2010-07-27
2010-07-26
Politiker und Sicherheit
Übrigens hat Duisburgs Polizeipräsident a.D. Rolf Cebin im Frühling 2009 darauf hingewiesen, dass es in Duisburg kaum möglich sei ein Veranstaltungsgelände für über 500.000 Besuch mit sicherer Abzugsmöglichkeit zu finden.
Daraufhin wurde vom Kreisparteivorsitzenden (mittlerweile Mitglied des Bundestages) der CDU Thomas Mahlberg öffentlich beim Innenminister die Ablösung Cebins gefordert. Diese Forderung publizierte Mahlberg damals sogar gerne in einem Newsletter in seiner Gänze, weil man ihn in den Medien nur auszugsweise zitiert habe. Der Newsletter ist auf der Homepage der CDU Kreisverband Duisburg heute nicht mehr abrufbar. Seine Noch-Existenz im Google-Cache lässt kurzfristige Entfernung vermuten.
(Suche: Rolf Cebin Loveparade, derzeit Seite 3)
Mahlberg unterstellte damals Cebin, dieser hätte von „eklatanten Sicherheitsmängel“ gesprochen, „die einer Durchführung der Loveparade entgegenstünden“, was Cebin zu diesem Zeitpunkt interessanterweise noch gar nicht gesagt hatte. Vielmehr äußerte er sich so: „In Duisburg eine Veranstaltungsfläche für 500 000 oder mehr Menschen zu finden, inklusive eines geordneten An- und Abreiseverkehrs, ist nicht einfach.“ Der Westen nannte damals das Politiker-Geplänkel deutlich beim Namen.
Heute wissen wir, die Stadt Duisburg hat diese Fläche tatsächlich nicht gefunden. Alternativ für ein Veranstaltungskonzept, das für eine Besuchermenge von mindestens 1 Million Besucher kalkuliert war, auf eine Fläche zurück gegriffen, die für maximal 250.000 Menschen ausgelegt war.
Das ZDF meldete heute mittag, der Polizeichef von Duisburg hätte im Dezember 2009 nochmals auf eklatante Sicherheitsmängel hingewiesen und den Politikern der Stadt eine Absage der Loveparade in Duisburg nahegelegt. Rolf Cebin ist im Mai 2010 in den Altersruhestand gegangen.
Macht die Katastrophe, die vielen Toten und Verletzten leider auch nicht ungeschehen.
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Labels: große weite welt
Dreamteam
Samstag kam charmanter Besuch aus Dresden und wir warfen kurzerhand den Plan Museumsbesuch auf den Heuhaufen und ließen uns durch die Delikatessenläden Berlins treiben. Beispielsweise waren wir, also auch ich, erstmals im großen Frischeparadies, das ich mehr so naja finde. Große Fläche, erstaunlich kleine Auwahl, im Schnitt zu teuer – aber eine schöne Fischtheke. Die Kühlung viel zu hoch gedreht.
Dann trieb es uns zum Kollwitzplatz, denn ein endlich zu verschickendes Päckchen will, dass ich nochmals Miel de Cevennes nachkaufe. Der bisherige Vorrat hat sich als praktisches Mitbringsel erwiesen und somit reduziert und ich wollte dem Laden Le Flo endlich einen Besuch abstatten.
Le Flo ist ein kleiner Laden, der in der Tat das südfranzösische Gourmetherz höher schlagen lässt. Wein, Süßigkeiten, alle Honigsorten, die Patrick Corigliano produziert und eine Theke voller Salamis in allen Variationen. Eine Auswahl von drei Sorten wird für nur 10 Euro offeriert – und auf der Theke laden Minisalamis für 50 Cent das Stück zum Probieren ein.
Sie sind alle ob natur, mit Pfeffer oder Kräutern der Provence mit Walnüssen und schmecken vorzüglich. Sagt auch der Kater, der gestern als Salamiduft in der Luft lag wieder anfing schöne Weisen zu trällern, dabei ist er für Wurst nur sehr selten zu haben.
Im weiteren Verlauf des Ausflugs führte ich Mona Lisa zu Goldhahn & Sampsons, Ihr Buchregal wird den großen Einkauf wohl danken!
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Labels: mein kiez, ran an den herd
2010-07-25
Geld und Gesundheit
Die taz hat diese Woche einen klugen Artikel zur Homöopathie-Debatte gebracht, das Verhältnis der Kosten im Gesamtbild aufgezeigt und deutlich macht, dass die wenigen Millionen, die Homöopathie die Deutschen Kassen tatsächlich kosten, problemlos auch als Kostenpunkt in dem Budget für das Marketing auftauchen könnten – und da gar nicht diskutiert würden.
Claudia Witt, Professorin für Alternativmedizin, die bereits im Spiegel-Artikel als Gegenpol zu Edzard Ernst (Omnipräsenter Homöopathie-Gegner) zu Wort kam, ist heute Gesprächspartnerin im Sonntaz-Gespräch (Online-Ankündigung). Im Spiegel und in der taz formuliert sie, was mich in der gesamten Homöopathie-Debatte soweit ich sie online geführt habe, am meisten geärgert hatte. Nämlich die Eingemeindung der Gegner von Homöopathie, wenn man sich nicht auf deren Seite stellen vermochte, als automatischen Homöopathiebefürworter: „Ihr …“. So diskutiert man nicht!
Ich bin weder Befürworter von Homöopathie, noch bin ich gegen sie. Ich bin Befürworter vom Respekt anderen Menschen gegenüber, die schwer krank sind und teilweise jahrelange Schmerzen ertragen – bereits in der Schulmedizin – hinter sich haben, von ihr als austherapiert gelten. Und ich habe mich geweigert dieser Debatte so folgen zu wollen, weil ich wusste, dass hier über lächerliche Summen debattiert werden, während an anderen Stellen Milliarden längst eingespart werden könnten, was aber nicht passiert infolge des Lobbyismus der riesigen Gesundheitsindustrie. Einer Industrie, die den gesunden Menschen (und somit den gesund lebenden Menschen) als ihren betriebswirtschaftlichen Feind begreifen muss. Und ich habe um etwas Respekt geworben in der Debatte, Menschen gegenüber, die einen unglaublichen Leidensweg in der Schuldmedizin bereits hinter sich haben, diesen Menschen nicht aus Unwissen über deren Schicksal heraus, die Hoffnung zu nehmen. In der Folge wurde ich mehrfach in den Diskussionen als „Ihr ( … Homöopathiebefürworter)“ bezeichnet. Soviel arrogante Trivialität ist mir in einer Diskussion lange nicht mehr begegnet!
Diskutierte man vornehmlich online, musste zwangsläufig die Vermutung greifen, dass radikale Homöopathiegegner eher unter 30 Jahre alt sind. Die Themen Schmerz und Krankheit, bis auf wenige persönliche Ausnahmen, noch nie persönlich ihren Horizont gestriffen haben. Sie ein iPhone besitzen und blauäugig wissenschaftlich zahlenhörig sind. Nur: so einfach wie Zahlenstrukturen funktioniert leider kein kranker Mensch.
Dann diese Woche der zweite Versuch in der Spardiskussion die nächsten Kostenverursacher an den Pranger stellen zu wollen. Da hat man dann mal echte Zahlen (echt im Sinne von hoher Relevanz im Vergleich) herangezogen. Haben die Homöopathiegegner kurz zuvor demonstriert, wie leidenschaftlich eine Patientengruppe als dämlich abgestempelt gebrandmarkt, bekämpft oder aussortiert gehört in unserem System – wenn sie nur überhaupt Kosten verursachen: 19 Milliarden kosten die Dicken uns, den Beitragszahlern, war zu lesen!
Man kann die Nullen von 9 Millionen im Vergleich zu 19 Milliarden zählen und nachdenken. Aber diese Dicken-Diskussion (so verwerflich ich sie fände) wird nun in den Medien deutlich weniger intensiv vorangetrieben als zuvor die zu der kleinen Gruppe alternativ denkenden (meist erstaunlich gesund lebenden) Homöopathiegläubiger. Warum? Weil 19 Milliarden für die Industrie ein viel zu großer und ungemein relevanter Geschäftsmarkt ist. Bei dem übrigens die Folgekosten, die die Patienten verursachen, die zeitlebens versuchen auf bequeme Art und Weise Gewicht zu reduzieren und dieses mit den chemischen Handwerkzeugen einer Pharmaindustrie tun, tatsächlich überhaupt nicht beziffert werden können. Und Diätmedikamente funktionieren nur in dem sie in den Stoffwechsel eingreifen. Stoffwechselerkrankung. Habt Ihr eine Idee was für eine Magie in dieser Diagnose für die Unternehmen der Pharmaindustrie liegt?
Und so könnte man in jedes Thema, das der deutsche Patient bietet, reingreifen und überall den zahlenden Patienten als Ursache für sein eigenes Schicksal ausmachen. Das wird künftig auch geschehen unter dem heeren Mantel der Kosteneinsparung und das Fass dafür, die Legitimierung dafür haben genau dieses Jahr die Homöopathiegegner aufgemacht. Ehrlich für so viel Blindheit und Ahnungslosigkeit verachte ich Euch. Ihr habt Patienten in diesem Land damit geschadet. Ihr habt den Ball nur wieder der Industrie zugespielt.
Aber keine Sorge, das Thema Dicke und ihre Kosten wird zumindest nicht weiter medial in gleicher Vehemenz verfolgt werden. Schon gar nicht außerhalb des Sommerloches. Macht Euch den Spaß und streicht alle Anzeigen die Medikamente bewerben in Euren Tageszeitungen oder sonstigen Druckerzeugnissen durch. Soviel Leerstand von Anzeigenfläche verkraftet kein Verlag. Das Thema ist durch. Die Pharmaindustrie ist nämlich keine mit der man sich anlegt.
Es ärgert mich, dass Homöopathiegegner sofort auf die Straße gegen würden und gegen die paar wenigen Befürworter demonstrieren würden, um lächerliche 9 Millionen zu sparen aber gleichfalls nicht den Arsch hoch kriegen in einer Zeit, in der die sozial ungerechteste Gesundheitsreform verabschiedet wird, die vor allem mal wieder den geringer verdienenden Beitragszahler Milliarden kosten wird. Warum sie das nicht tun? Weil sie das System in der Gänze weder begreifen, noch es sie auch überhaupt interessiert. Die paar Esoteriker verbal verkloppen, das geht gerade noch.
Eine aktuelle Meldung aus der wundersamen Rappelkiste deutscher Gesundheitsreformen: Dem Tagesspiegel liegt ein SPD-Gutachten vor, das aussagt, abgesehen von der sozialen Ungerechtigkeit, dass Röslers Gesundheitsreform natürlich gegen unsere Verfassung verstößt.
Ansonsten möchte ich Euch den Tipp geben, dass es bei den Wohltat‘schen Buchhandlungen (Ich glaube, die gibt es aber nur in Berlin oder?) gerade das Buch von Sibylle Herbert „Diagnose: unbezahlbar – Aus der Praxis der Zweiklassenmedizin“ (Kiepenheuer & Witsch) für € 2,95 verkauft wird. Lesen! Vor allem wer das Gefühl hat, das Gesundheitssystem in Deutschland nicht mehr zu überblicken oder es verstehen zu können, kauft Euch dieses Buch. Ihr werdet Euch hinterher natürlich nicht besser fühlen. Aber Ihr werdet verstehen und im schlimmsten Falll hier und da in Erinnerung an das Gelesene Euer Recht einfordern wollen.
Oder vielleicht den Sinn darin erkennen für eine sinnvolle und gerechte Gesundheitsreform für Patienten und Beitragszahler auf die Straße gehen.
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Labels: große weite welt
2010-07-23
Melody
sagt Danke!
Ich wünsche der Familie sehr, dass mehr und mehr wieder ein schönerer Alltag Einzug in ihr völlig aus den Fugen geratenes Leben hält. Auf dem Spendenkonto von „Abgebrannt – wir helfen!“ sind € 20.118,52 in nur zwei Wochen zusammen gekommen. Ob auch die Spenden der ersten Tage, die noch auf ein Konto von Oliver geflossen sind, in dieser Summe ebenfalls stecken, weiß ich nicht.
Es war Eure Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit, die diese Hilfe für Carolas Hilfe möglich gemacht hat. Dafür sage ich auch selber herzlichen Dank! Und dieser Dank richtet sich nicht nur an diejenigen, die Geld oder Material geben konnten. Jeder gute Gedanke, jede Idee für tatkräftige Hilfe, jede Mail mit Hinweis auf Rechtsbeistand, jede noch so kleine Mühe, jeder der vor Ort anpacken konnte und es getan hat, alles war wichtig: Danke!
Carola hat gebeten, die Spendenaktion jetzt zu stoppen. Wir haben der Familie ermöglicht, kurzfristig für sich eine neue kleine Existenz zu realisieren. Den Rest werden sie mit viel Geduld bewerkstelligen. Diese Woche twitterte Carola
„Der zuständige Sachbearbeiter bei der Kripo ist 4 Wochen im Urlaub, so lange geht es nicht weiter (Ermittlungen, Freigaben etc.)“
„Die polizeilichen Ermittlungen müssen warten, bis der zuständige Beamte aus dem Urlaub zurück ist (16. August, wenn ich richtig verstand.)“
„Versicherung reagiert erst nach Abschluss: "daher ... zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen zur Ersatzpflicht oder Zahlungen möglich."
Ein Beispiel für die kleinen Katastrophen in der großen Katastrophe, die alles ein bisschen schwerer machen als zwingend notwendig!
at 10:42 0 comments
Labels: blogfreaks