2014-12-29

Chili und ein Mensch, der zum Verkaufen geboren wurde

Neulich war ich in einem dieser Chili-Läden, dem Pfefferhaus, hier hinter dem Alexa in den S-Bahnbrücken und kaufte ein Glas Piment d'Espelette. Ich war in der letzten Zeit öfter in dem Laden, weil das Gewürz ausverkauft war und die Nachlieferung sich etwas Zeit ließ. Ich bin noch nie in diesem Laden nicht freundlich angesprochen worden, ob man etwas für mich tun könne.

Dieses Mal war ein junger Verkäufer da und der hatte einfach Bock auf Verkauf, das war eine Freude. Nachdem mir Frau Wortschnittchen liebenswerterweise vor zwei oder drei Jahren aus dem Mexiko-Urlaub ein Chili Picante von McCormick mitgebracht hatte, was mit einer vorrangigen Schärfe, die sich aber sehr schnell wieder nach hinten verläuft, sich zu meinem Liebllings-Chili entwickelte. Nun geht es zuneige und wie mein Glück es so will, McCormick hat seine Produktion umgestellt, hat es in den USA zumindest nicht im Angebot.

Da der Verkäufer mich offensiv freundlich versorgen wollte, erzählte ich ihm von meinem Problem. Wir befanden uns direkt in einer Chili-Beschreibungs-Debatte und ich entschied mich für eine Packung Habanero Red Savina und für die ungemahlene Variante. Von dem d'Espelette riet er mir übrigens ab. Aber da mir das Léa Linster mehrfach empfohlen katte, blieb ich stur. (Ich konnte es bisher wegen vierwöchiger Dauererkältung noch nicht schmecken aber, wenn man das Glas geöffnet hat und die Farbe sieht, muss ich zugeben, das Rot sieht nicht ganz koscher hinsichtlich seiner Natürlichkeit aus.)

Mr. Salesman war aber noch nicht fertig mit mir und wollte mit mir nun Sauce verköstigen. Nun gehöre ich zu den Leuten, die Dips, Barbeque-Saucen etc. mittlerweile lieber selber zubereiten und mich macht das Zeug aus der Konserve nicht sooo an. Aber weil's lustig war, spielte ich das Spiel mit und er offerierte mir nach der „Chocolat-ich-weiß-welche-Ihre-Lieblingssorte-ist”-Methodik drei Saucen.

Die von ihm beschriebene Schärfe in Sauce 1 konnte ich ihm nicht bestätigen. Auch Sauce 2 fand ich eher fad. Da ist mir erstmals aufgefallen, dass ich offensichtlich, was Schärfe anbelangt, mittlerweile ein gut trainierter Gaul bin. Sauce zwei war eine Pflaumensauce, deren Idee mich an sich sofort überzeugte – nur die Umsetzung so gar nicht. Mein erster Gedanke war, sie hätte gut sein können mit aromatischen (oder einfach nur mehr) Pflaumen und mit mehr Schärfe. Und Fruchtsauce, pikant zu Fleisch … damit kriegt man mich schon. Sauce 3, eine Sauce mit Jalapeños, ging dann langsam eher in meine Richtung, war aber immer noch mäßig in der Schärfe. legte diese aber auch nicht mehr ab. Das mag ich nicht. Schärfe mag ich als kurzen Begleitmoment aber sie soll dann wieder Abgang machen und die anderen Teamplayer im Essen ihren Job machen lassen. Ich bedankte mich für die Eindrücke, bezahlte, ging zu Fuß nach Hause und dachte dabei über die Pflaumensauce nach und dass ich die einmal probieren wollte. Nein, bleiben wir korrekt, ich dachte darüber nach, dass ich die einmal selbst und dann besser machen wollte.

Das von ihm mir empfohlene Chili macht übrigens genau das, was ich wollte. Vorrangige angenehme leicht süße Schärfe. Aber sie hört dann auch recht bald wieder auf. Es ist nicht gleich alles für den Rest des Menüs nur noch von der Schärfe überdeckt.

Silvester gibt es Fondue und so ein Pflaumensauce passt sicherlich perfekt zum Schweinefilet. Also kaufte ich heute Trockenpflaumen, ich habe zwar noch tiefgefrorene im Kühler aber die habe ich auch nicht als sehr aromatisch in Erinnerung. Außerdem kommt ja im Januar erfahrungsgemäß immer die wilde Lust auf frischen Pflaumenkuchen (analog zur wilden Dominosteinlust im Juli). Die Trockenpflaumen habe ich nun mit etwas Pfflaumenwein getränkt und darin dürfen sie bis morgen Abend ziehen. Einen Teelöffel Honig dran (den guten herben malzigen aus den Cevennes) und die heute von mir selbst gemahlene Chili-Mischung aus eben jenen Habaneros, Fleur de Sel und Pfeffer aus Madagaskar. Als ich von der heute ein Ny probierte, waren alle Erkältungssymptome erst mal vor Schreck verschwunden. Hölle! Also gab ich von dieser so ein halbes Teelöffelchen an die Pflaumen.

Wenn man nun den kleinen Finger in den Pflaumenwein hält und ableckt, ist alles schön. Schön scharf.

Ich werde die Sauce morgen aufkochen, ggf. noch mit etwas Rotwein abschmecken, dann wird sie püriert und eine sehr feine, ungemein freche, weil rattenscharfe, Pflaumensauce sein. Über Beigabe von Zimt sinniere ich noch. Es wäre eher Rock'n Roll, wenn ich den mal wegließe. Aber warum mal nicht Rocker sein?

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