Da sitzen sie, die beiden besten Freudinnen.
Wieder einmal sitzen sie mir gegenüber und das Spiel, das gespielt wird, ist ihnen deutlich anzusehen. Die eine ist für ihr Alter, noch attraktiv und das ist ihr aber auch immens wichtig. Überlebenswichtig. Der anderen indes steht die Unzufriedenheit mit ihrem Leben inzwischen mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben. Überdurchschnittlicher Alkoholkonsum hinterlässt irgendwann seine Spuren. Lässt diese Frau als aufgedunsene Qualle und mit trüben Blick zurück, was sie nur noch unglücklicher macht in ihrem für sie kaum noch ertragbaren Unglück. Höllenquadratur des Kreises.
«Das macht doch nichts!», beschwört sie ihre beste Freundin. «Für mich bist Du doch immer noch die Schönste!» Und sonnt sich dabei in den begrüßenden Blicken der vorbeigeisternden Fremden, die sich auf Weibchenrecherche befinden und das unglückliche Etwas neben ihr visuell gleich und im Gespräch etwas später ungalant ausblenden. Das Unglück in dem aufgedunsenen Körper mit dem dazu gehörigen Gesicht wächst.
Schön muss sie sein, diese tiefe ehrliche Freundschaft, wenn die beste Freundin die andere beste Freundin sufftechnisch vor die Hunde gehen lässt, damit sie in der vielgeliebten öffentlichen Zweisamkeit immer noch als die Schönere, die Hübschere da stehen kann. Es tut ihr so gut, dass nur sie es ist, die nach der Telefonnummer gefragt wird. Der alle Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auf deren Haut sich die begehrenden Blicke von oben nach unten bewegen und wieder zurück. Nie nach rechts, wo die unglückliche Freundin sitzt, später lallend und flehend, immer um Aufmerksamkeit bettelnd. Ihr Unglück wächst.
Sie ist das perfekte Accessoire, um die eigene Mittelmäßigkeit der aparten Freundin etwas aufzupolieren. Und während sie hofft und fleht mit all ihren unbeholfenen Zeichen, die sie unübersehbar setzt, konsumiert die andere und blendet aus, was ihr Herz ihr eigentlich längst hätte befehlen müssen, sich um die andere sorgen und kümmern.
«Alle Männer sind Arschlöcher, die, die Dich immer verlassen haben und die, die Dich verlassen werden.», darin bestätigt sie ihre Freundin optimal. Selber ist sie noch versorgt, das ist schön. Der ultimative Zwang noch mal einen abgreifen zu müssen, bevor die Jahre der Einsamkeit endgültig zuschlagen, wenn nichts mehr geht, den lebt sie nicht. Und die immer weniger gewollte Freundin an ihrer Seite, garantiert ihr den Blick auf ein Unglück, das nicht ihres ist und ihren eigenen alltäglichen Alltag erträglicher, beinahe schöner macht als er es wirklich ist.
Dass die besten, die klugen, die niveuvollen Männer irgendwann einfach gehen müssen, wenn sie erst begriffen haben, diese eine Frau hat ein Riesenproblem und keine noch so große Liebe der Welt erträgt es, will sie sich partout nicht helfen lassen, verschweigt sie ihrer alkoholkranken Freundin schwesterlich. Bloß nicht die deutlichen fairen Worte sprechen, die ihr eigenes angenehmes Leben aus den Fugen gleiten lassen könnten. Dass die Freundin endlich aufwachen muss, etwas für sich und ihr Leben tun muss. Die Entziehungskur angehen muss, professionell unterstützt, will sie in diesem Leben überhaupt noch einmal die Kurve kriegen und ihren Traum von funktionierender Partnerschaft leben können. Sie den Arsch hochkriegen und sich in Bewegung setzen muss, für ein Leben nach ihrer Sucht. Das sagt sie ihr alles nicht. Die beste Freundin. Denn Glück, Frieden, wiedergewonnene Zuversicht, das ist nun wahrlich das Letzte, was sie will für ihre beste Freundin.
Denn dann würde sich ihr Leben auch ändern müssen. Neben welchem hässlichen, unglücklichen, verquollenen Entlein sollte sie denn dann bitteschön noch strahlen? In den letzten paar Jahren, die ihr überhaupt noch als wahrgenommene Frau verbleiben? Nein, da muss man Opfer bringen. Und so ist es klüger, es ist nur die beste Freundin die vor die Hunde geht, bevor sie selbst es tut.
Die schlechte Energie der einen killt die andere. Sie sind sich so nah. Sie tun sich so gut! Nur eine von beiden verliert eben immer.
Da sitzen sie, die beiden besten Freundinnen.
Das funktioniert doch schon seit Urzeiten so. Frauen treten meist im Doppelpack auf. Da ist die Schöne, die Beauty-Queen und daneben das Beiwerk, das vermeintlich hässliche Entlein, das gebraucht wird, um die Queen noch heller erstrahlen zu lassen.
AntwortenLöschenSchlimm.
AntwortenLöschenHerrjee, sowas braucht doch kein Mensch.
AntwortenLöschenwas, wenn die "schoene" nichts dafuer kann, dass nur sie die aufmerksamkeit auf sich zieht, und das haessliche entlein nicht weiss, wie lange es das noch aushaelt?
AntwortenLöschensowas sollte eine freundschaft nicht zerstoeren koennen.
(ich weiss dass der text anders gemeint ist, aber das ist mir eben in den sinn gekommen.)
Ich predige seit Jahren den Menschen, sie sollen die Hände von Alkohol und Nikotin lassen, glaubst Du, ich hätte auch nur einen erreicht? Zwei Freunde hab ich an den Alkohol verloren, beides tragische Schicksale, aber keiner wollte oder konnte aufhören, als es noch möglich war. Und ich habe durchaus gute Argumente, weil mir die neuesten Ergebnisse beispielsweise der Krebsforschung stets zur Verfügung stehen. Erst neulich saß ich wieder mit einer 22jährigen, gerade Mutter gewordenen, jungen Frau am Tisch, die sich mit Bier und später härteren Sachen „belustigen“ wollte. Auf ihre Frage, wieso ich nicht trinke und meine entsprechenden Argumente sagte sie nur: „Hör auf, das will ich gar nicht wissen“.
AntwortenLöschenEine andere Freundin hat mir das mal gnadenlos deutlich gemacht, als sie mich fragte:„ Und? Hast Du schon mal irgendjemanden bekehren können?“
Manchmal denke ich, die Menschen müssen ihre eigenen Wege gehen, und wenn der Weg ins Verderben führt und sie sich nicht aufhalten lassen wollen, sollte man sie ziehen lassen.
Findet der Regentiger
Sehr tragisch. Habe da auch meine Erfahrungen gemacht: http://zeicherrufer.blogspot.com/2008/11/alkoholisches.html
AntwortenLöschenHmm... "spielst" Du nicht im Grunde das Spiel auch mit? Du denkst Dir Deinen Teil, sagst aber nicht direkt was dazu zu den beiden, oder? Soll jetzt kein Angriff auf Dich sein oder so, ging mir nur durch den Kopf
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