2022-11-28

Rezension: La Vita È Dolce von Letitia Clark

La Vita È Dolce – das Leben ist süß – ist ein Traum von einem Buch für alle Italienfans und natürlich für alle Menschen, die die Schönheit und Freude, die Desserts, Torten, Kekse und Gelato in unser Leben bringen können als solche erkannt haben und mit geöffneten Händen, Augen, Nasen und Mündern begeistert in ihr Leben lassen. Letitia Clark beschreibt das sehr treffend mit den Worten „Es lässt sich nicht leugnen, dass jeder Tag dazu gewinnt, wenn man weiß, dass man irgendwo in einem Schrank, einer Dose oder im Kühlschrank etwas zum Naschen finden kann.”

Und wer nun doch gleich wieder die Stirn runzelt und an die allzeit gegenwärtigen Gefahren des Zuckergenusses erinnern möchte, dem möchte ich die klugen Worte von Letitias Freundin Cecilia aus Neapel gleich noch hinterher zitieren: „Weißt Du, Letitia, das, was du gern magst, wird in kleinen Mengen auch guttun.”
Italien ist das Land, das der Passeggiata frönt. Die Italiener nehmen sich am Nachmittag die Zeit und genießen bei einem kleinen Spaziergang durch die Stadt oder entlang des Lungomare, der natürlich zufällig immer vorher an einer Gelatteria oder Pasticceria vorbei führt, etwas zartes Süßes auf die Hand. Man trifft sich, genießt den Sonnenschein, hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn und genießt dabei ein Eis, Cannoli oder Zeppole, denn: La Vita è dolce! Dieser charmanten Leidenschaft ist dieses Buch gewidmet. Vielleicht wären wir hierzulande weniger verkniffen unterwegs, würden wir einer Passeggiata viel öfter in unseren Wochenalltag Einlass gewähren – und nicht nur auf den Sonntagsspaziergang vereinzeln?

Es ist ein kleines sehr intensives Studium der italienischen Dolci, dieses wunderschöne Buch mit zahlreichen Anekdoten. Die Autorin, gebürtige Britin und 2017 nach Sardinien ausgewandert, hat dabei den perfekten Blick dafür, welche Informationen für Menschen, die nicht die italienische Küche mit der Muttermilch aufnehmen durften, so wichtig sind und welche kleinen Geheimnisse sie sich erst noch erarbeiten müssen.

Letitia Clark lässt keine Hilfestellung aus, sie erklärt die Basis-Rezeptur sei es für die zarten Mürbeteigtartes, die karamellisierte Zitrus-Crostata oder Biskuit-Torten (Torta ricotta e pere),
Biscotti (Cannolli), Hefegebäck – gebacken oder frittiert, wie die wundervollen Chiacchiere: Natürlich fehlen die Rezepte für Gelato (Schoko-Toffee-Eis mit Mascarpone) nicht und für Dolci al cuchiaio – alles wofür man ein Löffelchen benötigt (Cappucino-Pannacotta mit Espressokaramell).

Man versteht endlich, warum es in italienischen Salumerien immer auch Manitobamehl gibt, wann man besser auf Mehl Tipo 0 oder 00 zurückgreift. Dass eine perfekte Pannacotta an das sanfte Wackeln der Brüste zu erinnern hat. Ach und Ricotta, wirklich: Ricotta ist doch so viel mehr als immer nur eine Ravioli-Füllung!
Ich liebe zum Beispiel ein Foto zu ihrem Tiramisu-Rezept. FÜNF Schichten Löffelbiskuit und Mascarpone! Mit den Fotos im Buch hat mich der Verlag sowieso bekommen: Available Light-Fotografie schmeichelt der rustikalen Stilistik im Foodstyling - ach, wie sehr schätze ich einen ordentlichen harteen HighNoon-Schattenwurf auf ungebügelter Tischdecke. Echte Lebendigkeit und der landestypische italienische Purismus wird beibehalten, ich mag das sehr. Habe mich übrigens auch schon dabei erlebt, wie den sehr schönen edel geprägten Einband streichele, in La Vita È Dolce steckt spürbar viel Liebe.
„Cantuccini, Cannoli & Cassata – die Welt der italienischen Süßspeisen” ist übrigens der Untertitel und ich fühl(t)e mich berufen für euch das Rezept der Cantuccini zu backen und mich euch zu teilen. Andiamo!

Wie uns Letitia erklärt, wird das Wort „Cantuccio” (verborgener Winkel, Ecke) gerne umgangssprachlich verwendet für Brot mit viel Kruste, also das, was wir in z. B. Berlin gerne einen „Kanten” nennen. Dieses Gebäck aus der Toskana ist wirklich einfach zuzubereiten – schmeckt den ganzen Tag über und hat das Talent einen Hunger auf Süßes sehr schnell unkompliziert zu bedienen, denn sie sind so herrlich haltbar und stehen daher immer zur Verfügung in ihrer Einfachheit!

Praktisch übrigens: Man kann den Teig komplett mit den Händen verarbeiten. Ich habe ihr Rezept auf 500 Gramm Mehl hochgerechnet. Aus Gründen.

Ach ja: Letitia hat hier – als eben nicht gebürtige Italienerin – untypisch das Cantuccini-Rezept mit blanchierten Mandeln verfasst. Nach meiner Recherche kenne ich nur Rezepte von Italiener*innen mit unblanchierten Mandlen, sie werden lediglich vorher im Ofen geröstet. Und nur wenn deutsche Bäcker*innen sich an Cantuccini versuchen, müssen die Mandeln plötzlich blanchiert sein.

Entscheidet es selbst. Ich halte es mit den Italiener*innen, nehme Mandeln mit Schale und röste sie vorher in der Pfanne. Die Mandeln sind nachher in den Cantuccini versteckt, es ist ihnen egal, wie sie aussehen – und im Zweifelsfall gilt auch hier wie immer: Womöglich steckt in der Schale das geschmackliche Gold?

Zutaten

500 g Mehl (Tipo 00, ersatzweise 405)
3 Eier ((ein Eigelb zum Bestreichen)
200 g Zucker
100 g weiche Butter
200 g Mandeln
Schale einer abgeriebenen Orange (ersatzweise Zitrone)
1 kleines Gläschen Marsala (ersatzweise Amaretto, non-alcohol: 5-6 Tropfen Bittermandelöl)
1 Prise Salz
1 TL Backpulver

Zubereitung

Den Ofen auf 170 Grad Ober-/Unterhitze erhitzen und die Mandeln 8-10 Minuten rösten, herausnehmen und abkühlen lassen. Den Ofen nun auf 180 Grad (150 Grad Umluft) stellen

Das Mehl mit dem Salz und Backpulver sieben und beiseite stellen.

Die Eier, geriebene Orangenschale, Marsala in eine Schüssel geben und verquirlen, die Butter zerlassen und hinzugeben, alles mischen. (Ich zerlasse die Butter nicht wie Letizia, gebe alle Zutaten [außer Mehl] in eine Schüssel und vermenge alles mit den Händen.) Nach und nach das Mehl mit den Händen hinzu geben und unterkneten, das macht alleine schon so eine duftende Freude, wie sich der Teig unter den Händen verändert.

Bekommt der Teig langsam die festere Konsistenz, dann die Mandeln hinzugeben und zwar mit einer Hand voll Mehl auf ihnen. Damit die Mandeln leicht umstäuben bevor sie in den Teig geknetet werden.

Tipp: Das Mehl um die Mandeln gelegt sorgt dafür, dass die Mandeln beim Backen nicht auf den Boden sinken! Den Tipp kann man sich auch für Clafoutis, Stollen etc. merken. Ein Hauch Mehl oder Speisestärke um die Früchte bewirkt schwebende Wunder.

Den Teig zu einer großen Rolle formen, davon vier Teile abstechen und diese zu Rollen formen, die ca. 4-5 cm dick sind und ungefähr so lang, wie sie auf ein Backblech passen. Alle Rollen mit etwas Abstand auf das Backblech (auf Backpapier) legen und mit dem einen verquirlten Eigelb bestreichen. (Habe ich übrigens, wie man auf den Fotos perfekt sehen kann, vergessen!)

Das Besondere an Cantuccini ist, dass sie, wie Zwieback oder Friselle, doppelt gebacken werden.
In der ersten Runde backen wir sie bei 180 Grad Ober- und Unterhitze (150 Grad Umluft) 30 Minuten. Dann aus dem Backofen nehmen, etwas abkühlen lassen und in leicht schräge Scheiben schneiden. Nochmals im Ofen bei gleicher Temperatur ca. 10-15 Minuten backen. Wie lange, das entscheiden die Bäcker*innen je nachdem wie knusprig und dunkel die Cantuccini werden sollen.

Luftdicht verpackt halten sie theoretisch ewig lang. Tun sie aber nicht. Aus Gründen. Schon gar nicht, wenn sie auf ein Glas Vino Santo treffen. Oder einen Caffè oder …

Ach gönnt euch dieses Buch! Es hat das Zeug zu einem italienischen Dolce-Klassiker.

„La Vita È Dolce”
Autorin: Letitia Clark
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4341-5

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