Karstadt stirbt, immer mehr, dürfte aus den Medien bekannt sein. In Berlin gibt es – noch – eine der sehr wenigen offenen Filialen, deren Kundenschwund sehr zu spüren ist vor Ort. Die Menschen fühlen sich einfach dank der politischen Inkompetenz über die letzten Jahrzehnte völlig veralbert, denn es sind ihre Steuergelder, an denen sich vermeintliche „Karstadt/Hertie-Retter” spekulativ gesund gestoßen haben. Immer und immer wieder. Politisch abgenickt.
Den endgültigen Tod dieser Läden haben jetzt die Kunden beschlossen.
Und die Inflation.
Freitag war ich wieder einmal im Kaufhaus am Hermannplatz, dieses Kaufhaus, das sichtlich stirbt. Und erlebe, wie ein Vater mit einem kleinen Kind an der Hand, vielleicht drei oder vier Jahre alt, diesem erklärt, was ein Kaufhaus ist. Der Junge ist sichtlich fasziniert von der Größe dieses Geschäftes und was es hier alles zu bestaunen gibt. Offensichtlich nimmt er erstmals in seinem jungen Alter das Phänomen Kaufhaus wahr.
Hertie ist schon gestorben. Karstadt wird sterben. Ich selber habe als Kind so wundervolle Zeiten darin erlebt und gehe auch heute noch sehr gerne in ein Kaufhaus. Alleine die Küchenabteilung bei Karstadt ist heute noch voller guter – deutscher – Küchenherstellermarken. Mir ist das etwas wert. Ich kann mich an die Ausflüge mit meiner Oma zu Hertie erinnern, damals als Kind in der Wilmersdorfer Straße. Unserem Kaufhaus. Ich habe es so geliebt. Es war bunt dort, duftete gut. Es war ein kleines Paradies.
Das Kaufhaus in seiner bisherigen Form stirbt also. Mir bleibt die Hoffnung: In zwanzig Jahren, sehr wahrscheinlich, werden Menschen das Kaufhaus wieder neu erfinden.
Dann nämlich, wenn die Malls, die jetzt auch schon den Zenit ihres Erfolges überlebt haben, wo immer mehr Filialen leer stehen, die Wege immer weiter werden, bis man auf ein eingeschränktes Angebot einzelner Händler trifft, sich im Massensterben befinden. Dann werden findige BWL-Hansel das kluge System eines Kaufhauses wieder neu erfinden.
Einem Ort, wo man beraten wird. Wo man alles auf einmal bekommt, auf verhältnismäßig kleiner Fläche. Wo man alles, was man einkauft, bei einer Sammelkasse bezahlen kann. Wo man nicht einen Kilometer laufen muss, um einen öffentlichen Ort zu finden. Wo man in einem Restaurant ganz okay essen kann, ohne gleich arm dabei zu werden. Wo man so faszinierend unterschiedliche Menschen aller Altersklassen treffen kann. Nicht nur hipste Burgeresser oder übertagte Kuchentanten. Der Mix wird wieder hervorgehoben werden – und einladend attraktiv sein.
Natürlich werden sie das Kaufhaus umbenennen. Es muss irgendeinen internationalen Begriff tragen, vermutlich einen internationalisierten chinesischen Namen.
Ich bin mir sicher, das Kaufhaus wird wiedergeboren werden. Aber vorher muss es sterben.
Vielleicht überlebt dieses Blogpost bis dahin.
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