
Konfekt mit Locken
Den süßen Empfang aber bereitete vor allem Nicola Tardio, der sich der historischen Familientradition, frische Mandeln zu verzuckern, verschrieben hat, dem Confetto Riccio D.O.P. Wie schon sein Vater und seine Urgroßväter. In vier Generationen verzaubert die Familie die in der Provinz Brindisis geschätzten Mandeln zu köstlichem Konfekt.
Mandorla a Mazzetta und Tondina, letztere wird auch „Cinque Cinque” genannt, denn ihre Früchte reifen an den Ästen immer in Fünfergruppen. Beiden Mandel-Sorten ist gemein, dass sie geschält raue Oberflächen haben – so kann der Zucker besonders gut haften und sie zart ummanteln. Nicola tourt mit seiner heißen Installation Jahr für Jahr durch die Kindergärten und Schulen, um bei den Kindern ein Gespür für die besonderen Traditionen des Salento zu wecken.

Der Zucker schmiegt sich gleichmäßig um die Mandeln, umhüllt sie und versiegelt so ihre knusprige Frische. Hinterher sehen die Mandeln aus wie kleine weiße Ostereier. Es ist ein komplett anderer Vorgang, als wir das Karamellisieren von Mandeln auf unseren Weihnachtsmärkten kennen. Immer und immer wieder werden die Mandeln geschwenkt und beträufelt, geschwenkt und beträufelt …
Vier Stunden dauert alleine dieser Arbeitsprozess! Danach werden die Mandeln auf Baumwolltücher ausgebreitet und müssen komplett austrocknen. Nicht, dass sie nicht schon heiß und frisch aus der großen Pfanne genascht gut schmecken würden. Ich kann’s bestätigen!

Traditionell wurden diese Süßigkeiten früher nur in der Karnevalszeit hergestellt und am Lu sciuitia ti li femmini (die Weiberfastnacht) – also am Donnerstag vor Aschermittwoch – von Frauen, ihren Freunden, Verlobten, Ehemännern und Vätern verschenkt. Sie gelten als besonderes Symbol für die Zuneigung, gar Liebe zur beschenkten Person. Also das süße Äquivalent zu unserem Krawatten-Diebstahl. Was wohl bei den Herren besser ankommt?
Heute wird das Konfekt auch am Tag der Schutzpatronin von Francavilla Fontana, der Madonne della Fontana am 14. September eines jeden Jahres verschenkt (dann übrigens umgekehrt – von den Männern den Damen überreicht.)
Aber finden wird man die Confetti ricci tatsächlich nur in dieser Stadt und in der sehr nahen Umgebung. Diese traditionelle Süßigkeit hat ihren Weg nie weiter hinaus in die Welt gefunden, was zu bedauern ist. Ihr bekommt Il Confetto Riccio aber auch das gesamte Jahr über an den Süßigkeit-Ständen in Francavilla Fontanta. Herzlichen Dank an Nicola Tardio und die Stadt für diese überraschende Begegnung mit einem Produkt der heutigen Slow Food Bewegung.

Nach der Knabberei ging es für uns hoch in das Kaminzimmer des dreistöckigen Castello Imperiali. Dieses Castello wurde 1450 n. Chr. von Giovanni Antonio Del Balzo Orsini, Prinz von Tarento in Auftrag gegeben – zum militärischen Schutz. 1547 gestalteten der Marquis von Oria und der Feudalherr von Francavilla Giovanni Bernadino Bonifacio das Castello in eine Wohnresidenz um. Die Fürstenfamlie Imperiali sicherte es sich im Jahr 1575 und lebte darin bis 1727, auch in dieser Zeit unterlief das imposante Gebäude stetigen Änderungen. Übrigens kehrte das Castello während des zweiten Weltkrieges nochmals zurück zu seiner militärischen Bestimmung, als einige Regimente dort untergebracht wurden.


Der ehemalige Ratssaal, ein großer Saal mit einer mehr als imposanten Decke …



Ihm gegenüber hängt das große Gemälde des letzten Abendmahls. Es ist beeindruckend! Man findet in dem Gemälde typische salentinische Speisen, wie das speziell geformte Pane di Altamura oder die Friselle (ganz links unten). Aber auch die große Kupferschale der Confetto Riccio lässt sich im Gemälde ausmachen – aus ihr trinkt in dem Gemälde ein Hund (rechts unten).



Carmen Mancarella nutzte diesen besonderen Ort und unsere Anwesenheit dafür, zwei junge Menschen aus Francavilla Fontana mit dem von ihr im Namen ihres Tourismusmagazin Spiagge neuen Prädikat als Eccellenze d'Italia auszuzeichnen. Marco Pappadà, Koch, und Simone Santoro, Winzer, sind junge und wirklich begnadete Talente ihrer Zunft, die mit den Produkten Apuliens und auf dem Terroir des Salento traditionelle Gerichte und hochklassige Weine auf den Tisch bringen. Und natürlich so die traditionellen Speisen der Region erhalten bzw. sogar in die Welt tragen.
Später am Tag durften wir uns alle von ihren Talenten überzeugen – und ja, ihre Auszeichnung haben sie völlig zu Recht erhalten.

In weiteren Räumen warten die frisch restaurierten Gemälde (sprich einen Tag vor unserer Ankunft erst wieder in die Räume zurückgelangt) auf ihre senkrechte Rückkehr an die Wände.
Auf der gleichen Etage schließt sich ein archäologisches Museum an,





Eigentlich stand der Besuch der Basilica Minore del Santissimo Rosario auf unserem weiteren Programm.
Nun war sie aber im Rahmen ihrer üblichen und durchaus ehrenvollen Aufgaben verständlicherweise verhindert. (Ich muss schon anmerken, italienischer Bestatter gestalten sich ihren Beruf angenehm mit dem Fahren unglaublich schöner Autos. Das hier ist ja nur ein Mercedes – aber googlet mal die Bestattungsfahrzeuge von Lancia!)

Auch die kleinere Kirche Matrice del Santissimo Rosario direkt nebenan, war unserem Besuch eher abgeneigt aufgrund ihrer räumlichen Kosmetikprozeduren.




Wer gerne Italiens Kirchen besucht und an barocker Pracht durchaus tiefe Freude empfinden mag, dem sei Francavilla Fontana auf jeden Fall empfohlen.


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