2024-07-18

Die Swiftsche Taylor

Da spielt sie nun auch in Deutschland, die Göttin des Pops. Die Frau, die die Madonnas, Britneys und Christinas dieser Welt längst hinter sich gelassen hat. In Gelsenkirchen.

Warum ruft Erfolg bei uns deutschen Menschen immer zur Spaltung auf? Wie oft ich in diesen Tagen in den Sozialen Medien lesen durfe, ob „XYZ” die einzige (postende) Person sei, die noch nie einen Song von Taylor Swift gehört habe? Um in nächsten Satz beiläufig etwas Negatives über eine Künstlerin zu schreiben, von der man angeblich noch nie gehört haben will.

Was eh so absurd albern ist, denn dieser Frau und ihren Songs entkommt man nicht. Schon seit ihrem ersten Hit, ihrer „Love Story” in der sie sich textlich elegant (für ihr damaliges Alter) an Romeo und Julia bediente. Das Lied hatte in Deutschland Platin-Status erreicht – will sagen, wer Radio hört oder in Supermärkten oder sonstigen Geschäften mit Musikberieselung einkauft, kennt Songs von Taylor Swift. Die Swift hört man, ob man will oder nicht. Genauso wie man an Michael Jackson, Prince oder George Michael nie vorbei kam. Also bitte Leute, macht euch nicht lächerlich mit solchen Behauptungen! Das funktioniert allenfalls, solltet ihr die letzten 15 Jahre in einem Erdloch ohne Funkempfang gewohnt haben.

Aber ich kenne das Swift-Phänomen der Menschen, die ihre Musik nicht bewusst hören – aus welchen nachvollziehbaren Gründen auch immer. Beschäftigt man sich einmal näher mit ihr – mir ist das neulich auf Instagram passiert, als ich versehentlich ein Reel mit ihr klickte – dann weiß man, dass man viel mehr von Taylor Swift gehört hat, als man es sich je vorstellen könnte. Die Swift ist wie Beethovens Neunte. Die kennt man auch lange Zeit schon, bevor einem der Musikunterricht in der Oberstufe das Leben und Schaffen des Komponisten dieses Werkes inhaltlich nahebringt.

Das Gleiche ist mir übrigens neulich mit Harry Styles passiert. Gleicher Zugang, von den Yellow Medien her kenne ich den jungen Mann natürlich, weil er einfach das krudeste Zeug sich auf den Körper zieht, sehr oft darin interessant gut aussieht – und mir damit viel Freude bringt. Aber seine Musik? Und dann hatte ich neulich dieses: „Ach, der Song ist von Styles? Der auch? Ach guck an, der also auch!” Mein direkten bewussten Zugang zu Styles Musik hatte ich estmals mit „As it was” – ich kannte bis dahin also jeden Hit von Styles ohne zu wissen, dass die von dem Ex-Boybandler stammten. Was ich im Nachhinein eigentlich ganz schade finde.

Taylor Swift macht also Musik. Mainstreamigen Pop und damit offensichtlich sehr viele Menschen auf diesem Planeten glücklich. Wie wunderschön ist das denn? Zudem ist sie das Itigste It-Girl, das man sich überhaupt vorstellen könnte – ohne ein It-Girl zu sein. Wo Madonna zu klein ist vom Körperwuchs her, ist die Swift zu groß. Wo Britney in all ihrer Bürgerlichkeit den Vamp geben musste, lässt die Swift es lieber gleich bleiben. Bühnenpräsenz in Tanznummern erledigt sie mit staksiger Bravour, die ahnen lassen, dass ihre Talente vielleicht doch woanders liegen. Sie ist gefällig im Look, signalisiert aber immer mit einer Nonchalance, dass sie echt andere Dinge zu tun hat, als sich die Lippen aufpumpen zu lassen. Sie sieht jenseits der Bühnenklamotte üblich normal aus – und die sie mir sehr sympathische machende Realität, dass sie Katzen (und sonstiges Geviech) mag, ist mir auf Insta auch mehr als einmal vorgeschlagen worden.

Was ich an Taylor Swift völlig abgefahren finde (gut, daran ist ihr Management schuld), dass sie jetzt drei Konzerte in Gelsenkirchen spielt.

Gelsenkirchen.

Das Mekka der deutschen Unbekanntheit – so unsichtbar, dass man Bielefeld dagegen als die Hochburg der Neonleuchten beschreiben würde. Halb Gelsenkirchen scheint nur aus einer überdimensionierten Sportarena zu bestehen. Und dennoch oder deswegen: Nach Gelsenkirchen wird dieser Tage gepilgert als würden dort drei Ex-Päpste gleichzeitig exhumiert. Berlin kann abdanken – Gelsenkirchen is the place to be. Und ich finde es so unfassbar entzückend!

Genauso entzückend, wie ich Taylor Swift als Person großartig finde, seit sie sich dazu entschlossen hat, eine Meinung zu haben und mit dieser nicht hinterm Berg hält. Eine Meinung dazu, wie absurd rückständig Frauen im Show- (oder sonstigen) Berufsleben behandelt werden, eine Meinung zu Feminismus, eine Meinung dazu, dass man ständig ihre Ex-Beziehungen aufzählt (mit wie vielen Frauen/Männern hatte Harry Styles eine Beziehung?) eine musikalische Meinung zu Ex-Typen, die dieser Frau selten gewachsen waren, eine Meinung zu den üblichen Themen, wie Tierschutz, Umwelt und Klimathemen – und eine klare Meinung zu den Republikanern und Donald Trump. Und offensichtlich scheint sie eine ziemlich kluge Vorstellung zu haben, was sie mit ihrem hart verdienten Geld anstellen will. Und eine klare Idee, wer ihr dieses Geld in die Kassen spielt.

Stundenlang könnte ich Interviews mit der Swift sehen – vorausgesetzt ihre Interview-Partner sind ihr auch nur halbwegs gewachsen, was leider keine Selbstverständlichkeit ist. Merkt man übrigens auch den vielen Artikeln an, die über Taylor Swift geschrieben werden. Natürlich ist ihre Musik seichter Pop, wenn man lieber Gabba oder Independent-Rock hört. Aber das, was die Taylor sagt, darin liegt sehr oft verdammt viel Wahrheit und Schönheit. Alleine ihre Größe in solchen Gesprächen auch ihre Emotionen, Wut oder Trauer zu zeigen – als Mensch. Neben ihrer sichtlich existierenden Intelligenz. Das ist etwas, was sie der einstigen Pop-Göttin Madonna wirklich voraus hat: Sie ist ganz nebenbei ein Mensch. Irgendwie anfassbar. Zumindest gefühlt nahbar. In einer jede und jeden zerfleischenden Öffentlichkeit, die zu gerne keine Fehler verzeihen möchte. Was für eine Grandessa!

Hört dieser Frau zu, von ihr kann man lernen – und das sage ich als Frau, die doppelt so alt ist, wie Taylor Swift. Um bei dem ungelenkten Wort „agism” zu bleiben, das Charlotte Brandi in ihrem launigen Artikel beim Rolling Stone zum gestrigen ersten Konzert in Deutschland verwendet hat.

Es muss wahnsinnig anstrengend sein, mit Vorurteilen in ein Konzert zu gehen und es mit den gleichen Vorurteilen zu verlassen und darüber zu schreiben, während 59.999 Menschen (nicht jeder davon wird Fan gewesen sein, sondern nur Begleitperson) einfach großen Spaß hatten mit der Swift und ihrer Popmusik.

2024-07-17

Oh ha!

Ich habe gerade erstmals registriert (und leider auch inhaltlich verstanden), dass Dr. Angela Merkel lediglich elf Jahre älter ist als ich.

Das haut mich gerade etwas um, weil ich die immer um mindestens 30 Jahre älter hielt als ich es bin.

Und dass jetzt Helden, R.P.S. Lanrue von z. B. Ton Steine Scherben sterben, nicht durch Unfälle, Drogen oder was auch immer, sondern aufgrund von Krankheiten in einem Alter, in dem man hierzulande durchschnittlich oft auch ohne Krankheit verstirbt. Das macht es nun auch nicht besser.

DJ Tomcraft ist auch tot. Gestorben mit 49 Jahren, ein DJ-Kollege schreibt, er hätte neulich noch mit ihm telefoniert, da ging es ihm ganz gut – er hätte sich gerade von einer Grippe erholt.

Grippe. Mal was anderes, wir haben gerade in Gesamtdeutschland eine Covid-Sommerwelle am Start, die Zahlen gehen überall ab wie Schmitz' Katze. Tragt Masken, testet euch bei Infekten. (Ja, die Discounter haben wieder Testkits.) Bleibt zu Hause mit Infekten. Achtet auf euch. Macht nicht zu früh nach einem Infekt Sport. Bei einer Covid-Infektion sind sechs Woche Sportpause medizinisch empfohlen. Der Mist ist nicht vorbei. Und dass uns junge, eigentlich junge Menschen – vor allem Männer – mit Herzstillständen überdurchschnittlich oft wegsterben, das hat einen Grund. Und Mondprotuberanzen sind das nicht.

2024-07-16

Der Jumpsuit

Mir ist neulich, kleidungstechnisch, ein Jumpsuit zugelaufen.

Geburtstechnisch ist das für mich die Jumpsuit-Wwelle 2.0. Oder ist es nicht sogar schon die dritte Welle? Wir hatten ja damals nichts, das ist bekannt. Aber wir hatten Latzhosen, die wir – rein modetechnisch gesehen – getragen haben, ohne je einen Pinsel noch Hammer in der Hand gehabt zu haben. Und auch sehr gerne, um unsere kultigen, großbritannischen NewWave-Einflüsse zu unterstreichen, nur mit dem Schultergurt über eine einzige Schulter getragen.

Es gibt wenige Kleidungsstücke, denen ich heute noch so sehr ver- und zutraue, wie Latzhosen!

Direkt schlossen sich dann die Jumpsuits an. Das war noch vor den zarten Jacken aus Ballonseide, die sehr viel von ihrem haptischen Charme verloren hatten, sobald man sie einmal gewaschen hatte. (Mütter haben damals unautorisiert gewaschen, es war schlimm!)

Ich meine mich zu erinnern, dass es zwischenzeitlich in meinem langen Leben nochmals einen kurzen Moment der Jumpsuits gab – aber nun sind sie spätestens seit dem letzten Jahr wieder voll da. So schön! Nicht wirklich sexy aber einfach traghaft schön. Und weil ich altersgemäß modisch jetzt entspannt etwas hinterher hängen kann, bin ich in diesem Jahr wieder voll im Plan.

Ich habe also wieder einen. Guter schwarzer Jersey, der auch zwei Wäschen überstehen wird. Top in Wickeloptik, Gürtel. Und von Anfang an angenehm hochwässerig, was bei solchen Modeexperimenten bei meiner Körperlänge immer schon ein Problem war. Diese Dinger sind bei mir immer (!) im Hochwasserstyle, da passt mir das als modisches must have-Event ganz nett.

Jumpsuits sind toll! Anziehen, wohlfühlen. Das Anziehen benötigt etwas körperliche Flexibiliät im oberen Körperbeich – was in meinem Alter, wenn es denn noch geht, eine gerne genommene Bestätigug noch existierender körperlicher Fähigkeit bedeutet. Das tut dem mentalen Ich doch auch gut!

Also alles schick.

Solange bis es 30 Grad Celsius draußen sind.
Und man aus logischen Gründen etwas schwitzt.
Und dann sehr nötig auf die Toilette gehen möchte bzw. muss.

Dann isses nur noch geht so schick. *Voll im Stress gesendet*

2024-07-15

LOST – In Italian Cheese!

LOST – Looking For The Sustainability Of Taste in Europe – ist eine von der EU geförderte Kooperation (Enjoy it’s from Europe) von acht italienischen Schutzkonsortien, die auf sehr traditionelle Weise Käse produzieren und es weiterhin tun möchten – unabhängig der nicht immer sinnvollen Regularien innerhalb der Europäischen Union. Gute Nachrichten, innerhalb der EU sind früher in den Auflagen gemachte Fehler, die gerade den kleinen traditionelle Betrieben das Überleben sehr schwer gemacht haben, erkannt worden. Heute unterstützt sie die Produzenten heimischer Produkte, um sie auch überregional bekannter zu machen und deren historische Produktvielfalt im Erhalt zu sichern.
Formaggio di Pecorino, Parmiggiana, Gran Padano, Gorgonzola, Taleggio oder Mozzarella und Burrata. Alles gängige Käsesorten, die wir hierzulande in jeder halbwegs gut sortierten Käsetheke im Supermarkt vorfinden. Aber habt ihr schon einmal etwas von Murazzano, Ossolano, Roccaverano, Strachítunt, Puzzone di Moena, Vastedda della Valle del Belice, Provolone del Monaco gehört? Oder sie gar kosten dürfen?

Historische Käsesorten aus Italien – mit geschützter Ursprungsbezeichnung

Sie alle entstammen teils größeren, teils sehr kleinen Regionen Italiens. Acht Käse aus fünf Gebieten Italiens, die unterschiedlicher kaum sein können. Traumhafte Landschaften, Respekt und die Rückbesinnung auf die enge Beziehung zur Natur, begleitet von Geschichte und Tradition. Sie werden unter dem Anspruch der Nachhaltigkeit produziert, endemische Tierrassen werden in ihrer Vielfalt geschützt – und werten das Erbe jeder einzelnen Region auf, ihre natürlichen Ressourcen und Kultur ihrer Käse. Kurz: Es sind alles Käsesorten, die mit hohem traditionellem Anspruch und nur in einer bestimmten Region produziert werden und daher mit dem Denominazione d’Origine Protetta-Siegel – kurz: DOP – zertifiziert sind. Immer an dem rot-gelben Signet der geschützten Ursprungsbezeichnung der Europäischen Union zu erkennen. Und einige davon stelle ich euch nun vor:

Murrazano DOP aus dem Piemont

Es geht hier nicht alleine nur um die Herkunft. Wenn Käse aus einer bestimmten Region stammt, bedeutet das so viel mehr. Es bedeutet zum Beispiel, dass die Milch für einen Käse von einer ganz bestimmten Tierrasse nur produziert werden kann – und somit gerade diese Rasse unter besonderem Schutz zu stellen ist. Oder Landschaften durch Beweidung erhalten werden müssen.

Ein Beispiel hierfür ist der Murazzano DOP aus dem nordwestlichen Teil des Piemont. Dieser vollfette Frischkäse muss zu einem Mindestanteil aus Schafsmilch der Rasse Langa, alternativ mit einem Mindestanteil von 60 % derer Milch und maximal 40 % Kuhmilch hergestellt werden. Und diese Schafe gibt es heute kaum noch; ihr Bestand ist von über vierzigtausend Tieren im Jahr 1960 auf heute nur noch zweitausend Tiere geschrumpft!
Wenn diese Rasse stirbt, stirbt auch dieser Käse – der Angriff durch Überregulierung innerhalb der EU und durch große Produzenten auf unsere Produktvielfalt in der EU wird so sehr deutlich! Das große Geld winkt wohl nicht, wenn man sich der Produktion eines solchen heutigen Nischenproduktes verschreibt. Und dennoch gibt es heute noch in der Region Alta Langa 50 Gemeinden, wie Bossolasco, Serrvavalle und Somano, Käseproduzenten, die an ihren Langa-Schafen festhalten und für den Erhalt dieser Rasse kämfpen. Um weiterhin diesen einen Käse zu produzieren, wie ihre Vorfahren. Einen Käse, von dem erzählt wird, dass er mit seinem zarten Geschmack und würzigen Noten den Teufel dazu brachte, sich in eine Krähe zu verwandeln – nur um diesen Murazzano DOP zu stehen und mit in die Hölle nehmen zu können.


Strachítunt DOP aus der Lombardei

Reisen wir weiter in die Lombardei Italiens, in das Taleggio Tal. Von hier stammt der Strachítunt DOP, ein Käse, der fast in Vergessenheit geraten war. Ein Aristokrat unter den Käsearten – von neun mit dem DOP-Siegel ausgezeichneten Käse in der Region Bergamos. Er ist ein Blauschimmelkäse mit mindestens 75 Tagen Reifezeit, nachdem er mit einem morgendlichen und einem abendlichen Käsebruch hergestellt wird. Beide Brüche vermengen sich nicht perfekt – und in den Zwischenräumen bilden sich die Schimmelpilze, nachdem durch Einstechen einer Kupfernadel Luft in den Käse gebracht worden ist.
Und auch dieser Käse darf nur aus einer bestimmten Kuhrasse hergestellt werden, der Bruna Alpina-Kuh. Deren Futter muss zu 60 % aus Gras und Heu bestehen, das wiederum zu 90 % aus der Region stammen muss. Heute gibt es noch elf Erzeuger, die in den Gemeinden Taleggio, Vedeseta, Gerosa und Blello, den aromatischen, je nach Reifegrad tief pikant-würzigen Strachítunt herstellen.


Provolone del Monaco DOP

Kampanien – ein Name „Il Provolone del Monaco DOP” und seine Geschichte: Gingen früher die Käser aus vielen verschiedenen Orten der Halbinsel Sorrent und der Monti Lattari in Neapel an Land, waren sie in mehreren Schichten Sackleinen gehüllt, um sich vor der Kälte und Feuchtigkeit auf dem Meer zu schützen. Ihr Aussehen ähnelte dem der Mönche in ihren Kutten und so wurde der Käse, den sie auf den Märkten verkauften, im Volksmund zu dem Provolone der Mönche.
Sein Herstellungsprozess ist kompliziert: Die Rohmilch von maximal zwei Melkvorgängen der Agerolese Rinder (mit TGA-Kennzeichnung für „einheimische genetische Rasse”) werden mit Ziegenlab versetzt. Die hölzerene Sassa zwingt den Käsebruch auf die Größe sehr kleiner Körner, die blanchiert und anschließend geschleudert werden. Für das anschließende Drehen der Käsemasse braucht es mindestens zwei starke Personen. Sobald die Käsemasse die richtige Konsistenz erreicht hat, wird die typische Provolone-Form geformt und paarweise geschnürt und auf ein Metallgestell gehängt, wo sie bis zu 20 Tage bei Raumtemperatur trocknen. Danach reifen sie bei ca. 8-15 Grad Celsius in einem Raum, werden nach sechs Monaten in Salzlake getaucht und reifen 4-18 Monate in Käsekellern. Je dunkler seine Außenhaut – desto näher ist der Provolone del Monaco dem Alter der Mönche gekommen.

13 Gemeinden mit klangvollen Namen wie Casola di Napoli, Castellammare di Stabia, Lettere oder Piano di Sorrento züchten und schützen die vom Aussterben bedrohte Rinderrasse Agerolese heute in der Region und produzieren diesen aufwändigen Käse.


Vastedda della Valle del Belice DOP von Sizilien

Besuchen wir Sizilien. Von hier stammt nicht nur der älteste Käse Europas, der Pecorino Siciliano DOP, der O Picurinu, sondern auch der Vastedda della Valle del Belice DOP. Ein Schafskäse, der seine Existenz, einer kleinen Katastrophe verdankt. Im Vastedda della Valle del Belice lebt die Schafrasse Valle Del Belice auf offenen Weideflächen.

Einem alten Käser ist dessen Milch, die er in alten Schilfkörben aufbewahrte, in der Hitze sauer geworden. In seiner Verzweiflung tauchte er sie in heißes Wasser und der Käsebruch begann sich zu drehen und nahm den Körben entnommen seine charakteristische flache Fladenform an. Auch heute noch wird dieser Käse mit vielen einzelnen Arbeitsschritten und vor allem heute noch mit den historischen Werkzeugen – innerhalb der Familien weitergegeben – aus Holz über mehrere Tage produziert. Sie reichern mit ihrer Mikrobodenflora den Käse an. Abschließend wird er geschleudert, in Zöpfe geformt und in tiefe Schalen gelegt – und immer wieder gewendet, bis er seine seltene Form erhält.

Der Schleuderprozess wäscht aus dem Käse viel Fett – aber 35 % muss seine Trockenmasse mindestens davon enthalten. Der Vastedda della Valle del Belice DOP hat einen frischen, leicht süßen Geschmack und hat einen höheren Proteingehalt als andere Käsesorten; er ist leicht verdaulich und wird jung gegessen.
Viele dieser Käsesorten durfte ich in diesem Jahr anlässlich des Italian Cheese Day kosten – und deren Produzenten kennenlernen, hier in Berlin. Acht unterschiedliche Käsesorten, denen man nicht überall begegnet, durften wir probieren. Die waren nicht nur sehr lecker, sondern teilweise auch völlig neue Käseentdeckungen für mich. Bonus-Freude: uns wurden auch köstliche italienische Weine angeboten – und ein Pasta-Buffet gab es obendrauf. Es war sehr spannend von den teilweise sehr jungen Produzent*innen deren Geschichte zu hören, dabei ihre Überzeugung zum Produkt und die Begeisterung zu erleben, mit der sie die Tradition der Tierhaltung besonderer – und meist leider vom Aussterben bedrohter – Tierrassen und das Käsen ihrer Familien fortführen.

Wir haben so wundervolle, vielfältige Traditionen in diesem, unserem Europa. Es gilt wirklich sie zu schützen und zu probieren – und im besten Fall beim Händler nachzufragen! Mehr Informationen über diese wundervolle Vielfalt alter italienischer Käsesorten aus unserem Europa findet ihr aufauf der Homepage Lost Cheese in Europe!

2024-07-14

Merz – Trumpesque und völlig losgelöst

Der Parteivorsitzende – und höchstwahrscheinlicher Kanzlerkandidat – der CDU, Friedrich Merz, ist neulich als Beisitzer mit einem Kampfjet der deutschen Bundeswehr geflogen. So ein Flug kostet über 110.000 Euro.

Befürworter von Merz finden das völlig in Ordnung, halten Kritikern entgegen, der Kampfjet wäre so oder so geflogen – dem Bundeswehretat wäre damit kein Schaden entstanden. Und diese Art von Symbolpolitik, nämlich Nähe zur maroden Bundeswehr zu demonstrieren, wäre womöglich sinnvoll (für Merz).

Ich sehe das anders.

Wir wissen, dass solche Flüge, Übungsflüge, mit zwei Piloten durchgeführt werden, Pilot und Co-Pilot. Bei Ausbildungsflügen, als solcher wurde dieser Flug lt. Bundeswehr und Etat eingestuft, hätte an dem Platz ein Pilot in Ausbildung gesessen. Dieser konnte dort nicht sitzen, sein Übungsflug fand nicht statt. Diesem Piloten fehlen also diese Übungsstunden, die muss er nachholen. Das verursacht Kosten. Mehrkosten. Mehrkosten, die vom Steuerzahler zu zahlen sind. In einer Behörde, deren Ministerium sich eh durch ihre Budgetierung quälen muss.

Bei einer Bundeswehr, die, nachdem sie über 15 Jahre von der CDU als regierende Partei in Grund und Boden schrottreif gespart worden ist – und somit nach dem Angriffskrieg von Putin gegen die Ukraine – mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden – durch fragwürdige Tricks des FDP-Bundesfinanzministers – ausgestattet werden musste. Und immer noch stöhnt, das würde nicht reichen.

Da finde ich das Vernichten von 110.000 Euro Steuergeldern zugunsten einiger Wahlfotos und persönlicher Freude eines Parteivorsitzenden, mehr als fragwürdig bis höchst skandalös. Den Topf des Umweltschadens möchte ich dabei gar nicht erst aufmachen. (Aber sehr ruhig Merz' Signale diesbezüglich!) Der Steuerzahler hat jedenfalls aufgrund des Verhaltens von Friedrich Merz keinerlei Vorteil von diesem Luftausflug eines Oppositionspolitikers – für den er aber bezahlen muss.

Das ist mehr als fragwürdig. Was hat diesen Kerl geritten?

Was mich an dieser Sache maximal ärgert ist, dass Friedrich Merz nur – also wirklich nur – der Vorsitzende einer Partei ist, die sich in der Opposition befindet, sich als Instrument eines Ministeriums bedient, dem er zu keiner Zeit vorsteht, noch weisungsbefugt ist. Das zuständige Verteidigungsministerium untersteht der SPD und somit als Minister Boris Pistorius. Und ich habe so meine Zweifel, dass der für einen solchen Spaßflug – in dieser Zeit – sein Einverständnis gegeben hätte.

Wo sind wir eigentlich gelandet? Friedrich Merz ist natürlich völlig klar, wem er hier mit seinem Handeln ans Bein pinkelt. Er demonstriert auch, wie er mit öffentlichen Geldern umgeht – nicht verantwortungsbewusst und schon gar nicht so sparsam. Jedenfalls legt er hier nicht die gleiche Sparsamkeit an den Tag, die er von den Menschen in diesem Land abverlangt, die aus unterschiedlichen Gründen keine Arbeit haben – oder arbeiten können.

Es ist absolut gerechtfertigt zu verlangen, dass Friedrich Merz die Kosten für seinen Spaßflug aus seiner eigenen Tasche bezahlt!

Und der Verantwortliche dieser Behörde bzw. Stützpunktes, der diesen Flug genehmigt hat und somit ziemlich unlauter Wahlkampfsupport zulasten der Steuerzahler abseits der üblicherweise fließenden Wahlkampfunterstützung von Parteien aus öffentlichen Mitteln genehmigt hatte, gehört mindestens degradiert. Irgendwo hört der Spaß einfach auf!

Friedrich Merz bleibt, meiner persönlichen Meinung nach, ein unfassbarer Tölpel in seinem politischen Bestreben nach Macht. Er wird immer drittklassig bleiben, wir erinnern uns, gewählt wurde er erst in seinem dritten Versuch. Politische Kompetenz, inhaltliche Feinfühligkeit und vor allem Respekt vor dem Wähler, sehe ich hier nicht bei diesem „Kandidaten”.

2024-07-13

Kicherbseneintopf – schnell und luxuriös

So vielfältig mittlerweile bei uns Kicherbsen auf den Tisch kommen, so wenig weiß man doch hierzulande über ihren Anbau. Sie braucht es richtig warm, um gut wachsen zu können – insofern kein Wunder, dass wir hierzulande die Pflanze der Kichererbse eher nicht erkennen werden. Wusstet ihr, dass es bis zu 45 unterschiedlichen Arten der Cicer gibt?

Ich habe heute einen unfassbar schnellen Kichererbsen-Eintopf für euch. Seine Zutaten kann man mit etwas Vorratshaltung immer im Haus haben. Alles andere liegt in der Gefriertruhe, frisch kaufe ich lediglich Cherrytomaten und Babyspinat.

Ich koche im Sommer seit Jahren mit guten Tomaten meine Passata selber ein. Gibt mir der Markt gute und aromatische Tomaten, kaufe ich eine Kiste und stelle sie zwei Tage mit Zwiebeln, Chili, Lorbeer, (viel) getrockneter Oregano, Salz und Pfeffer auf den Herd – für den Süße-/Säure-Ausgleich Zucker und Balsamico. Es bleibt übrigens bei mir alles an und in der Tomate: Schale und Kerne. Zwei Tage lang wird immer wieder auf- und eingekocht. Dann mit dem Pürierstab aufgemixt, abgeschmeckt – und heiß in saubere Gläser abgefüllt. Eingemacht wie Marmelade. Das ist kein großer Aufwand, passiert nebenbei und im Ergebnis ist sie nicht so fürchterlich süß, wie manche Tomatensoße aus dem Handel. Insofern habe ich Tomatensoße für eine schnelle Pasta immer im Haus.

Zutaten (für zwei Personen)

1 Dose Kichererbsen (abtropfen lassen)
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1 Chili
etwas Olivenöl

1 Glas Tomatenpassata (natürlich kann es auch eine Dose Tomatenpassata sein.)

1 Packung tiefgefrorene Gamba oder Frutti di mare, alternativ Tofuwürfel
150 Gramm tiefgefrorene Erbsen
eine Handvoll kleine Tomaten frisch

Babyspinat (er ist ja meist handelsüblich in einer Tüte abgepackt)

Salz
Pfeffer
Gewürz für Pasta all'Arrabbiata (alternativ: Oregano, Chilli oder Piment d'Espelette)
frischer Basilikum (Menge nach Gusto)


Zubereitung

Kicherbsen einige Zeit abtropfen lassen, das Glas mit der Passata öffnen, Zwiegeln und Knoblauch in kleine Würfel schneiden. Cherrytomaten waschen. Spinat (wenn notwendig). Den Rest (Gambas, Erbsen) aus dem Tiefkühler holen.

Das war es schon mit der Vorbereitung.

Jetzt stellt man die Pfanne auf und röstet mit wenig Öl (wenn überhaupt) die Kichererbsen an. Wenn sie etwas Farbe genommen haben, einen guten Schuss Olivenöl dazu geben und die Zwiebeln, Chili und den Knoblauch darin anschwitzen. Einen kleinen Bereich der Pfanne frei räumen für die Tomaten, die kann man auch sofort angehen lassen. Sobald diese etwas weicher sind, andrücken (z. B. mit dem Kartoffelstampfer oder Gabel. Das ist der Grund, warum ich sie nicht direkt unter die Kichererbsen gebe – Kichererbsenbrei woll'n wa nich'.
Jetzt die Tomatensoße angießen und die Gewürze dazu geben. Sobald das alles heiß ist, die Gambas oder Frutti di mare hinzugeben, darauf den Spinat und die Erbsen legen. Jetzt am Besten die Pfanne mit einem Deckel verschließen. Diese Zutaten sollen möglichst nur kurz noch kochen bzw. heiß gemacht werden. Die Gambas sollten nicht hart werden, der Spinat nicht zu zerfallen.
Kurz vor dem Anrichten den Basilikum darunter heben – er soll nicht mehr kochen. Auf einen tiefen Teller anrichten, etwas frisch gemahlenen Pfeffer darüber geben und einen kleinen Faden Olivenöl.

Keine Lust auf Italien? Dann lasst die Tomatensoße und die italienischen Gewürze weg und verwendet stattdessen 1 EL Currypaste (Farbe je nach gewünschtem Schärfegrad) und eine Dose Kokosmilch, sowie Thaibasilikum und Limette.

Das ist ein Essen, das in sieben Minuten auf dem Tisch stehen kann – und unglaublich lecker ist! Guten Appetit!

2024-07-12

Hier …

regnet es gerade in Strömen, seit Minuten. Guter intensiver Sommerregen.

Und irgendwo sitzt eine Amsel und singt. Trotzdem.

Einfach eine Tonne tiefe Bewunderung über diesen kleinen optimistischen Vogel auskippen.