2019-02-10

Cosenza – eine Reise durch die reichhaltige Kultur Kalabriens

Ich durfte auf Einladung des Tourismusministerium der Stadt Cosenza, sowie auf Einladung von Carmen Mancarella, Geschäftsführerin von Mediterranean Tourism, am zweiten Tourismusforum der Stadt Cosenza teilnehmen.



Viel kenne ich noch nicht von Italien, mir kam früher doch immer dieses Frankreich dazwischen. Nun durfte ich nach Apulien eine neue Region dieses Landes mit den vielen schönen Gesichtern bereisen: Kalabrien, genauer: die Region Cosenza.



Cosenza ist die nördlichste und größte der fünf Provinzen Kalabriens und zählt ca. 700.000 Einwohner. Davon leben in der Provinzhauptstadt Cosenza ca. 68.000 Menschen. Die Provinz bietet alles, was das Urlaubsherz begehrt: Cosenza selbst liegt dem Sila-Gebirge zu Füßen und in nur 30 Autominuten laden traumhafte Wälder zum wandern oder Abfahrten auf Skiern ein. Selbst in Italien wissen die wenigsten Menschen, dass man in Kalabrien auch Ski fahren kann. 20 Autominuten weiter südlich kann man schon wieder im Ionischen oder Thyrrenischen Meer baden. Auch Kalabrien ist, wie Apulien, von zwei Meeren umschlossen.



Die Stadt Cosenza ist eine kulturelle Perle! Sie ist eine sehr lebendige, kunstreiche und aktive Metropole. Viele Studenten, die in der sehr nahe liegenden Nachbarstadt Stadt Rende an der Università della Calabria studieren, leben hier und machen diese Stadt jung und lebendig.

Überall lauert hier Kunst: In den 14 Klöstern dieser Stadt, von denen die meisten mittlerweile anderen Zwecken zugeführt wurden, warten Museen mit historischer und zeitgenössischer Kunst aller Couleur auf ihre Besucher. Das als „Stadt der Dichter und Denker” bezeichnete Cosenza, hat Bernadino Telesio, Philosoph und Naturforscher (1509-1588) hervorgebracht, auch der Modeschöpfer Gianni Versace ist ein Kind dieser Stadt gewesen. Die Historie über die Jahrhunderte ist immens.

Bruttier – so heißt die Urbevölkerung Cosenzas. In Landessprache bedeutet dies „Rebellen”. Abtrünnige Lukaner sollen sie gewesen sein. Die zähen Menschen aus den Bergen galten lange Zeit als unbesiegbares Volk! Zwei Mal biss sich Rom an ihnen die Zähne aus – bis sie sich beim dritten Versuch im II. Jahrhundert der feindlichen Übernahme der Römer doch geschlagen geben mussten.

Der Westgotenkönig Alarich I (370 – 410) soll mit seiner Beute, die er auf seinen Raubzügen durch Westeuropa und der Plünderung Roms erbeutet haben soll – angeblich 25 Tonnen Gold, Silber und Edelsteine – im Flussbeet an der Mündung des Busento in den Crati begraben sein. August von Platen war diese Sage das Gedicht „Das Grab im Busento” wert. Seit 1600 Jahren versucht nun die Menschheit Alarichs Grab zu finden. Mit moderner Technik offiziell letztmalig im Jahr 2015. Vergeblich. Die Legende sagt, römische Sklaven mussten hierfür das Wasser des Busento zunächst umzuleiten, um seine letzte Ruhestätte besonders gut zu verstecken. Keiner von ihnen durfte die Schufterei überleben – damit sie nicht etwa den Bestattungsort ausplaudern konnten.

Die Tourismusexperten der Stadt nehmen das weiterhin unfauffindbare Grab Alarichs und dessen Legende sportlich: „Wenn Millionen von Touristen an die Spielorte einer Fantasiefigur namens Harry Potter reisen, was sollte sie daran hindern, ein nicht entdecktes Grab nicht auch spannend zu finden?”, kommentiert Josep Ejarque, italienischer Tourismusexperte, während des 2. Tourismusforums und ruft zweistellige Wachstumszahlen für Cosenzas Tourismus aus.

Alarichs Spuren findet man dennoch überall in der Stadt – auch als Skulptur nahes des Flussbettes. Die Mär über den Schatz treibt feine Blüten: Junge Frauen aus Cosenza sollten in dem Fluss ihr Haar waschen, damit es zu Gold würde. Nun, ich habe bei meinem kurzen Aufenthalt keine Frau mit goldenem Haar hier entdecken dürfen.

Die venezianischen Gebrüder Bandiera, italienische Freiheitskämpfer des Risorgimento, die für ein geeintes, freies und demokratisches Italien eintraten, fanden nach einem blutigen Aufstand, in den Bergen von Sila gefangen genommen, den Tod nahe bei Cosenza. Am 25. Juli 1844 riefen sie noch während ihrer Hinrichtung „Freiheit für Italien!” Sie gelten heute als Helden des vereinten Italiens und die Menschen in Cosenza werden nicht müde überall auf ihre Spuren zu verweisen.


Castello Svevo



Mit dem Castello Svevo, dessen Ursprung den Byzantinern im 5. Jahrhundert zugerechnet wird, hatte sich Friedrich II. von Schwaben ein Denkmal gesetzt. Das Castello liegt weit oben über der Altstadt Cosenzas auf dem Berg. Friedrich hat es nach einem schweren Erdbeben im 13. Jahrhundert erneut aufgebaut.

Der achteckige Turm zeugt aus dieser Zeit für die Leidenschaft des damaligen Herrschers für die schwäbische Architektur. Über die Jahre wurde das Castello von allen Eroberen Cosenzas genutzt: Sarazane, Normannen, die Staufern, Anjou und Aragonesen … Im Garten steht ein uralter Weinstock und soll noch aus der Zeit Friedrichs II stammen. Wenn es stimmt, beeindruckend!



Der Ausblick vom Castello über Cosenza ist grandios …



Erst im Jahr 2015 wurde die letzte Restaurierung dieses immer wieder bei Erdbeben größtenteils zerstörten Monumentes abgeschlossen und steht nun den Touristen zur Besichtigung und für Events zur Verfügung.




Villa Rendano



In der Villa Rendano führt eine beeindruckend kreative Multimedia-Show (wirklich!) durch all die Geschicke der Provinz und Stadt Cosenza. Kurzweilig wird in jedem Raum die jeweilige historische Episode aus dem Blickwinkel eines Protagonisten seiner Zeit erzählt. Künstlerisch mit beeindruckender liebevoller Ästhetik installiert. Auf Wunsch kann diese Show übrigens auch in Englisch betrachtet werden. Sie ist eine absolute Empfehlung für einen Besuch dieser Stadt! Bitte knapp eine Stunde ist für den Besuch einzukalkulieren und danach mit wissendem Auge über die Stadt durch Cosenza streifen. Übrigens finden das gesamte Jahr über in der Villa kulturelle Veranstaltungen, z. B. Konzerte statt. Ein Blick in den Terminkalender lohnt sich.





In der Villa gibt es noch einige Gegenstände der früheren Besitzer zu sehen, einer Familie, die mit Seidenproduktion sehr reich wurde und wieder bettelarm, als ein Schiff mit den von ihnen bereits verkauften Waren im Meer versank. Die Villa wurde zwangsläufig verkauft. Mehrfach. Der heutige Besitzer hat sich bemüht ihren räumlichen Zustand von 1871 wieder herzustellen. Die Treppenhausgestaltung ist beeindruckend schön:



Ein besonderer Ort von innen und außen, auch hier ist die Aussicht vom Dach auf Cosenza in alle Richtungen bonfortionös.




Piazza Bilotti

Auf zur architektonischen Schönheit der Moderne: der Piazza C. F. Bilotti am nördlichen Ende der Salita U. Adamo (die in den Corso Mattini mündet).



Oberhalb ein Platz mit beeindruckender Architektur – und natürlich Kunst –, unterhalb eine Tiefgarage und eigene kleine Stadt mit Bibliothek und Kultur.




Leonardo da Vinci – 500 Jahre Genius



Auch Cozenza feiert, wie wohl ganz Italien, über 500 Jahre das Genie des Leonardo da Vinci und hat eine weitere junge multimdediale Köstlichkeit zu bieten, die man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte! Direkt unterhalb der Piazza Bilotti neben dem Restaurant einer Fast-Food-Kette ist das Leben und Schaffen, die Philosophie des Genies Leonardo da Vinci berührend visuell und musikalisch in Szene gesetzt. Modern, mitreißend … wow! Auch für diesen Aufenthalt sollte man ungefähr eine Stunde einkalkulieren.

Danach lässt man sich über den autofreien Corso Mattini treiben. Er führt ca. 2 Kilometer bis zur Piazza de Bruzi mit der Skulptur eines großen Soldatenhelmes im Wasser – zum beeindruckenden Gedenken gefallener Soldaten weltweit.



Aber vorher laden viele Läden auf dem Weg dorthin zu einem Einkaufsbummel ein. An seinen Querstraßen stehen Bauern, die ihre frischen Gemüse frisch vom Feld oder direkt vom Baum, die Zitrusfrüchte aus ihren Kastenwagen verkaufen.



Eine Tüte frischer und so gut schmeckender Mandarinen für unterwegs für einen Euro. Das ist einfach Glück!


Museo All'Aperto Bilotti Cosenza



Wer sich nicht all zu sehr für feine italienische Schuhwaren oder Mode interessiert, kann sich auf den Corso Mattini wieder den schönen Künsten widmen. Überall auf dem Weg warten beeindruckende Skulpturen zeitgenössischer italienischer Künstler darauf, bestaunt zu werden. 1,5 Kilometer „Museo All’Aperto Bilotti” – Kunst im Freien! Zwischendurch kann man in einem der vielen Caffes sich einen Espresso gönnen und feinste italienische Pasticceria genießen. Hier ist schon am frühen Morgen Cosenza voller Leben, das menschliche Treiben ist enorm, denn unweit vom Piazza C. F. Bilotti liegt der Busbahnhof.




BoCs Art Museum

Nicht weit vom Piazza de Bruzi in der Piazza Tommaso Campanella, steht zu Füßen der Altstadt die Chiesa di San Domenico. Ihr Kirchenschiff lässt sich ins Mittelalter datieren und ihr Inneres demonstriert den Spätbarock. Zur Zeit wird sie restauriert, so dass wir sie nicht besuchen können.



Aber in das dazu gehörige antike Kloster mit Kreuzgang, Complesso monumentale di San Domenico, ein architektonisch exemplarisches Beispiel vom Übergang der gotischen Form zur frühere Renaissance wurden wir eingeladen. Der Philosoph Tommaso Campanella war hier im Jahr 1588 zu Gast. Ihn beeindruckte das Denken und Schaffen des Philosophen Bernadino Telesio. Zur Zeit des zweiten Weltkrieges wurde das Kloster vom Militär fremdgenutzt. Mittlerweile der Gemeinde Cosenzas gehörend, residiert hier das Kulturdezernat der Stadt mit dem Tourismusbüro.

Ein Ort der kulturellen Begegnung, wie wir selber erleben dürfen. Wir Journalisten sind eingeladen anlässlich des 2. Tourismusforums der Stadt und dürfen den Organisatoren und dem Bürgermeister Mario Occhiuto zuhören, welche Pläne sie in Zukunft für die Stadt haben. Occhiuto, im Hauptberuf Architekt, ist ambitioniert und möchte sein Cosenza noch weiter zu einem Ort der modernen und kulturellen Begegnung ausbauen. Für ihn gehört im Stadtinnenbereich das Auto nicht dazu: „Die Stadt soll den Menschen gehören und nicht den Autos.”, erklärte er in seinem Vortrag. Der Plan sieht den Ausbau der Straßenbahnen und viel grünen Passagen vor. Cosenza wird in zehn Jahren noch einmal ein anderes Antlitz zeigen – und das kann sehr schön werden!

Dieses ehemalige Kloster aus dem Jahr 14681 beheimatet aber auch das BoCs Art Museum. Konzeptkunst von Künstlern aller Couleur wird hier gezeigt. Die Stipendiaten ziehen im Sommer für zwei Wochen in die Boxen am Fluss, um auf Kosten der Stadt zu logieren und zu arbeiten. Verpflichtung:







Die dort entstandene Kunst steht der Stadt zur Verfügung und wird hier in einer jährlich wechselnden Ausstellung hier im Museum aber auch an anderen Orten in der Stadt präsentiert.



Ein großartiges Projekt für Kunstschaffende. Die Kunst, die wir dort sehen, bedrückend, spannend … auf alle Fälle beeinflussend. In der jüngsten Vergangenheit haben geflüchtete Menschen Kunst geschaffen und das schreckliche Erlebte in ihrer Kunst (hoffentlich) ein wenig verarbeiten können.





Immer noch nicht genug Kunst gesehen? Kein Problem, es geht noch weiter, und … noch waren wir nicht einmal in einer Kathedrale, nicht wahr? Vom Kloster aus geht es über eine kleine Brücke, Ponte Mario Martire, die über den Busento führt hoch in die Altstadt.


Galeria Nazionale Di Palazzo Arnone



Einige andere Kunstobjekte aus dem Projekt des BoCs Museums, sind in der Galeria Nazionale Di Palazzo Arnone, dem ehemaligen Gefängnis von Cosenza, zu sehen. Ein riesiger Palazzo auf dem Hügel Triglio. Das Gebäude wurde im Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut und noch vor Fertigstellung vom Bauherren Bartolo Arnone an die Stadt Cosenza verkauft. Das Gelände ist von beeindruckender Größe und wurde zwischenzeitlich auch als Gerichtshof und Gefängnis der Bourbonen genutzt. Die Freiheitskämpfer Attilio und Emilio Bandiera sollen hier wohl ihre letzten Tage verlebt haben. Volksaufstände und wieder die Erdbeben, setzten dem Palazzo immer stark zu. Seit 2009 ist hier die Aufsichtsbehörde für das historische, künstlerische und ethnisch-anthropologische Erbe Kalabriens ansässig.



Die Gemäldesammlung beinhaltet Momente der italienischen Kunst Süditaliens vom 16. bis 20. Jahrhundert. Wir sehen hier Werke von in Kalabrien geborenen Malern, Pietro Negroni über Mattia Preti bis Umberto Boccioni und angesichts der historischen Abhängigkeit Kalabriens von Neapel natürlich neapolitanische Künstler, die die lokale Malerei beeinflussten.

Das Museum ist innenarchitektonisch beeindruckend neu gestaltet. Dem in Cosenza geborenen Zeichner und Illustrator Umberto Boccioni ist dort eine eigene feste Ausstellung gewidmet, alleine die Innenarchitektur dieser Ausstellung steht für sich!



Seine Skulptur Unique Forms of Continuity in Space lässt sich hier ebenso bewundern.



Ein Ausstellungskomplex widmet sich der Contemporary Art – und hier findet man auch wieder einige Exemplare der Künstler aus dem BoCs Art Museum-Projekt. Die künstlerische Ästhetik dieses Museums treibt selbst bei der Feuersicherheit bemerkenswerte Blüten …

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Museo dei Brettii e degli Enotri



Wenige Meter weiter besuchen wir in der Salita Sant’Agostino erneut ein Kloster in dem heute das Museo dei Brettii e degli Enotri – das archäologische Nationalmuseum residiert. Wir werden durch die Zeitgeschichte der Region bis zurück in die Bronzeezeit geführt.



Fundstücke aus archäologischen Grabungen in und rund um Cosenza und in ganz Kalabrien kann man hier chronologisch sortiert sehen! Beeindruckend die Münzsammlung: Römische Münzen



in exzellentem Zustand sowie griechische, brettische, spätromanische und mittelalterliche Münzen sind hier ausgestellt.



Für diese umfangreiche Ausstellung sollte man sich etwas mehr Zeit nehmen – die Zeitreise beeindruckt. Es ist sinnvoll dieses Museum gemeinschaftlich mit der Galeria Nazionale Cosenza zu besuchen. Dieses hier wenn möglich zuerst, danach sollte man sich der Kunst Cosenzas zuwenden.


Teatro di tradizione Alfonso Rendano



Wir dürfen einen kurzen Stopp im Teatro di tradizione Alfonso Rendano der Commune Cosenza machen. Dieses Theater hat eine lange Geschichte, die Ursprünge dieses Kulturortes liegen weit zurück in der Renaissance. Mehrfach aufgebaut, zerstört, daher wieder abgerissen, steht es heute an diesem Ort in seiner Form, wie es 1877 gebaut wurde – aber erst 1909 eröffnet worden ist. Auch hier gab es im ersten und zweiten Weltkrieg Fremdnutzung durch das Militär und infolge vielfache Beschädigungen. Der heutige Zustand dieses Theatro im neoklassischen Stil wurde 1960 beauftragt.



Der historische Vorhang, der von Domenico Morelli entworfen und 1901 vom Neapolitaner Paolo Vetri ausgeführt wurde, ist bis heute erhalten!



Der große Zuschauersaal der heute noch bei Gastauftritten gefüllt ist – ein festes Ensemble hat das Theater leider nicht mehr – die große Bühne bis hinter in die Kulissen,



wir dürfen überall hin, gucken und staunen. Es ist toll mal wieder auf einer Bühne zu stehen! Wenngleich …



Hier ist die ganze Geschichte des Teatro in Gänze zu lesen, ich empfehle deepl.com für die Übersetzung.


Museo Diocesano



Wir gehen weiterhin durch die Altstadt. Nahe des Doms in der Piazza Aulo Giano Parrasio lädt das Museo Diocesano ein, das Kreuz von Friedrich II. zu bestaunen, die Ikone der Madonna del Palero, der Schutzheiligen Cosenzas



und sehr viel mehr.



Ein kleines feines Museum, dessen Artefakte mir gelegentlich etwas gruselig scheinen.


Kathedrale Il Duomo

Und da wir nun in der Nähe sind, können wir auch einen Fuß in die Kathedrale setzen. Il Duomo. Liegt auf der Piazza Duomo, der alten Piazza Grande, die einst der Mittelpunkt Cosenzas im 19. Jahrhundert war. Die Kathedrale gehört seit 2011 zum Friedenskulturerbe der UNESCO. Die Grundmauern der Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert wurden in Erdbeben zerstört. 1222 wurde die Kathedrale in Anwesenheit von Kaiser Friedrich II. feierlich nach ihrem Wiederaufbau eingeweiht.

Hier wurden eine Zeitlang die sterblichen Überreste der schon erwähnten Gebrüder Bandiera aufgebahrt bis sie 1967 nach Venedig überführt worden sind. Noch heute liegen hier die Gebeine von Henry dem Skyanx, dem angeblich ungeliebten Sohn Friedrichs II. über dessen Tod durch die Hände des eigenen Vaters bis hin zum Selbstmord gemunkelt wird. Ebenso ruht Isabella von Aragon, Gattin von Philipp dem Kühnen König von Frankreich, die mindestens genauso kühn gewesen war, soll sie einem Sturz von einem Pferd an einer Fehlgeburt zugrunde gegangen sein. Übrigens habe ich bisher noch nie so viele Beichtstühle in einer einzigen Kathedrale gesehen.

Dieses ist ein klitzekleiner Umriss der Kunst und Kultur, der ich in nur drei Tagen Cosenza begegnen durfte – und das sind beileibe nicht alle Sehenswürdigkeiten und Schönheiten dieser Region – denn, wir waren noch nicht einmal gemeinsam essen, nicht wahr?

Ich möchte wirklich so sehr gerne noch einmal nach Cosenza – ich bin noch überhaupt nicht fertig mit diesem wunderschönen Ort!

2019-02-05

Grundrente

Es ist übrigens gänzlich falsch darüber zu diskutieren, ob es Deutschland zu teuer käme eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung zu bezahlen. Die muss ja stattfinden, denn soweit ich Herrn Heil verstanden haben, möchte man mit der Grundrente die Menschen gar nicht so sehr aus der Grundsicherung im Alter herausholen, die aus welchen Gründen auch immer, nicht über 30 Arbeitsjahre hingelegt haben.

Hier wird also im Rahmen der Rente eine neue Unterschicht implementiert werden: die der Grundsicherungsrentner und die der Grundrentenempfänger. Bravo. Damit schafft man natürlich eine Sicherheitszone für Politiker in der nächsten Zukunft: wer nach unten treten kann, muckt nach oben nicht auf. Funktioniert derzeit im Niedriglohnsektor ganz wunderbar, man hat hier den ALG II-Empfänger als Element zum Frustabbau.

Übrigens waren Empfänger der Arbeitslosenhilfe von den Hartz IV-Konzeptionen noch rentenversichert. Das sind Arbeitslosengeld II-Empfänger seit 2005 nun nicht mehr. Wenn der SPD also nun Altersarmut in großem Maß um die Ohren haut, mag es ein Stück weit mit daran liegen, dass diese durchaus ein gutes Stück weit selbst verantwortet ist.

Jeder Politiker der regierenden Koalition, der nun übrigens heult, das Grundrentenkonzept mit seinen derzeit geschätzten fünf Milliarden Euro Kosten käme dem Staat zu teuer, sollte, meiner Meinung nach, mit zwei großen zur Schlagfläche hin benagelten Fliegenklatschen auf deren Rückseite groß und dick „CumEx” prankt in Grund und Boden geprügelt werden. Bis er/sie heult. Und dann Salz in die Wunden.

Übrigens gilt es mit der Grundrente Arbeitsarmut abzubauen. In Deutschland galt im Jahr 2018 statistisch gesehen, ein Single-Haushalt dann als arm, wenn dieser weniger als 892 Euro pro Monat zur Verfügung hat.”

Die SPD (und irgendwann auch die CDU wenn sie sich zu Ende empört hat) planen eine Grundrente in Höhe von € 900,— für Menschen, die ihr langes Leben gearbeitet haben, um deren Armut zu vermeiden. (In offensichtlicher Nichtberücksichtigung derer völlig verfehlten Wohnungs- und Mietpolitik der letzte Jahre.)

Und jetzt finden wir alle mal den Fehler!

Im übrigen wünsche ich mir künftig nur noch studierte Mediziner auf den Posten des Bundesgesundheitsministers bzw. -ministerin.

2019-01-27

Ländervergleich Italien vs. Deutschland

Die letzten Jahre mit meinen kurzen Pressereisen nach Apulien und Kalabrien, zwei der ärmsten Regionen Italiens immerhin, haben mir einige Unterschiede zum Heimatland – aus gänzlich subjektiver Sicht – aufgezeigt und mit denen möchte ich Euch heute gerne einmal langweilen bzw. sie zur Diskussion stellen:

Toiletten

Italien: Toiletten in Italien mögen häufig keine Toilettenbrillen haben und nicht immer sind sie modernisiert, dafür sie sind immer blitzblank und sauber. Es ist so, als wolle der Italiener die Nachwelt um keinen Preis der Welt seine kurze Existenz auf diesen Räumen beweisen lassen können.

Deutschland: Wir Deutschen sind in der Beziehung Schweine. Übrigens vor allem Frauen: das wird jeder Gastronom in Deutschland bestätigen – und das habe ich auch von Gastronomen solcher Restaurants gehört bei denen man meinen könnte, die Frauen wüssten sich stilsicher zu benehmen. Wir sind in diesem Punk „oben hui und unten pfui”. Ist so. Teilweise so eklig.

Sprache



Italien: In Italien gilt „Bellissimo”, „Che bello!” oder „Che bella!” Man scheut sich nicht, die Dinge wunderschön zu finden und kommentiert das gerne, laut und häufig. Hier trinkt man nicht einfach einen kleinen Caffè ohne diesen mit liebevollen Worten zu bedenken. Man freut sich gerne über die kleinen Dinge. Diese Freude wird geäußert. Das Glas, selbst die mit einem kurzen Caffé logischerweise nur halb gefüllte Espressotasse, ist hier immer halbvoll anstatt halbleer. Der Italiener ist begeistert über sein Land, dessen Geschichte, die eigene Kunst, die Liebe zu den eigenen Produkten ist groß. Das Wissen darüber enorm – bei jedem! Man steht hinter seinem Italien und freut sich, die guten Dinge dieses Landes sehen, erleben und genießen zu dürfen. Der Italiener redet total gerne. Man hat schnell für jeden – auch offensichtlich Fremden – den man trifft ein freundliches Wort parat. Keine Kommunikation ohne ein Bellisimo! Hier redet man noch sehr gerne miteinander. Es ist gar nicht vorstellbar, dass man einen Raum betrifft ohne längere Kommunikation miteinander. (Ausnahme im von Chinesen betriebenen 1-Euro-Geschäft.) Sie sprechen erstaunlich viel und lange und … sagen manchmal gar nicht so viel dabei. Kommunikativ läuft’s bei den Italienern.

Deutschland: In Deutschland sagen wir im Rahmen jeglicher Kommunikation sehr gerne: „Ja aber …”, allenfalls „Schön schön.” Der Genuss eines gemeinsamen Kaffees wird nicht kommentiert, Freude im Alltag gehört selten bis gar nicht kommentiert. Abgrenzung scheint wichtiger als Gemeinsamkeit. Kritik gilt vor Zustimmung. Alles, was uns gegeben wird an Schönem in diesem Land, es gehört unter den Scheffel gekehrt. Wir diskutieren darüber, ob wir stolz sein dürfen Deutsche zu sein – während es der Italiener einfach ist. Sehr selten sind die Dinge für uns gut genug. Wir reden genauso viel wie die Italiener, kritisieren dabei aber sehr viel mehr. Erzählen wir über Dinge, z. B. eine Reise, die wir erlebt haben – fangen wir zuerst bei dem an, was nicht gut war. Analyse ist Trumpf. Die Dinge zu relativieren, das ist uns sehr heilig.
Kurz: wir meckern viel zu viel. Und reden viel zu wenig nett miteinander – auch belangloses Zeug.

Das ich hier in diesem Blogpost vorrangig kommentiere, was wir Deutschen im Vergleich zu den Italienern alles nicht gut hinbekommen, spricht dabei natürlich für sich und ist in der landestypischen kritischen Sprache zum obigen Absatz Consens. Weiß ich.

Feminismus

Italien: Die Frauen Italiens feiern sich ohne Ende. Keine Veranstaltung bei der nicht eine Frau auf der Bühne steht und allen Anwesenden etwas von der Kraft, dem Können und Königsklasse der italienischen Frauen unter die Nase reibt. Dabei immer charmant. Immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Sehr energetisch! Und die Männer halten das aus. Es geht also. Ich erlebe hier viel Schwesterlichkeit und das Wollen die Kunst der Frauen in allen Ebenen zu etablieren. Schmuck, Schminke, schöne Kleidung und Frisur sind dabei nichts, was für die Italienerin in ihrem Feminismus abgewählt gehört. Ganz im Gegenteil. Sie zelebrieren sich als die personifizierte Weiblichkeit mit all ihrer Intelligenz und vor allem ihrem Charme mit einem herrlich gesunden Selbstbewusstsein dem Patriarchat zu zeigen, was sie können. Frauen in Italien scheint der Feminismus großen Spaß zu machen.

Deutschland: Den deutschen Feminismus erlebe ich persönlich viel zu grau, zu vergeistigt und leider auch ganz häufig verbiestert, weil sehr rechthaberisch und verbissen – jede andere Idee und Meinung verkniffen wegbeißend. Ja, es gibt Ausnahmen. Sie sind noch zu selten. Viele junge Feministinnen, insbesondere Akademikerinnen, sprechen eine Sprache, die völlig vergeistigt ist, wenig Freude beim Lesen bereitet manchmal gar nicht mehr dazu verleitet – was aber am Allerschlimmsten ist – im Grunde einen ganz großen Teil der deutschen Frauen überhaupt nicht mehr erreicht. Ich kann mich mit dem deutschen Feminismus immer weniger identifizieren – auch wenn ich nach wie vor an seine Relevanz glaube. Aber so wie er hierzulande zelebriert wird, ist er nicht mehr oft noch meiner.

Tempolimit

Italien: Haben die Italiener bekanntermaßen. Auch in dem Land in dem der Rennmotorsport quasi erfunden worden ist, funktioniert die gesetzte Richtgeschwindigkeit. Mittlerweile bin ich bei den häufigen, teilweise stundenlangen Transfers vom Flughafen, viele Kilometer mit dem Auto gefahren – natürlich als Beifahrerin. Ich habe mich immer sicher gefühlt – obwohl die Italiener sicherlich sportlich fahren. Während meiner letzten Pressereise bin ich ab Bari bis nach Kalabrien vier Stunden in Italien im Auto auf der Autostrada unterwegs gewesen, hin- und zurück.
Es war entspannend. Von zwei Idioten abgesehen, die sich mit überhöhter Geschwindigkeit mit einem Abstand unter 20 Metern vor sich in ihren Autos deutscher Hersteller (Mercedes und BWM) auf der Autobahn abgeilen mussten, sind wir entspannt durch die Gegend gefahren. Man weiß vorher wie lange die Reise dauern wird, daher gibt es keinen Zwang diese Zeit zu unterbieten. Gerade bei viel Verkehr ist das Tempolimit die beste Variante für einen reibungslosen Verkehrsfluss. Sicherheitsabstände werden eingehalten, dadurch gibt es kein Stress beim Einfädeln, ein Gefühl von Sicherheit.

Italien hat allerdings auch ein Problem mit steigenden Unfallzeiten, Verletzten und Toten und ja, Italien verzeichnet deutlich mehr Verkehrstote im Jahr als Deutschland. Allerdings passieren dort statistisch gesehen 7 von 10 Unfällen in den Städten.

Deutschland: In Deutschland verunglücken auf Autobahnstrecken mit Tempolimit nachweislich weniger Menschen als auf den Teilstrecken mit freier Geschwindigkeitswahl. Was also ist eigentlich das Problem?

Musik



Italien: Obwohl ich nicht viel Popmusik höre, muss ich sagen, dass Italien eine gnadenlos gute und kreative Popmusikkultur hat derzeit. Guter Beat, starke Stimmen. Und – zumindest in Apulien – tanzen sie die Pizzicata, die sofort in die Füße geht.

Deutschland: Andrea Berg, die seit 20 Jahren immer ihren gleichen Song mit ähnlichen Texten selber covert. Florian Silbereisen. Und viele blasse schlimm männlich betroffene Singer-Bubis, die sich alle gleich anhören. Homophobe Sänger wie Andreas Gabalier cool finden. Dancestyle: Klatschen für DJ Oetzi & Co.

Technik

Italien: Freies WLAN gibt es fast überall. Der Italiener z. B. fragt selten im Restaurant nach dem Passwort, weil er offensichtlich mit seinem Vertrag gut bedient ist. Passwörter sind hier meistens vergleichsweise so lang, dass man den Eindruck bekommt, die haben das mit der Internet-Security im Großen und Ganzen verstanden. Jeder noch so kleine Laden ist im Kassenbereich mit modernster Kassentechnologie ausgestattet. Es wird der Preis gescannt und die Diebstahlsicherung gleichzeitig entcodet im kleinsten Ein-Euro-Geschäft. Bezahlen mit Geldkarten sind extrem schnelle selbstverständliche Vorgänge.

Der Italiener scheint in Facebook zu leben. Facebook/WhatsApp sind State-of-the-art. Die Präsentation des eigenen Business passiert auf Facebook, weniger auf der eigenen Homepage. Italiener befreunden sich sofort auf Facebook. Lädt Dich ein Italiener ein, auf Facebook seine Seite zu liken und Du machst das nicht sofort, hält er Dich für unhöflich – und Du kannst ihm damit den ganzen Abend verderben. Italiener lieben Facebook und haben dort sehr viel Spaß, präsentieren sich dort gerne auch privat und im Business in einem und dem gleichen Account.

Wenn ich in Apulien lande, wählt sich mein Smartphone bei Wind ein, dem italienischen Netzanbieter. Ich hatte einmal während einer Reise kontinuierlich kein WLAN, weil sich mein Smartphone in Kroatien einwählte aufgrund der geographischen Nähe, was ich aber erst am letzten Tag kapiert hatte. Sonst habe ich dort immer! schnelles! Netz. Ausnahme: Auf der Autobahn im Tunnel. Oder in den Bergen auf der Straße gelegentlich. Sobald man aber wieder in den Bergen in Ortschaften ist: Zugriff.

Italiener finden es völlig selbstverständlich ihre Umwelt mit Lärm aus ihren Smartphones zu nerven. Hauptsache laut. Egal, wo man ist. Egal, was andere gerade machen.

Deutschland: Ach Du meine Güte. Ganz ehrlich? Wir haben uns mittlerweile auch in diesem Punkt gänzlich abgeschafft. Und müssen da in Zukunft sehr vorsichtig sein nicht auch noch hier Dritte-Welt-Land zu bleiben. Manchmal gibt es im öffentlichen Raum freies WLAN. Sagen sie. In Berlin gilt das für die BVG eher nicht.

Trinkgeld

Italien: Unüblich. Kann tatsächlich nach hinten losgehen, wenn man es dennoch tut. Kann aber – wenn man es als Auszeichnung für einen Busfahrer gemeinschaftlich macht – auch Freude bereiten. Aber generell: eher unüblich.

Deutschland: Üblich. Oft sind wir viel zu geizig. Ich, da ich nicht viel Geld habe, gebe natürlich total gerne Trinkgeld, weil ich weiß, wie viel Freude ein paar Euro mehr in der Tasche machen können. Mir fällt es schwer nichts zu geben. Für den Busfahrer zu sammeln, habe ich allerdings mittlerweile in Italien aufgegeben. Dem Zimmerpersonal lege ich indes immer etwas hin.

Zeitverständnis

Italien: Kommste heute nicht, kommste morgen. Auch wenn es nicht ganz so schlimm ist – aber in der Zeitgestaltung werden die eigenen Bedürfnisse generell vor die der anderen gestellt und man lässt die anderen ungerührt warten. Kommt man irgendwo hin und die anderen sind noch nicht da, geht man wieder und lässt sie im Anschluss warten. Das nimmt stellenweise komische Ausmaße an, wenn ein Pressetermin im Raum steht, man dennoch befindet gerade getätigte Einkäufe doch noch mal schnell ins Hotel zu bringen. Auch wenn das 30 Minuten Zeit kostet – von allen und klar ist, irgendwo wartet jemand auf die Reisegruppe. Natürlich stehen Italiener nicht in solchen Momenten wie unsereins wartend in der Gegend rum, sondern sie finden immer jemanden zum quatschen – oder vergnügen sich bei Facebook. Zeit für einen kurzen Caffé nimmt man sich immer (das finde ich natürlich sehr schön und lässig.) Trotzdem: unter dem Strich bleibt bei Pressereisen dann weniger Zeit beim eigentlich relevanten Termin. Das muss man mögen.

Deutschland: Ich mag es nicht. Obwohl ich aus der Stadt des zelebrierten berühmten akademischen Viertels – und neuerdings des approbierten Nichterscheinens ohne Absage – stamme, bin ich gerne pünktlich, tue das wozu ich verabredet bin und nutze meine Zeit gerne lieber sinnvoll als mit dummen Rumhängen. Mich macht das manchmal echt sauer, denn gerade an anderen Orten könnte ich diese Zeit so sehr viel sinnvoller z. B. mit dem Fotografieren nutzen. Während meiner letzten Reise habe ich im Schnitt drei Stunden meiner knappen Zeit vor Ort auf irgendjemanden gewartet, weil ich immer pünktlich zum vereinbarten Termin vor Ort war. Am letzten Tag habe ich mich gerächt in dem ich am Abend einfach eine halbe Stunde später zum vereinbarten Treffen kam. Spaß macht mir das nicht aber vielleicht lerne ich es noch.

Essen

Italien: Vertrauen auf die eigene Küche und deren Qualität. Daraus resultierend: Liebe und Begeisterung. Oft fehlen (mir) Gewürze. Aber hier steht das Produkt im Vordergrund und zählt. In Italien (zumindest also in Apulien und Kalabrien) wird meiner bisherigen Erfahrung nach sehr viel seltener und weniger Knoblauch verwendet als von uns Deutschen gemeinhin vermutet.

Deutschland: Wir können auch kochen, haben aber verlernt wie gut eine einfache Kartoffel ohne viel Gedöns schmecken kann, wenn sie mit Liebe angebaut und geerntet wurde. Dafür würzen wir vielfältiger. Ständig schlimmste Überdosierung von Knoblauch. Außerdem haben die meisten von uns überhaupt keine Ahnung von der Vielfalt von Zitrusfrüchten.

Essen, die Zweite



Italien: Natürlich gibt es auch unter italienischen Journalisten mittlerweile Menschen, die sich fleischlos ernähren. Oder lieber Vollkornprodukte essen mögen. Die sagen kurz beim Kellner Bescheid, bekommen was sie wollen und damit ist das Thema erledigt. Der Rest ist dann meist Bellissimo!

Deutschland: Wurde bei den Pressereisen bisher ausgiebig mit viel Gedöns um Sonderbehandlung beim Essen gebeten, waren es immer nur und ausschließlich deutsche Journalisten. Echte Allergien beiseite gelassen, scheinen wir Deutsche zunehmend irgend eine persönliche Problematik allzu gerne auf unsere Nahrung zu projezieren. So als wäre die Unverträglichkeit der neue Brunnen für massive Aufmerksamkeit, die an anderer Stelle versagt bleibt. Dabei scheint es unmöglich zu sein, eine Nahrungsmittelunverträglichkeit einfach zu haben: sie muss lang, breit und laut ausgiebig zelebriert werden. Das mutet stellenweise vor allem im Ausland schon sehr ulkig an für Beisitzende.

Umwelt

Italien: Hat den Plastikmüll im Meer täglich vor Augen. Wenn Plastiktüten mittlerweile beim Einkauf verwendet werden, dürfen es nur noch kompostierbare sein. Die halten nicht lange aber: kompostierbar. Bei den PET-Flaschen sind die Plastikverschlüsse nur noch halb so hoch wie hierzulande. Sie funktionieren trotzdem.

Deutschland: Tsja. Könnte Plastiktüten generell verbieten. Tut es aber nicht. Könnte PET-Flaschen längst verboten haben, tut es aber auch nicht. Erhöht generell gerne die Müllentsorgungspreise weil die Sortierung und Wiederverwertung von Rohstoffen angeblich so teuer ist, kassiert, aber wiederverwertet im ganz großen Stil dann doch nicht. Hält alle für doof, kassiert. Und zuckt dann mit den Schultern.

Kinder



Italien: Kommen zuerst und überall. Kinder sind immer süß und wichtig. Sie werden jederzeit und immer ernst genommen und es wird auf sie Rücksicht genommen. An jedem kleinen Zeitungskiosk nehmen 40 Prozent der Auslage Kinder Platz ein mit Geschenktüten, kleinen Aufmerksamkeiten, weniger Süßigkeiten für Minimenschen. Kinder werden hier sicherlich auf gehlikoptert. Aber von der gesamten Gesellschaft und es ist absolut üblich, dass die Gemeinschaft sich um anwesende Kinder sorgt und sie aber auch mit erzieht, falls es nötig ist. Und zwar ganz ohne, dass La Mama den giftigen Blick eines Stieres beim Anblick von Rot bekommt und sofort Strafanzeige stellen will. Trotzdem sehen sich Italiener bei aller überbordenden Liebe in der Lage ihre Kinder zu erziehen und, falls nötig, in Grenzen zu verweisen.



Jedes von öffentlichen Geldern finanzierte Museum, jeder Nationalpark ist offensichtlich darauf ausgerichtet, Kinder zu unterhalten; Schulklassen die größtmögliche Bildung zu bieten. Mit nachträglicher Broschüre in dem die Kinder ihr erworbenes Wissen ausmalen können oder anderweitig verarbeiten können. Hier wird Geld in Kinder investiert. (Ausnahme: von Banken finanzierte Museen.) Kinder sind heilig und König. Und erzogen. Deswegen kann man Kinder in Italien echt super finden.

Jede halbwegs öffentlich Toilette besitzt, wenn nicht sogar eine Kindertoilette, wenigstens ein Kinderwaschbecken auf geringerer Höhe angebracht.

In geschlossenen Räumen dürfen Kinder so laut sein wie sie wollen. Auch mit elektronischem Gedöns. Wenn man auf Flügen 120 Minuten lang laut von elektronischen Stimmen „Little finger, little finger, where are you? I am here, I am here, I am with you!” und das wahlweise alle Finger durch, hören muss, ist die Deutsche in mir von der Rücksichtslosigkeit maximal genervt. Zumal selten nur ein Kind fliegt.

Deutschland: Hier brüllt schon mal der Busfahrer durchs Mikrofon ein Kind soll den Mund halten, wenn es lauthals singt. Immer wieder das gleiche Lied. Kinder werden hier entweder vernachlässigt oder auf unnatürliche Weise verhätschelt: egal, ob sie mit ihrer Verwöhntheit bei Mitmenschen Schaden anrichten. Irgendwie scheinen Kinder hier gar keinen normalen Stand mehr haben zu dürfen. Mit fremden Kinder in der Öffentlichkeit zu kommunizieren, scheint mittlerweile ein Gesetztesverstoß zu sein. Was es teilweise auch schwer macht Kinder noch zu mögen. Andererseits fühlen sich wiederum andere Eltern in dieser Gesellschaft als Eltern nur noch gegängelt und ihnen bricht der Schweiß aus, wenn im öffentlichen Raum ein Kind altersentsprechend laut und bockig ist. Das Verhältnis ist teilweise zunehmend schwierig. Wir sollten aufwachen. Auf allen Seiten.

Autos



Italien: Piaggio Ape. Und Diesel ist ziemlich teuer.

Deutschland: Smart. Und lässt sich von Autobauern jahrzehntelang vorführen.

Inklusion



Italien: Gelebt. Z. B. auf großen Straßen, im öffentlichen Raum wird die Blindführung einfach mit Hartgummiplatten auf die Straße geklebt. Basta. Auch in den Schulen sind Kinder mit Handicap in die normalen Klassen integriert. Ja, auch wenn Kinder Aufführungen für Journalisten machen, sind die Kinder mit Handicap dabei und werden gleichwertig gefordert. Noch mal Basta!

Deutschland:  Landet man z. B. in Berlin Schönefeld hört die Blindenführung vor der Treppe rechts bzw. links auf dem Übergang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Unten im Tunnel geht sie ein kleines Stück weiter bis zu den Bahnsteigen der S-Bahn. Danach Niemansland. Wahrscheinlich Streit um das Erbrecht der Tunnelböden. Wie ein Blinder beispielsweise zu den Regionalzügen kommt … bleibt mir ein Rätsel. Es muss Verantwortlichen herzlich egal sein. Die BRD bekommt jedes Jahr neue finanzielle Strafandrohungen seitens der EU, weil hier Inklusion nicht in dem Rahmen vorangetrieben wird, wie gesetzlich vereinbart. Im Gegenteil, NRW zeigt gerade, wie man sie abschafft in Schulen. Deutschland zahlt lieber Strafzölle an die EU anstatt Menschen mit Handicaps eine gemeinsame Teilhabe zu ermöglichen.

Zitrusfrüchte



Italien: Die Vielfalt von Zitronen ist in Italien unfassbar groß! Alleine bei diesem Aufenthalt habe ich sechs verschiedene Sorten gekauft von denen noch zwei für mich nicht identifiziert sind.

Deutschland: Primofiore, Eureka.

Fußball

Italien: Flogen gar nicht erst zur WM 2018

Deutschland: Flogen ziemlich schnell wieder zurück.