
Ihr könnt euch also vorstellen, wie begeistert ich über die Aussicht war, dass während der Reise nach Ravenna ein Ausflug nicht nur nach Cervia in die Stadt des Salzes geplant war, sondern vor allem ein Ausflug in die dazu gehörigen Salinen! Hier ermöglicht ein Verein interessierten Besuchern das Begehen der historischen Salinen.
Es war für mich nicht nur ein sehr lehrreicher, sondern ungemein charmanter und friedlicher Ausflug. Zwar waren die Felder zu dieser Jahreszeit bereits abgeerntet, die regenfreie Saison ist spätestens im Oktober vorüber, da muss das Salz eingebracht sein. Aber der Aufenthalt hier war wunderschön und ich kann ihn nicht nur Salz-Enthusiasten empfehlen. Weite, Farbspiele, Ruhe und in der Weite unendlich viele Flamingos, beim richtigen Sonnenstand ist diese Landschaft in so schönes Licht getaucht! Und: Ornithologen kommen hier sehr auf ihre Kosten.

Warum ist Sale di Cervia so besonders?
Nun – es ist das „Il Sale dei Pape”! Ist in Ländern mit Monarchien das beste Prädikat, das ein Produzent bekommen kann, Hoflieferung zu sein, ist es hier der Vatikan. Italien halt. Wer Salz verschenkt in Italien, wünscht der/dem Beschenkten übrigens Glück und Wohlstand.


Ach ja: Für alle, die sich, wie ich, in Physik lieber unten im Schulfoyer einen heißen Kakao gezogen haben: Baumé ist die altertümliche Grad-Einteilung des Beaumé-Ärometer zur Dichtebestimmung nach Antoine Baumé benannt. Wird heute nur noch in der Nahrungsmittelindustrie verwendet.
Abgepackt wird Sale di Cervia in zwei Varianten: Grosso (grob) in der blauen Verpackung und in der roten Verpackung in Medio Fine (mittelfein). Üblicherweise kann man das Kilo in Plastikverpackungen verpackt einkaufen. Es gibt aber auch die netten Geschenkverpackungen in den Jutesäckchen mit meist weniger Inhalt für – Überraschung – mehr Geld. Wer gerade nicht in der Emilia Romagna weilt, diverse italienische Onlineshops haben es mittlerweile im Sortiment, das große A. sowieso. Ich empfehle Medio Fine, es ist noch ausreichend strukturiert, um auf dem Steak sichtbar zu sein.
Das „Sale dei Pape” ist übrigens 2004 als Slow-Food-Produkt anerkannt!
Die Historie der Salinen di Cervia
Allererste Erwähnung in Dokumenten stammen aus dem 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. Sie beschreiben erstmals die Bedeutung des Ficolense-Gebietes. Das Gebiet der Salinen direkt in der Nähe der Küstenlinie, liegt heute gut zwei Kilometer von der Adria entfernt. Dünen und Schwemmland und sehr lehmhaltiger Boden trennten das Meer von der Staatsstraße „Adriatica” und hier entdeckte man zur Zeit der Römer, dass sich die im Sommer absetzende glitzerne Substanz gleichzeitig sehr würzig schmeckte.

„Weißes Gold” nannte man damals das Produkt aus dem Meer und die Region, die es schöpfen konnte, galt als reiche Region und war dementsprechend hart umkämpft bis in das 20. Jahrhundert. Cervia unterstand in den Jahren den Herschafften der Da Polenta (1285-1371), der streiwütigen Malatesta (1383-1463), der damaligen Republik Venedig und die Kirche wollen wir auch nicht außer Acht lassen. Der Kirchenstaat verdiente sehr gut am Salz bis zur Vereinigung Italiens, dann traten die Salinen in den Besitz des Staates über.
1959 wurde die Art der Salzproduktion industrialisiert. Die ehemals 148 kleineren Salinenbecken, die von Hand und mit Geräten wie Ghévar, Forabus und Cariòl im Dialekt genannt beerntet wurden, legte man zusammen und sie wurden nach der sogenannten französischen Methode nur noch einmal im Jahr mit großen Gerätschaften geerntet. Die Handkarren wurden durch einen kleinen Zug ersetzt, Arbeitskräfte spezialisiert, anderen dagegen eingespart – das übliche Dilemma.

Gegen das Vorhaben, die Salinen nun endgültig zu schließen, liefen die Cervianer Sturm und engagierten sich für den Erhalt des Gebietes, in dem Wunsch, die wichtigen ökologischen Aspekte ihrer Region zu erhalten. Aber vor allem kämpften sie dagegen, dass man ihnen die historisch gewachsene Identität und Geschichte nehmen wollte. Man entwickelte Konzepte, die Salinen zu erhalten und in ein Projekt zu überführen, das ihren naturalistischen, ökologischen und auch didaktischen Wert in die Zukunft hinein sichern sollte. Dass nebenbei die Region um Cervia auch immer mehr für den Tourismus interessant wurde, spielte hier natürlich mit hinein.
2003 trat der italienische Staat die Verwaltung des Gebietes an die Gruppo Culturale Civiltà Salinara ab und erlaubt ihren (oft ehrenamtlichen) Mitarbeitern in geregelter Menge das Salz di Cervia zu schöpfen. Und auch weiterhin Schlamm und Meerwasser für die Thermalbäder abzuführen.
Saline Camillone
Das Gebiet der Saline 89 von den insgesamt 148 Salinen – bevor es zu ihrer Zusammenlegung kam – ist heute die Saline Camillone. Sie ist das Add-on zu dem Museo del Sale, MUSA, in Cervia und wird vom Kulturverein mithilfe vieler engagierter ehrenamtlicher Mitarbeiter bestellt. Es ist ausgerechnet die Saline, die von allem am schwierigsten zu beernten ist, heute das Freiluft-Museum vom MUSA.




Nach historischem Vorbild Salz ernten!
Die Arbeiter schöpfen hier noch barfuß bzw. in Badelatschen und tatsächlich ausschließlich von Hand. Sie arbeiten mit den alten Gerätschaften, die ich schon in dem Blogpost zum Museum zeigte, und tragen die Ernte in Holzkörben zur Sammelstelle. In der Erntezeit Mitte Juni bis Mitte September kann man sich am Besucherzentrum anmelden und wird in Gruppen mit einem Salzarbeiter auf die Saline geführt, wo die Salzproduktion genau erklärt wird.



via Salara
48015 Cervia (RA)
musa@comunecervia.it
web: Salina Camillone
Musea Del Sale Di Cervia
via Nazario Sauro, 24
48015 Cervia (RA)
musa@comunecervia.it
web: MUSA
Cervia – Vielfalt an der Adria
Ravenna – einfach köstlich!
Die Sehenswürdigkeiten von Classe
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