2022-08-25

Ganymed Brasserie – Paris an der Spree

Frankreichreisende, die Fisch lieben, werden sie immer in ihrem Gedächtnis tragen! Die Krönung eines jeden Fischmenüs: Hohe Etageren mit Eis bestückt auf denen frischeste Meeresfrüchte, im Süden Frankreichs oft sogar noch lebendig serviert werden. Schnecken, Austern, Garnelen – dazu eine sanfte Rotweinvinaigrette mit feinen Schalottenwürfeln oder eine Rouille. Baguette. Und im Glas ein kühler Sancerre. Himmlisch!

Ich habe schon immer gesagt, dass Berlin am Meer liegt. Und tatsächlich haben wir hier in Berlin auch das Glück so köstlich maritim-französisch verwöhnt zu werden. Nicht an der Seine, noch an der Côte d’Azur – die Spree kann das auch: In der Ganymed Brasserie am Schiffbauerdamm 6.

Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Denn davon abgesehen, dass ich gerne ins Berliner Ensemble gehe, habe ich diese Ecke Berlins – genauer gesagt – die Gastronomie dieser Ecke Berlins als Touristen-Meile abgetan und freundlich ignoriert. Ziemlich genau von der Sekunde an als dort die „Ständige Vertretung” öffnete. Ich glaube, wir Berliner waren in der Akzeptanz der Wiedervereinigung von Ost und West deutlich tolerant-offener und schneller als in der Zusammenfügung von Bonn und Berlin. Ersteres halt mit Leidenschaft – letzteres nicht immer ganz grundlos.


Beinahe 100 Jahre Ganymed
Dabei gilt das Ganymed als eines der ältesten Restaurants Berlins, ist also kein Ort, der sich einfach so einvernehmen ließe. In dem Eckhaus am Schiffbauerdamm kehrten schon seit dem 19. Jahrhundert die Fischer der Spree und Schiffbauer der an den Ufern angesiedelten Werften ein. Zwischenzeitlich auch als Bankhaus genutzt, bekam 1931 das neu eröffnete Restaurant seinen Namen Ganymed und öffnete seine Türen für Menschen mit Geld und Ansehen. So gingen nun Bankkaufleute, damit auch die politische und alliierte Elite ein und aus. Unisono Vertreter der erfolgreichen Kunstszene, beispielsweise Bertold Brecht, Helene Weigel oder Heiner Müller fühlten sich wohl im so damals beworbenen Weinrestaurant mit Weltniveau.

In den Jahren nach dem Mauerfall war es still in den Wänden, die so viel Geschichte schon erlebt haben. Bis 1996 das Restaurant restauriert und 2005 als Ganymed Brasserie wiedereröffnet wurde und sich im Interieur als auch auf der Karte sowieso aber auch mit dem internationalen Charme der Servicekräfte herrlich frankophil gibt. In den Innenräumen teilen sich die Gäste eine lange Polsterbank entlang der Wand und das Mobiliar erinnert wirklich an französischen Chic der Pariser Brasserien.


Hier begrüßen Gastgeber!
Unterhalb der Terrasse auf Höhe des Ganymeds entspringt die Panke in die Spree. Ein kleiner Zufluss, von dem meisten Besuchern gänzlich unbemerkt, würden im Ganymed nicht illustre Gastgeber wie André Stockhausen arbeiten. Ja, Gastgeber! In der Ganymed Brasserie begrüßen ebensolche und das wirkt sehr charmant. Stockhausen ist auch privat begeistert von der Geschichte seiner Arbeitsstätte und weiß sehr viel Historie über das Etablissement zu berichten. Und von den Menschen, die ihm die Geschichten der früheren Jahre erzählt haben. Er also macht uns auf den Zufluss der Panke überhaupt erst aufmerksam. Ein Bildungsessen, wie großartig!
Zuvor werden wir von einem anderen Gastgeber, einem Berliner Original mit französischen Wurzeln, wirklich sehr herzlich (!) bei Austern und Sancerre begrüßt: Patrick Willems ist ein in Berlin sehr bekanntes Gesicht der Gastroszene. Der heute 74-jährige Franzose begann seinen beruflichen Werdegang in der Hotellerie, wechselte später als Restaurantleiter in die Paris Bar und schrieb die Geschichte dieser legendären Bar mit. Auch wenn er zwischenzeitlich zurück ins Hotelfach ging, ließ er sich erneut von der Paris Bar für eine zweite lange Amtszeit verpflichten. Willems ist ganz sicher ein Grund für den langjährigen Erfolg der Paris Bar in Charlottenburg und es war durchaus ein Coup magistral von Michael Pankow, sich Patrick Willems 2009 ins Haus zu holen. Er begrüßt die Gäste meist am Wochenende während André Stockhausen in der Woche die Geschichte des Hauses lehrt und dabei die französischen Köstlichkeiten serviert!


Größte Sommerterrasse Berlins
Ach, ich gehöre zu den Menschen, die Austern lieben! Und gekühlte frische Crevetten? Teile ich sonst höchstens mit Shiina! Fisch und Meeresfrüchte sind in allen Variationen mein Ding! Ich bin also absolut am richtigen Platz an diesem heißen Juli-Abend hier an der Spree! Der heutige Inhaber der Ganymed Brasserie, Michael Pankow, nennt auch das eine Hausnummer weiter liegende „Brechts Steakhaus” sein eigen, hat sich – im Zuge der Pandemie – mit den Inhabern der anderen am Schiffbauerdamm ansässigen Gastronomie zusammengetan und so spricht er heute selbstbewusst von der größten Sommerterrasse Berlins auf der er uns empfängt. Tatsächlich gibt es in Berlin gerade zur Sommerzeit kaum einen Platz am Wasser, der einen so mondän nach „Hauptstadt” fühlen lässt. Trotz der 180 Außenplätze und 130 Innenplätze ist eine Reservierung in der Ganymed Brasserie zu empfehlen, denn das Restaurant ist inzwischen wieder beliebter Tummelplatz der Berliner Kunst-, Kultur- und Politikszene.


Kernkompetenz: Fisch und Meeresfrüchte

Der Berliner Sommer auf dieser großen Sommerterrasse ist zauberhaft zu uns und wir genießen in fröhlicher Runde zur Begrüßung, wie geschrieben, wundervolle Austern „Fine de Claire”, Crevetten rosé und spritzige Getränke und sind schon allerbester Laune als wir an den eingedeckten Tisch am Wasser gebeten werden. Wer es uns einmal nachtun möchte, bestellt sich diese Köstlichkeiten zusammen als „Platte Classique” mit 4 Fine de Claire, 6 Garnelen, 6 Crevetten rosé, Zitrone und Vinaigrette für € 45,—/Person.

Ehrlich – wie wundervoll ist es doch mit reizenden Menschen sich gemeinsam an einem Tisch die Suppe zu teilen? Und damit meine ich wirklich: teilen! Das ist so etwas, das gibt in der deutschen Gastronomie leider viel zu selten. Dabei ist es doch so ein Geschenk, sich gemeinsam ein Mahl zu teilen, die hohe Kunst wirklich gemeinsam zu speisen. Kann es ein schöneres Zeichen der gemeinsamen Wertschätzung geben?
Wir tun genau das an diesem Abend, die Safrane-Bouillabaise wird in der Ganymed Brasserie ab zwei (bis zehn) Personen serviert und uns in den rustikalen schönen LeCreuset-Kochtöpfen auf den Tisch gestellt und von dem Gastgeber in unsere Teller eigeschenkt. Zander, Lachs, Pulpo, Kabeljau und Garnele mit Croûtons und Rouille. Der Fisch kommt hier übrigens frisch angeliefert direkt aus der Bretagne. Eine wundervolle Haupt- oder wie hier: Vorspeise!


Michael Pankow: Visionärer Ausbilder
Apropos eingeschenkt, der Service in der Ganymed Brasserie ist charmant, schnell und erfüllt uns jeden Wunsch. Gutes Servicepersonal in dieser Zeit zu finden und zu halten, ist ein viel diskutiertes Thema in der Branche. Auch an den Restaurants von Michael Pankow geht die Personalkrise, die Covid 19 der Gastronomie beschert hat, nicht spurlos vorbei, wie er uns zwischen den einzelnen Gängen erzählt. Um das hohe Niveau in den Küchen und im Service seiner Restaurants halten zu können, legt Pankow großen Wert auf Mitarbeiter, die Gastronomie bewusst für sich als Beruf auserwählt haben und diesen von der Pike auf lernen möchten. In der Ganymed Brasserie bereiten die Gastgeber das Tartar noch dem Gast am Tisch zu bzw. zerlegen gekonnt den Fisch. Dabei unterstützt er seine Auszubildenden weit über das tarifliche Maß hinaus.

Die qualitativ hochwertige umfassende betriebliche Ausbildung seiner Mitarbeiter ist für den Gastronom, der übrigens selbst als Autodidakt zur Gastronomie kam, primäres Ziel. Und das setzt er engagiert um: Übertarifliche Bezahlung bereits im ersten Lehrjahr, Miethilfen, Auszubildenden aus dem Ausland kann sogar Wohnraum gestellt werden und Ausbilder im Betrieb, die sich regelmäßig selber weiterbilden, um den Lehrlingen ein modernes Ausbildungsspektrum bieten zu können.

Mit Erfolg: Im Sommer 2022 besteht Pankows Team aus 60 Mitarbeitern – von ihnen sind alleine 20 Auszubildende nationaler und internationaler Herkunft. Und die meisten von ihnen dürften wohl in eine sichere berufliche Zukunft blicken, denn bisher hatte Michael Pankow alle seine Auszubildenden nach ihrem Abschluss gerne übernommen!


Mehr aus dem Meer!
Für uns Gäste geht es schon weiter mit den herrlichen Platten voller Köstlichkeiten des Meeres! Serviert wird uns ein Potpourri der besonderen Meeresfrüchte- und Fischangebote in der Ganymed Brasserie: Die Platte „Royal” beglückt mit einem Hummer, 4 Fine de Claire, 6 Crevetten rosé, 6 Garnelen, 2 Black Tiger, 2 Jakobsmuscheln, gegrilltem Oktopus, Lachstatar, Zitrone, Paprika-Sellerie-Vinaigrette und Gurken-Gin-Vinaigrette.
„La Mer” verwöhnt pro Person mit einem halben gegrillten Hummer, 2 gebratene Jakobsmuscheln, 4 gegrillte Garnelen, 2 Black Tiger geröstet mit Ratatouille, Rouille, Cocktailsauce und Rosmarinkartoffeln.

Wir schlemmen uns durch die Etagere mit ihren kühlen Meeresfrüchten und genießen die gegrillten Schalentiere von „La Mer” mit dem gut gerösteten Knoblauchbrot. Frische, Qualität und Zubereitung stimmen, das Sommerwetter schmeichelt, der Wein ist gut gekühlt – Berlin im Ganymed ist irgendwie ein Stück schöner.

Wir teilen, schwelgen, genießen den frischen, köstlich zubereiteten Fisch – und natürlich den Wein! Als Aperitif gibt es einen Crémant de Bourgogne Blanc Patriarche pére et fils. Zu den Hauptgängen wahlweise den Picpoul von Hecht & Bannier aus dem Languedoc. Ich bevorzuge den Sancerre von 2020 der Domaine de Roger Neveau Clos des Bouffants, denn … ich bevorzuge eigentlich immer einen Sancerre!


Hier war ich nicht nur einmal!

Auch das Dessert wird uns etagiert serviert mit einem Potpourri feiner Variationen der Dessert-Karte. Crêpes Surprise, Brownie à la Moelleux au Choccolat (köstlich), Mousse au Choccolat und frische Früchte und der obligatorische Espresso. Es ist zu köstlich! Die Ganymed Brasserie hat einen neuen Fan, sie heißt creezy und möchte sehr gerne wiederkommen!

Die Ganymed Brassserie öffnet Montag-Freitag ab 11.00-24:00 Uhr, Samstag-Soonntag ab 10:00-24:00 Uhr. Frühstück (bis 14:00 Uhr) gibt es auf der Tageskarte (12.00-17:00 Uhr) und neben französischen Fischspezialitäten gibt es ein umfangreiches Angebot von Fleischkreationen auf der Karte. Für Vegetarier gibt es ein Risotto bzw. wechselnde Gerichte auf der Tageskarte.

Ganymed Brasserie
Schiffbauerdamm 5, 10117 Berlin
Telefon: 030 28599046
Reservierung: reservierung@ganymed-brasserie.de

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