergleichsweise viel Handarbeit auch noch nach der Ernte tatsächlich händisch auf Kreta erfolgt! Es sichert den Menschen ihr Einkommen außerhalb der touristischen Saison.


Ab in die Gewächshäuser von A.C. Kamiros
Unser nächster und letzter Stopp an diesem Tag ist die Kooperative A.C. KAMIROS. Endlich dürfen wir in eines der Gewächshäuser, an denen wir auf unserer Fahrt immer wieder vorbeigefahren sind. Die unterschiedlichsten Tomaten, deren Verpackungsprozessen wir zuvor Zeugen waren, reifen in den langgezogenen Gewächshäusern, die mit weißen Planen umspannt sind.
Die Bestäubung erfolgt mit Bienen, die üblicherweise von einem niederländischen Produzenten eingekauft werden. Ein kluger Mann, der sie im letzten Jahrhundert von Kreta aus mitgenommen hatte, um sie in den Niederlanden selber einzusetzen und zu züchten – und sie später auf den europäischen Markt zu bringen als Produkt. Stolz wird die Geschichte erzählt, dass die heutige, in der Landwirtschaft zugekaufte Biene, ursprünglich die Biene Kretas ist!

Die Schädlingsbekämpfung erfolgt mit den üblichen Insektenfallen biologisch. Die Bewässerung, sparsam Tropfen für Tropfen, erfolgt über eine einfache Anlage – die sich das Wasser aus den in Regentonnen gesammelten Regenwasser der Wintersaison zieht.
So heiß wie es jetzt schon unter der weißen Plane im Gewächshaus ist, wird schnell klar, warum hier in den Sommermonaten nicht mehr im großen Stil gearbeitet wird. Dann stoppt der Anbau im Gewächshaus. In der Saison arbeiten die Kreter üblicherweise im eigenen Tourismusbetrieb. Ab Juli beginnt zumindest hier im Gewächshausanbau die Zeit, in der die Böden in den Häusern aufbereitet werden, sich in den Anlagen regenerieren.

2024-03-14

Gran Tour delle Donne in der Toskana

Mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Tourismus in der Toskana ist feminin!

Es ist der historisch feminine Hintergrund der Toskana, der im Round Table von 150 Tourismusakteur*innen (davon 143 Frauen) zur Idee führte, Tourismus in dieser italienischen Provinz neu mit einem besonderen Stellenwert von und für Frauen zu gestalten. Tourismus ist in der Toskana absolut feminin: 54 % aller im Tourismus-Beschäftigten gehören dem weiblichen Geschlecht an.

La Toscana. La ospitalità (L’ospitalità) – die Gastfreundschaft ist auch hier sprichwörtlich weiblich!
©Alice Russolo, mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Nachdem das für den toskanischen Tourismus konzipierte Projekt Benvenute in Toscana (Toscana Promozione Turistica) aus dem Pandemie bedingten Dornröschenschlaf wieder zum Leben erweckt wurde, sollte gleichzeitig die Idee der Gran Tour delle Donne geboren werden.


Gran Tour al Feminile

Es waren Frauen, die zur Zeit der „Grand Tour” im achtzehnten und neuzehnten Jahrhundert, das – bis dahin übliche männliche Prädikat „Kavaliersreisen” – gleichberechtigt für sich zu einem auch weiblichen Erlebnis einforderten. In den frühen Jahrhunderten galten besonders Florenz, Siena, Pisa und Lucca in der Toskana als beliebte und besonders sichere Orte der reisefreudigen Damen. Ein Phänomen, das heute in Italien als Gran Tour al Femminile bezeichnet wird.

Heute sind es Frauen, die im Tourismus, im Handwerk oder in der Gastronomie die besondere Wertschöpfung der Toskana garantieren. Die Idee von Gran Tour delle Donne ist es, Touristinnen mit besonderer Sorgfalt, Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen auf ihren Reisen zu begleiten und gleichzeitig mit den engagierten, talentierten und leidenschaftlichen Schöpferinnen in dieser italienischen Provinz zusammenzubringen.
@ciclica, mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Clara Svanera, Journalistin (DOVE Italia) und Präsidentin des Tourismusportals GIST ACTA, engagiert sich leidenschaftlich für den Tourismus in der Toskana. Sie ist auch Mitkoordinatorin dieses Projektes und hatte anlässlich der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) Gran Tour delle Donne schon auf dem Stand der ENIT vorgestellt. Am Abend durfte ich auf dem köstlichen Abendevent der Toskana in den Club-Dining-Räumen vom Bocca di Bacco nochmals Zeugin ihrer, dann ausführlicheren, Präsentation dieser spannenden Tourismusvision sein.

Sie heißt (natürlich nicht nur) Frauen in einem Land für Frauen willkommen. Und beschrieb uns gleichzeitig die Toskana als ein Land mit weiblichen Zügen. Eine dank der etruskischen Vorfahren frühzeitig emanzipierte Region, die immer schon geprägt wurde von ihrer femininen Willensstärke, um das toskanische Erbe zu schützen. Und nicht zu vergessen, mit dieser besonderen Harmonie dank der einzigartigen Kunst und Schönheit der Renaissance.


Die feminine Charta der Werte

Sechs historische Frauen stehen für „Die Charta der Werte”, ein Manifest, das die Toskana besonders an die Touristinnen adressiert. Sechs Prädikate, die mit sechs femininen Lebensläufen besonderer Frauen der Toskana verknüpft sind – sie gelten als ein Versprechen an die heutige reisende, die Toskana entdeckende Frau.

So ist Fortunata Sulgher Fantastici, eine 1755 geborene Dichterin aus Livorno, zum Symbol für Authentizität geworden; Florence Nightingale, geboren in Florenz und Mutter der modernen Krankenpflege, steht für Sicherheit; Caterina de’ Medici für Gastfreundschaft und Einfühlungsvermögen; Simonetta Vespucci, eine der berühmtesten Frauen der Renaissance, die von Lorenzo de’ Medici geliebt wurde, symbolisiert das Wohlbefinden.

Luisa di Stolber Gedern, emanzipierte Seele und Schöpferin der literarischen Salons, symbolisiert Begegnung und Zusammenarbeit; Anna Maria Luisa de’ Medici, die einen großen Teil des florentinischen Kunsterbes rettete, indem sie dafür sorgte, dass die Lothringer es nicht aus dem Großherzogtum herausnahmen, steht für Nachhaltigkeit.


Die weibliche Seele von Florenz

Nehmen wir als ein Beispiel die toskanische Hauptstadt Florenz. Hier kann man auf den Spuren von historisch wichtigen Frauen, die mit ihrem Wirken in dieser Stadt nachdrücklich Geschichte geschrieben haben, wandeln.

Mit einem Besuch der Anwesen der Eleonora da Toledo (1522-1562) beginnt unsere Tour. Start ist im Palazzo Vecchio an der Piazza della Signora. Die Gemahlin von Cosimo I. de' Medici, war eine der Schlüsselfiguren der Renaissance und eine der elegantesten und einflussreichsten Frauengestalten, die Florenz hatte! Eine Frau mit unternehmerischem Weitblick und einer Leidenschaft für Kunst und Mäzenatentum. Sie schuf u. a. die Boboli-Gärten von Florenz. Mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Von 1667-1743 lebte Anna Maria Luisa de' Medici. Ihr begegnen wir am Endpunkt der Spuren von Eleonora da Toledo in den Boboli-Gärten – von Anna Maria Luisa ebenfalls geliebt. Zu verdanken ist ihr, dass die Künste der Renaissance heute noch so reichhaltig in Florenz zu finden sind. Als Kurfürstin von Palatina, war sie für die weitsichtigsten Konventionen des römischen Rechts verantwortlich: 1837 unterzeichnete sie den Familienpakt, ein Gesetz, das nach dem Tod ihres Bruders Gian Gastone, des letzten Medici-Erben, den Übergang des Großherzogtums Toskana an die neue Dynastie Habsburg-Lothringen regelte. Dieser Akt garantierte, dass die Kunst- und Kulturschätze der Familie in der Toskana verbleiben sollten. Ihre Wohnung und ihr Schmuck sind heute im Museo del Tesoro dei Granduchi im Pitti-Palast zu bewundern.

Nur 200 Meter entfernt, befinden wir uns in der Romantik des 19. Jahrhunderts an der Piazza San Felice 8. Hier lebte die britische Dichterin Elizabeth Barrett Browning (1806-1861) und verstarb dort auch. Sie war aus London nach Florenz gekommen, um ihrer unglücklichen Ehe zu entrinnen. Das Hauptgeschoss des Hauses ist heute ein ihr gewidmetes Museum. Barrett Browning verkörperte die Ideale des italienischen Risorgimento, dem sie zwei Gedichte widmete. Dreißig Gehminuten von der Piazza San Felice entfernt, befindet sich ihr romantisch gestaltetes Grab auf dem Piazzale Donatello.

Dieser weibliche Spaziergangs durch Florenz endet in der St. Nicolò St. 24. Hier lebte und arbeitete bis zu ihrem Tod im Jahr 2007 die 1912 in Pisa geborene Lithografin, Maria Luigia Guaita. Sie entdeckte in Schottland in den 1950er Jahren die Kunst der Lithografie und verwandelte ihre Druckerei in eine Schmiede für Artisten dieser Kunstform, wie Soffici, Carrà, Severini, Picasso, Guttuso um. Man spricht heute von ihr von "Il Bisonte" (der Bison), dementsprechend heißt die Foundation, die ihr Erbe verwaltet. Bei der Flut von 1966 riskierte sie ihr Leben, um ihr wertvolles Erbe zu retten. Nach ihrem Tod übernahm der Neffe die Druckerei, noch heute arbeitet ihr Enkel in den Räumen.


Toscana delle Donne
©Massimo Sestini für und mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Hand in Hand geht dieses Projekt mit Toscana delle Donne. Mittlerweile über 40 Toskanierinnen, geben mit ihrer eigenen besonderen Geschichte der Toskana ein Gesicht. Sie erzählen nämlich der Welt von Frauen in der Toskana – als Unternehmerinnen.

Es sind faszinierende Geschichten von Frauen, die ihre Gäste in allen Facetten willkommen heißen. Aktiv in der Gastronomie bis zu den Unterkünften, vom Kunsthandwerk bis zur Kultur. Ob Ärztin, Bäckerin, Schäferin oder Weberin. Es sind vierzig schöne Geschichten, die von der großen Vielfalt des toskanischen Angebots und der großen Sensibilität und dem Einfühlungsvermögen gegenüber weiblichen Reisenden erzählen – und die es zu entdecken gilt. Alle Teilnehmerinnen freuen sich auf die Begegnungen mit den Touristinnen! Übrigens: Sehr gerne auch auf den begleitenden männlichen Reisepartner.
©Massimo Sestini, mit freundlicher Genehmigung von Toscana Promozione Turistica

Eines dieser Gesichter ist die Ärztin Francesca Innocenti: „Ich liebe meine Heimat Mugello, den Ort und die Menschen, so authentisch und mit einem starken Gemeinschaftssinn. Toskaner sind alle unterschiedlich, aber alle lustig, stolz auf ihre Herkunft, romantisch, freimütig, humorvoll und engagiert.” Die Gran Tour delle Donne lädt Reisende ein, die feminine Seite der Toskana zu entdecken und wertzuschätzen.

Un caloroso benvenuto a tutte le donne in Toscana!

La Toscana delle donne
Gran tour delle donne
e-Mail: femminile.redazione@toscanapromozione.it

2024-02-28

Matera

Dieter Weirauch von einfachraus.de ist schuld. Er hatte mir auf unseren gemeinsamen Reisen durch Apulien immer wieder von Matera vorgeschwärmt. Und als ich 2022 das erste Mal Urlaub in Monopoli verbrachte, was mir gleichzeitig etwas mehr Mobilität verschaffte, andere Orte zu besuchen, als unten im Salento es mir möglich war, stand Matera ganz klar auf meiner Must-See-Liste.

Wenn man reist, gibt es Orte, die berühren. Es gibt Orte, da setzt man den Fuß hin und ist glücklich. Oder mag die Energien überhaupt nicht und möchte nur schnell weg. Orte, die faszinieren. Matera ist der Ort, der mich berührt hat, wie kein anderer Ort zuvor. Matera macht mich sehr glücklich. Matera hat mich so viel gelehrt über die Großartigkeit der Menschheit. Kein Ort hat mich so sehr die Urfrage der Menschheit stellen lassen. Matera finde ich unendlich faszinierend, besonders – und ganz einmalig. Dorthin möchte ich immer und immer wieder und ich wünsche mir sehr, noch viele Tage in diesem UNESCO-Weltkulturerbe herumwandern zu können.
Tatsächlich ist es von Bari oder Monopoli dorthin ein kleiner Reisekatzensprung – immerhin fährt man in eine andere Provinz Italiens. In die Basilikata oder, wie die Einheimischen gerne sagen, nach Lukanien.

Ich nahm einen frühen Zug um 06.42 Uhr in Monopoli, um in Matera Villa Longo um 9.31 Uhr auszusteigen. Die Tour beinhaltete zwei Umstiege. Einen in Bari Centrale auf die höher gelegene Plattform Bari Centrale F.A.L. – der Ferrovie Appulo Lucano – benannt nach den historischen Bezeichnungen für Apulien und Lukanien. Hier gehen die Züge in die Basilikata, mein Zug endete in Altamura, dort wartete schon der Zug nach Matera Villa Longo. Nette Bahnhofsmitarbeiter stehen dort auch außerhalb der Saison auf dem kleinen Bahnhof und zeigen den richtigen Zug für die Weiterfahrt. Diese einfache Fahrt kostet in 2024 € 9,80.

Vom Bahnhof Villa Longo läuft man ca. 30 Minuten hinunter bis zur Altstadt von Matera. Die Sassi di Matera sind sehr gut ausgeschildert. Entlang der Via Nazionale, die an dem kleinen Park Villa dell'Unità Italia in die Via delle Beccherie über geht, einen Schlenker nach rechts und auf Höhe der Handelskammer von Matera noch einen nach links gemacht – an der kleinen Markthalle vorbei. Hier ist Matera schon voller Leben, pittoresk großstädtisch.

Alternativ läuft man hinter der Villa dell’Unità Italia die Via T. Stigliano geradeaus und ist direkt im Centro Storico von Matera. Verpasst dann aber die faszinierenden Eindrücke auf der Piazza Duomo und den Blick vom Balkon auf die Altstadt, den ich unbedingt empfehlen würde. Außerdem locken auf der Piazza beeindruckende Palazzi, diversen Museen, u. a. die Multimediaausstellung über die Sassi in der Casa Noha und der Info-Point für Touristen. Rund um diese Piazza kann man locker einen ganzen Tag mit Ausflügen in die Kirchen und Museen verbringen.
Aber hier wartet vor allem der legendäre Balkon Belvedere Luigi Guerrichhio detto dei „Tre Archi”. Der Blick, der sich von hier auf die Altstadt von Matera offenbart, ist überwältigend.
Für mich wurde in diesem Moment alles, war ich bis dahin unter Centro Storico in Italien gesehen hatte, gänzlich neu definiert. Zu meinen Füßen – in nicht unerheblicher Tiefe – öffnete sich der Blick auf die riesige Altstadt Materas. Und ich sollte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, das „Tre Archi” durchaus ein sinngebender Begriff ist, da sich die wunderschöne Altstadt Materas noch weit nach rechts und links weit erstreckt. Auch wenn dieser Balkon selber vergleichsweise unspektakulär scheint – seine Königsdisziplin ist der Blick!

Ich war übrigens sehr froh, dass ich diesen Moment damals alleine für mich haben durfte. Nicht in einer Reisegruppe während einer z. B. Pressereise. Auch waren Anfang März bei mäßigem Wetter, die Touristen in der frühen Morgenstunde noch rar gesät. So konnte ich in Ruhe und angemessen lange diesen Blick auf diese faszinierende alte Schönheit mit ihrer sichtlichen Geschichte still genießen.
Das Centro Storico Materas teilt sich in drei geografische Bezirke auf: Im Nordwesten Sasso Barisano (in Blickrichtung Baris gelegen), die Civita – das Zentrum, das ist das, was man vom Belvedere aus lediglich sieht – und Sasso Caveoso, im Süden gelegen und gleichzeitig der Bereich mit den meisten Höhlenwohnungen.

Vom Balkon aus geht es bergab!
Was ich auch noch nicht ahnen konnte, dass hinter dem Wall alter Häuser und Treppen, die tief unter mir lagen, an deren Ende sich eine Panoramastraße mit der Brüstung zur Gravinaschlucht befinden sollte, und es dort noch einmal sehr tief bergab gehen würde.
Der Fluss Gravina verläuft durch die Schlucht, die heute den Namen Nationalpark Parco della Murgia Materana trägt. Die stabile Hängebrücke Ponte sulla Gravina führt wander- und kletterfreudige Touristen hinüber in den Teil des Nationalparks, der mit etwas Kletterbegabung bewältigt werden möchte.
Hier kann man stundenlange Wanderungen machen. Führungen dafür zu buchen, lohnt sich schon aufgrund der historischen Erläuterungen. Oder man wandert entlang des Flussbettes bis hoch zu Materas kleiner Schwesternstadt Gravina.
Aber bevor man zur Schlucht aufschließt, muss man viele Treppen hinab und wieder aufsteigen. Lässt man sich von rechts nach links treiben, entdeckt hier Kunst, trinkt dort einen kleinen Caffè, freut sich über herum schleichende Katzen (ich), lauscht den Glockklängen der Kirchen.
Alleine 26 Kirchen mit der Kathedrale, Crypta und diversen Felsenkirchen sind in meinem kleinen Stadtführer vermerkt.
Es bimmelt also ordentlich und lange zur vollen Stunde in Matera. Je nach Jahreszeit freut man sich über erste Blüten und Flora (ich) oder legt sich auch mehr und weniger elegant auf dem glatten Stein ungeplant hin (auch ich).

Wer ganz Matera zu Fuß erfassen und durchwandern möchte, sollte mindestens zwei Tage einplanen. Wollen auch die vielen Kirchen und Höhlen ausgiebig erkundet werden, sollten zwei weitere Tage einkalkuliert werden. Wer sich auch den faszinierenden Wanderwegen durch die Schlucht und hoch auf die Seite, wo heute noch die offenen Höhlen, die Sassi, liegen, gönnen möchte, rechne nochmals zwei Tage hinzu.
Matera sehr intensiv entdeckt, das kann unter einer Woche nicht funktionieren. Es wollen schließlich auch die vielen kleinen Kunsthändler*innen besucht werden, die überall versteckt lauern. Und natürlich sollte man das eine und andere Restaurant mit der typischen lukanischen Küche für sich entdecken.
Das ist das eine Erleben Materas. Das andere ist, dass einem hier – in einer der ältesten Städte Europas – die Geschichte der Menschheit in einer ursprünglichen Dimension präsentiert wird, wie man es selten erlebt.

Die Geschichte der Sassi di Matera findet ihren Ursprung in den Villaggi Trincetari, den ersten festen Ansiedlungen von Menschen. Da reden wir von der Neusteinzeit. In der Nähe von Altamura wurde das vollständige Skelett eines Hominiden gefunden. Und die haben vor 250.000 Jahren gelebt! Das ist Matera auch und dieses Erleben, wie sich Menschen in so früher Zeit mit einfachsten Hilfsmitteln Höhlen geschaffen haben.
Aber auch die Tatsache, dass diese Höhlen noch 1950 von den Menschen bewohnt wurden. Was man in einigen frei stehenden Höhlen immer noch fühlen kann.

Als ich in die Schlucht auf den Gravina geguckt habe, war ich gefühlt sehr nahe an der Lösung auf die Frage: Was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei? Wenn man Menschheit begreifen möchte, dann kann man das in Matera. Diese Stadt ist ein einziges Faszinosum der Geschichte.

Tipps für einen gelungenen Matera-Besuch

Matera braucht keinen gleißenden Sonnenschein. Die Stadt und die Höhlen wirken eindrücklicher, wenn der Himmel auch bewölkt ist. Auch würde ich Matera-Besuche immer außerhalb der Saison empfehlen – und vielleicht nicht ausgerechnet am Wochenende. Seitdem Matera 2019 Kulturhauptstadt in Europa war, ist das Interesse der Touristen groß und da bleibt aufgrund der Menschenmassen oft viel ungesehen.
Flache und bequeme Schuhe anziehen. Und zwar ausschließlich. Will man zur Schlucht hinunter sowieso, der Abstieg geht über Stock und Stein, da sind Schuhe mit festen Sohlen das Must-have. Ich habe schon junge Frauen aka Influencerinnen mit Trolley und in Highheels durch die Altstadt zum B & B stöckeln sehen – die sahen nicht sehr glücklich aus. Schnieke Absatzschuhe sind hier einfach keine gute Idee.
Generell sollte man gut zu Fuß sein, um diese Altstadt zu erkunden. Es sind nur wenige Straßen in der Altstadt überhaupt mit dem Auto befahrbar. Und das dürfen lediglich die Anlieger. Natürlich gibt es Shuttles mit e-Apes. Sonst sind die Fußwege meist uralte Steinwege und -treppen, deren Steigungen durchaus anspruchsvoll gelegentlich sind.

Anreise

Die Anreise erfolgt per Bahn oder Flugzeug (Bari Karol Wojtyła Airport) mit den öffentlichen Verkehrsmitteln immer über die Stazione Centrale Bari. Von dort aus kann man mit dem Zug, wie oben beschrieben, in ca. drei Stunden in Matera sein. Es gibt auch eine Buslinie ab Bari nach Matera.