So bin ich dann vergangene Woche am Dienstag zum Jobcenter gegangen, um zu erfragen, warum ich sechs Wochen nachdem ich die Unterlagen eingereicht habe, nicht die Zahlung meines Krankengeldsatzes vom Jobcenter erhalten habe.
Ich bin morgens um Punkt acht Uhr vor Ort, mit erstaunlich wenig anderen Mitstreitern. Beim Empfang spreche ich vor und ich erhalte die übliche Zettelage, um bei einer weiteren Empfangskollegin vorsprechen zu dürfen, die mir dann wohl sagen könne, bis wann ich mit Zahlung rechnen dürfe.
Fünf Menschen im Wartezimmer vor mir, es geht schnell. Ich erkläre der nächsten Mitarbeiterin mein Problem, lege ihr den aktuellen Kontoauszug vor, der klar definiert, dass am Tag zuvor die Miete ab- und wieder zurückgebucht worden ist, einschließlich der Rücklastschriftgebühr. Die Dame guckt auf den Kontoauszug, stellt fest, dass ich ja 250,— Euro zur Verfügung hätte und somit nicht mittellos sei. Ich entgegne, dass ich mich nicht in der Lage sähe von 250,— € meinen Lebensunterhalt, Strom, Miete und Medikamente finanzieren zu können.
Sie guckt in ihren Computer, notiert wieder lustige Zahlen auf ihre Schreibtischunterlagen und erklärt mir ungerüht, sie hätte den frühesten Termin in der Leistungsabteilung am 12.09. diesen Jahres.
Ich erkläre ihr daraufhin sehr gerührt, dass die nicht ginge. Ich erkläre, dass meine Krankschreibung auf einem Trauma wegen eines Wohnungsverlustes basiert, ich seit ich in dem diesem beschissenen Jobcenter gemeldet bin, immerhin fünf Mal meine Miete nicht oder zu spät nur zahlen konnte; ich so keine Chance auf Gesundung habe, weil mich das Jobcenter regelmäßig zurück auf Null schickt. Das komplette Programm mit Tränen. Die pure Erniedrigung.
Es wird telefoniert und ich darf noch am gleichen Tag zwei Etagen weiter, dort empfängt mich eine junge Kollegin, die natürlich nicht weiß, warum mein Antrag nicht bearbeitet worden sei, der verantwortliche Kollege sei gerade nicht da (typisches Statement von Jobcenter-Mitarbeitern), sie würde das Geld sofort anweisen, ich hätte das dann am nächsten Tag auf dem Konto. Aber sie könne mir nur die Leistung ab dem 1.9. überweisen, das Geld ab Ende der Krankengeldzahlung, könne sie erst anweisen, würde ich einen Kontoauszug über die letzte Krankengeldzahlung vorlegen.
Wir erinnern uns, als ich die Unterlagen der Krankenkasse dort abgab und mich erkundigte, was ich zu tun hätte, hieß es dort: „Nichts! Das würde jetzt automatisch seinen Gang gehen.” Ich hätte die Unterlagen längst dort vorgelegt, hätte man mich überhaupt wissen lassen, dass ich das tun soll.
Das Geld hatte ich dann tatsächlich ganze drei Tage später auf dem Konto. Also das für den September. Nicht das ab Mitte August. Auch nicht das für die seit Monaten beantragten Sonderleistungen für spezielle Behandlungstherapien.
Ich bin dann jetzt soweit. Ich, die ich durch und durch pazifistisch bin, Gewalt verabscheue, Motten lieber aus der Wohnung raus setze als sie zu erschlagen, ich habe letzte Woche verstanden, warum Menschen Amok laufen. Und ich werde in Zukunft, wenn wieder ein Mensch in einer dieser Behörden die Kontrolle verliert, diesen Menschen verstehen, denn ich kann seine Verzweiflung 1:1 nachempfinden. Und ich werde ohne mich mit dem jeweiligen Fall näher zu beschäftigen, ganz lapidar sagen, sehr sicher ist dieser Mensch zu Recht entglitten. Er konnte da gar nichts für. Vermutlich hat er einfach dann einmal zu wenig „Entschuldigung” und einmal zuviel „Der verantwortliche Kollege ist gerade nicht da.” gehört und die Nerven verloren. Das passiert vor allem dann, wenn man so forciert darum ersucht bei verzweifelten Menschen.
Mir geht's also wieder seit Tagen schlecht. Zurück auf Null. Immer wieder. Nur wegen dieser einen Behörde.
Ach Creezy, ich kann Dich sooo gut verstehen, ich könnte vor Wut zerplatzen wenn ich solche Geschichten im Freundes- und Bekanntenkreis mitkriege (leider immer öfter), und was nützt Dir das? - Genau, nichts.
AntwortenLöschenAlso bleibt mir nur Dich einmal fest in den Arm zu nehmen, zu knuddeln und Dir so viel Kraft rüberzuschicken wie nur immer reingeht in das virtuelle Transportmittel.
oh goshdarnit, es ist ein elend mit den ämtern.
AntwortenLöschenkann ich dir irgendwie helfen, seelisch-moralisch oder realiter?
Hmm, war die erwähnte Zahlung jetzt eine einmalige (Vorsicht!) 'kulanzweise' Vorauszahlung in einem schwebenden Antragsverfahren oder schon mit einem Änderungs- oder Aufhebungs-/Neubescheid, wie auch immer es in ihrem komplizierten Fall heißen mag, verbunden? Ich würde auch schriftlich beweisbar nachfragen, ob und wie die Verrechnung der erfolgten Zahlung nach dem 'alten Modus' im Rahmen der späteren August-Nachzahlung gehandhabt wird, so im Rahmen der eigenen Mitwirkungs- und Sorgfaltspflicht; ich kann die Komplikationen hier förmlich riechen... Als großen Nachteil bei der Antragsabgabe habe ich empfunden, daß alles, was man/frau dort erläutert und versprochen bekommt, im unverbindlichen Nichts verpufft und der konkrete Leistungsabteilungsbearbeiter wieder bei Null anfängt. Dies zwang mich bspw., ein aufwendiges Erläuterungsschreiben nachzureichen. Es wäre besser, seinen 'Fall' und die eingereichten Unterlagen einmal gründlich mit dem tatsächlichen Bearbeiter durchsprechen zu können. Die sollen wohl vor ihren 'Kunden' abgeschirmt werden und im Akkord arbeiten; ich las einmal in einem Zeitungsartikel wie wenig Minuten Richtzeit von der Amtsleitung für die komplette Abarbeitung eines Antrags vorgesehen sind, war wohl so eine knappe halbe Stunde(?)...
AntwortenLöschenIch kann zwar nichts produktives oder sachdienliches zu deinem Problem beitragen, aber vielleicht hilft es dir, dass dir jemand sehr sehr arg wünscht, dass das alles wird und du immer schön mit dem Kopf mindestens 10 cm über Wasser bist.
AntwortenLöschenOh verdammt, das ist übel. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich das lese, ähnliches habe ich bei einem enge Freund über lange Zeit mit ansehen müssen. Ich bin finanziell eingesprungen, so weit ich das selbst konnte. Dieser Freund wurde dann im Jobcenter gefragt, wovon er eigentlich lebe. Genausogut hätten sie sich erkundigen können, warum er noch nicht verhungert sei.
AntwortenLöschenMeine Omi hat in solchen Fällen immer mit der B*i*l*d*ztg. gedroht. Hat sogar meistens geholfen (obwohl ich dieses Revolverblatt so gar nicht mag)...
AntwortenLöschenBei uns (in Sachsen) gibt es die tägliche "Notfall-Sprechstunde" (vormittags) im Amt, bei der man akute Angelegenheiten in der Leistungs-Abteilung anschieben kann und einem zumindest übergangsweise geholfen wird.
AntwortenLöschenGibt es diese Möglichkeit in Berlin nicht?
Behalt die Nerven!
Mich haben einige Missstände inzwischen herzkrank gemacht (aus nichtorganischen Gründen)...und der drohende Infarkt hoppelt immer mit.
Wie man sich nicht mehr aufregen darf wird allerdings nicht therapiert, denn die gesellschaftlichen Tendenzen sind das Übel.
Halte gut durch- und dranbleiben am Leben!
In Gedanken drück ich Dich feste und der kleine Mann macht liebevoll "eii"
AntwortenLöschen