Ach. Und hach.
Dieser Salento liegt nun im südlichstens Zipfel von diesem Italien und hält Hof zwischen den beiden Meeren, einerseits der Adria, und auf der anderen Seite dem Ionischen Meer. Architektonisch findet man hier viel Einfluss der Griechen.
Ganze neun Naturreservate mit riesigem Ausmaß laden den Besucher ein, die Natur, das Leben und urzeitliche Phänomene dieses besonderen Platzes an der Sonne kennenzulernen. Ob zu Fuß, hoch zu Ross oder auf auf dem anderen Sattel, dem vom Fahrrad – hier und da verirrt sich auch eine Bushaltestelle.
Wir waren eingeladen einen – natürlich mangels Zeit – eher kleinen Teil des insgesamt 1100 Hektar großen Parco naturale regionale Dune costiere da Torre Canne a Torre San Leonardo zu besichtigen, kurz die Düne Costiere, die sich acht Kilometer entlang der Küste des adriatischen Meeres zieht und auf einen reichen Schatz an prähistorischen Grotten, einer riesengroße Fläche von über 1000 Jahre alten Olivenbäumen mit diversen unterirdischen Olivenölmühlen und vor allem Gutshöfen auf denen 40 Agrarproduzenten, die nach rein ökologischen Vorbildern der früheren Zeit regionales Obst, Gemüse, Olivenöl, Käse und Fleisch produzieren. Auch zu besichtigen auf dem Gebiet, der Dolmen von Montalbano, ein prähistorischer Megalith, ein (höchst wahrscheinlich) Opferaltar für Beerdigungsrituale und datiert auf die Bronzezeit.
Die Bauern halten hier bzw. wieder urprüngliche Kuhsorten wie die Podolische Kuh, die sich gerne von den wildwachsenden Kräutern wie Thymian ernährt und dementsprechend würzige Milch gibt oder das schwarzköpfige Schaf, das sich mit seiner Gesichtsfärbung den Sonnenverhältnissen dieser Gegend angepasst hat und die Zuwege zwischen den Olivenbäumen oder Weinreben frei frisst. Auch wird wieder die ursprünglich in dieser Gegen wachsende Hartweizensorte Senatore Cappelli angebaut, die als Bio-Mehl Furore macht. Besondere ursprüngliche Feigen mit riesigen Früchten wachsen hier, die zwei Mal im Jahr Früchte tragen. Apulien trägt den Namen „Garten Italiens” mehr als zu Recht.
An der Küste arbeitet man täglich daran, wenigstens einen Streifen Strand und das Meer in seiner Ursprünglichkeit zu erhalten.
Während auf Höhe der Torre Canne Campingplätze und seine Bewohner die Strände für sich einnehmen, soll an dem Küstenstück bis zur Torre San Leonarde der Massentourismus der Halbinsel nicht sein Gesicht aufdrücken. Dieser Lebensraum wird für Fische, Vögel und Fauna nachhaltig geschützt und erhalten, ohne dabei den Tourismus gänzlich ausschließen. Gemeinsam mit den Besuchern wird hier sanft gestaltet, wie in früheren Jahrhunderten in Workshops produziert und sind die Besucher eingeladen mitzumachen. Sie lernen u.a. Käse zu machen, aus dem Mehl des Senatore Cappelli-Weizends Pasta selbst zuzubereiten. Und speziell für Bike-Touristen werden in ursprünglichen Gemäuern Zimmer bereitgestellt, um ihnen die Tagestouren durch das Gebiet der Dune Costiere zu ermöglichen.
Ein großer Teil der Fauna unterhalb des Meeresspiegels besteht aus den Seegraswiesen des Neptungrases, das unverzichtbar ist im Kampf gegen die Erosion der Düne – zudem ist ein Filter des Wassers und schützt die Meere vor Überdüngung. Solange es überhaupt noch in diesen existieren kann.
Alarmglocken läuten hier überall: ein sehr großes Problem im Kampf zum Erhalt dieser Düne ist beispielsweise der Plastikmüll, der täglich vom Meer an Land gespült wird.
Der Mensch muss eingreifen und den Müll einsammeln, aber eben mit dieser regelmäßigen Begehung dieses Streifens Natur – eigentlich zu ihrem Schutz – wiederum zerstört der Mensch auch deren Fauna.
Rettung ist hier Eingriff in die Natur, ein Teufelskreis.
Die Grundmauern der Fischfarm an der Küste, die wir besichtigten, lassen sich zurück datieren auf das 13. Jahrhundert, als an der Mündung des Flusses Morelli mit seinem (heute noch) Feuchtbiotop,
hier und dort von Salzseen unterbrochen – Fische gefangen und verkauft wurden.
Die Anlage wurde im Jahr 2009 wieder eröffnet, die uralten Becken dienen heute jedoch vorrangig dem organischem Schutz der Fischarten. So werden zur Laichzeit der Seeaale die Weibchen separiert und in Becken zurück behalten, um den Aal-Bestand zu schützen. Fischen darf man Aale hier nur noch vom Boot aus im Dezember in Reusen – aber in dieser kurzen Zeit des Jahres sind die Touristen dann wieder eingeladen mitzumachen.
Die Botanik, so wie ich sie jetzt in den kurzen Stunden erleben durfte, ist dort unglaublich. Da wächst ein riesiger und uralter Wacholderbaum am Strand mit sechs Stämmen in der Düne,
… der seine Existenz dort bereits mehrere hundert Jahre vorhält. Ein unglaubliches Erlebnis in so so einem Stück Baum und zugleich geschichtlicher Kultur stehen zu können. Es fiel uns allen schwer sich von diesem Stück Natur zu trennen.
Überall wachsen und blühen jetzt schon Blumen satt,
Thymiansträucher duften, kleinste Orchideen leuchten und Malven künden vom Sommer. Ein traumhafter einnehmender Fleck Erde, von dem ich auch nur lediglich einen Bruchteil erst sehen durfte und um dessen Erhalt es sich zu kämpfen lohnt!
Apulien, die Erste: Ostuni
Disclosure: Drei Tage durfte ich auf Einladung von Carmen Mancarella (Chefredakteurin Spiagge, Kultur- und Tourismusmagazin Apuliens), Tourismusagentur Pamela Piaggi und dem Grand Hotel Masseria Santa Lucia Gast sein im Salento, um erstmals Apulien und seine Menschen kennenlernen. Und erlaube mir nun Euch mitzunehmen auf meine (viel) zu kurze Reise.
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