Bei der Hebung des gesunkenen Flüchtlingsschiffes – beauftragt durch die italienische Regierung, nachdem die zuständige Staatsanwaltschaft von Catalania eine Hebung abgelehnt hatte, weil „nicht notwendig für die Ermittlungen, teuer und langwierig” – Anfang Juli ist man noch von ungefähr 300 ertrunkenen Geflüchteten im Wrack ausgegangen.
485 Menschen, das weiß man heute, sind es noch gewesen, die im Rumpf des Schiffes den Tod gefunden haben. Schiffe, die oft keinen Namen tragen, und daher leicht vergessen werden können, da sie nicht über ihren Namen mit dem Schreckens einer „Titanic” oder „Costa Concordia” verbunden werden können bzw. müssen.
In dieser Liste der weltweit gesunkenen Schiffe seit 2011 steht das Ungefährzeichen „≈” für die ungefähre Anzahl der zu Tode gekommenen Menschen auf der Flucht. Ungefähr, weil man die genaue Anzahl von Passagieren nicht kennt und weil man diese Schiffe nie bergen wird. Aus oben genannten Gründen. Es ist nicht wirtschaftlich vertretbar, es ist für die ermittelnden Behörden nicht von Relevanz. Man kann die Fälle nicht schnell abschließen. Das möchte man gerne, aus den Augen aus den Sinn.
Und irgendwo auf dieser Welt warten Menschen, Liebende, Verwandte auf eine Nachricht von diesen von ihnen vermissten Menschen. Sie werden nie endgültige Gewissheit erfahren. Sie werden nie beerdigen dürfen. Nie abschließen können.
Nicht jede Regierung hat das Rückgrat, wie die aktuelle italienische Regierung. (Womöglich hat die Regierung aus dem unfassbaren ersten Eintrag dieser Liste gelernt.)
Wie der italienische Regierungspräsident, Matteo Renzi, Mitte Mai 2015 in einem Interview sagte: „Ich will, dass die ganze Welt sieht, was geschehen ist. Es ist nicht akzeptabel, dass einige Leute weiterhin nach dem Motto 'aus den Augen, aus dem Sinn' handeln.”
Es liegt nun an uns, diesen 485 Menschen – und allen die nach ihnen gestorben sind und noch sterben werden auf diesem unsicheren Weg ihrer Flucht – ein Gewicht zu geben.
Unsere Regierung wird es ihnen nicht geben.
.
AntwortenLöschen