Der Aufmacher des Tages „Frauen bescheiden sich beim Einkommen“ (spiegel online) oder „Froh zu sein bedarf es wenig“ (Die Süddeutsche Zeitung).
Frauen fänden es gerecht, dass ihnen ein geringeres Bruttoeinkommen zustände, so wird aus den Ergebnissen zweier Studien resultiert, die das Deutsche Instititut für Wirtschaftsforschung veröffentlicht hat. Frauen würden ihr Wunschgehalt stets im Bruttoeinkommen niedriger angeben als Männer und zwar über die gesamte Bandweite von der Hilfsarbeiterin bis zur Akademikerin hinweg. Das ist das Ergebnis der einen Untersuchung. Die zweite Studie schließt aus ihrem Resultat, dass Frauen bei der Betrachtung zweier Arbeitnehmer mit gleichem Lebensstil aber unterschiedlichen Geschlechtern, bei der Arbeitnehmerin 400 Euro weniger Einkommen vermuteten und darin sogar einen vertretbaren Sinn sähen.
Daher kommuniziert einer der Studiendurchführer Jürgen Schupp pragmatisch folgernd „Selbst Frauen seien der Meinung, dass Frauen am Arbeitsplatz weniger verdienen sollen.“ Diese Schlussfolgerung ist natürlich blanker Unsinn. Alleine mein Wissen (als Frau), dass eine Frau auf dem deutschen Arbeitsmarkt aktiv in der gleichen Position sehr üblich und mit völlig hoher Wahrscheinlichkeit, in gleicher Position und Rang, üblicherweise 33,3% weniger verdienen wird als ihr Kollege, lässt in der Schlussfolgerung einzig eine logische Subtraktion des Frauengehaltes und somit Darstellung einer Realität gemäß der Frage zu. Sie beinhaltet damit noch lange nicht die Aussage, es sei für uns legitim und anerkannt oder gar gewollt, dass die realen Umstände so sind wie sie sind.
Ich will sagen, zeige mir einen Mann und eine Frau mit gleicher Qualifikation und ich soll deren die Gehälter bestimmen, sortiere ich natürlich die Frau unterhalb des Bruttoeinkommens des Mannes ein. Nicht weil ich das so gut finde sondern weil es in dieser - ach so fortschrittlichen emanzipierten – Welt der Realität entspricht! Wem sollte ich da in die Tasche lügen?
So scheint mir die Schlussfolgerung aus den Ergebnissen der ersten Studio mehr banal als fundiert. Fakt ist, wenn ich mich heute bewerbe als Frau über 40 mit meiner Qualifikation, kann ich überhaupt nicht meinen würdigen Marktpreis verlangen. Ich bin a) eine Frau, b) überqualifiziert, d) es gibt einen Arbeitsmarkt, der eher aus Mangel an Arbeit denn aus Mangel an Arbeitskräften besteht, e) für viele Unternehmen gelte ich bereits als zu alt, f) und somit als zu teuer. Wenn ich also in eine Gehaltsverhandlung gehe, muss ich mich natürlich über alle anderen Faktoren, die mich als Bewerberin nicht attraktiv machen für meinen potentiellen Arbeitgeber so verkaufen, dass ich attraktiv werde. Nun kann ich an meiner Qualifikation und meinem beruflichen Werdegang kaum schrauben, ich kann mich nicht jünger noch unerfahrener machen, als ich bin. Ich werde weiterhin als potentiell krankheitsanfällig gelten aufgrund meines Alters – ich kann also meine Attraktivität als Frau nur über einen einzigen Punkt steuern: dem Gehaltswunsch. Das ist politisches Kalkül, denn ich unterliege als Mensch dieser Gesellschaft dem Zwang arbeiten zu müssen. Lust darauf, weniger Geld zu verlangen, habe ich keine. Ich bin auch mitnichten der Meinung, dass ich real weniger verdienen sollte, als mein männlicher Kollege. Dieser Gedanke kommt und ist mir nie in den Sinn gekommen! Alleine die Realität aber lässt meine Überzeugung zu leben leider nicht zu.
Gleiches gilt übrigens auch für Frauen, die jünger sind, weniger Qualifikationen (zu wenig Erfahrung, zu wenig Fachwissen) mitbringen. Die sich mit dem Manko ja übermorgen doch Mutter werden zu wollen oder schon Mutter sind – vielleicht alleinerziehend – also die Möglichkeit unverhoffter Ausfälle, wenn die Kinder mal krank sind, mitbringen. Oder wegen der Kinder ja eh nur mit dem halben Ohr bei der Arbeit sind, keine Überstunden machen können etc. Wir müssen reagieren, um in diesem für uns Frauen sehr schlechten Arbeitsmarkt, Arbeit zu finden. Also verkaufen wir uns auch unter Wert. Dass wir genauso viel verdienen sollten und wollten, wie unsere Kollegen, ist überhaupt nicht zu bestreiten.
Auch nicht durch Studien, deren Verursacher Stefan Liebig, Jürgen Schupp und Thomas Hinz heißen. Die, so vermute ich stark, Männer sind und an dieser einen Stelle erlaube ich mir meinen Zweifel an der Evidenz dieser Studie anzumelden. Natürlich steht es jedem frei, eine Studie nach seinem Gusto zu deuten. Ich sehe diese hier schlicht falsch interpretiert.
So oder so ist es aber nach wie vor Fakt, Frauen in Deutschland fehlen weiterhin im Durchschnitt mindestens 300 Euro im Monat im Portemonnaie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen, die sie in ihre Altersvorsorge stecken müssten. Die existierende und künftige Altersarmut von Frauen ist in Deutschland weiterhin ein genau gar nicht von der Regierung diskutiertes Problem hierzulande. An dem Thema hat sich seit den Trümmerfrauen erschreckend wenig für Frauen zum Positiven geändert, ein Beispiel: das neue Unterhaltsrecht und daran erkennt man auch wie sehr schlecht Merkels Frauenpolitik ist.
Ich kenne übrigens kein Unternehmen in Deutschland, das es als Inhalt seiner Imagearbeit verstanden hätte, damit zu werben, Frauen gleich hohe Gehälter zu zahlen, wie ihren männlichen Kollegen. Warum wohl?
!
AntwortenLöschenfroh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist ist ein König
AntwortenLöschenJau, liebe creecy nimm's Dir zum Beispiel :-)
klar bin ich der Meinung, dass das Einkommen geschlechtsneutral sein sollte, aber wir befinden uns- trotz des Unwetters namens Angie - in einer Männerwelt
.. und gegen Die werd' ich mich gerade stellen :-)
Aber lass Dich nicht beirren, das was ich eingangs geschrieben habe, gilt uneingeschränkt
.. nur wer hört schon auf mich :-(
Argh! Da möchte man mit dem Kopf solange an die Wand hauen, bis man wirklich so bescheuert ist, wie die das gerne interpretieren.
AntwortenLöschenUnd wieder möchte ich ganz dringend den Wortlaut der Fragen und möglichen Antworten wissen, um mir ein Bild machen zu können - warum bekomme ich diese Basisangaben praktisch nie in der Medienberichterstattung?
AntwortenLöschen@hajo
AntwortenLöschenIch mache mir meine Preise inzwischen selbst. Bin aber oft genug erstaunt, was Männer für das gleiche Geld weniger Mühe und Qualität offerieren als Freiberufliche …
@Scholli
Ja, mag man. Ich frage mich schon den ganzen Tag, was sich auch
@kaltmamsell
fragt und ich gucke auf die DWI-Homepage und warte auf die Veröffentlichung und lese nix. Morgen frage ich per Mail nach. So sieht es momentan leider nur aus, als hätte die Journalisten sehr platt die PM abgeschrieben – und das wäre sehr ärgerlich bei dem Thema.
Dass Medien aufgrund Platzmangel sich nicht intensiver mit dem Thema auseinandersetzen können ist eines, aber das Thema scheint mir zu brisant, als dass man nur eine PM nachstottern sollte.
Ich maile morgen das DWI an, ob ich als Frau zu den Studien genauere Informationen haben darf.
Hey Leute,
AntwortenLöschenist ein spannendes Thema! Wollte euch zu diesem Thema nochmal auf die Artikel zum DLD Women Kongress aufmerksam machen. Hier findet ihr eine ausführliche Dokumentation http://www.sounds-like-me.com/news/dldwomen/
@Kaltmamsell & Creezy
AntwortenLöschenHatte gestern per Mail angefragt und die Studie sofort und freundlich zugesandt bekommen. Die Presse-Berichte sind mal wieder Blödsinn, aber es ist ja Sommerloch außer WM...
Zusammenfassung stellt das DIW morgen unter Wochenberichte online.
creezy, Deine Argumentation warum frau möglicherweise auch in einer Gehaltsverhandlung von sich aus weniger fordert als ein Mann das tun würde übersieht zwei Taktiken, die viele Männer erfolgreich anwenden:
AntwortenLöschen1. Ich mache mich bewusst teuer, dann denkt mein Gegenüber vielleicht, ich sei's auch wert.
2. Ich fordere deutlich mehr als ich meine bekommen zu können. Wenn mein Gegenüber mich unbedingt will, dann wird er mich vielleicht runterhandeln, oder auch nicht. Wenn er mich nicht nimmt, wollte er mich eh nicht haben.
Anders gesagt: Wer im eigenen Kopf die Gründe für einen möglichen Misserfolg vorwegnimmt, beraubt sich der Möglichkeit, trotz der anerkanntermaßen vorhandenen Widrigkeiten durchzukommen mit seinen Vorstellungen.
Männer verhandeln oft, auch das ist bekannt, aggressiver. Und oft funktioniert das. Wie auch immer man das findet.
Gruß, svenski.
@generator
AntwortenLöschenDanke, ich habe sie mittlerweile auch. Bin noch nicht zum genauen Lesen gekommen.
@svenski
Das Männer aggressiver verhandeln weiß ich, frage mich nur immer, was wird da kompensiert? Das abhanden gekommen Jagen oder Kriegen? ,-)
Aber für mich selbst habe ich die Entscheidung getroffen, in der Diskussion ein bestimmtes Level nicht verlassen zu wollen. Ich denke aber, auch das ist ein Punkt, wo man eben merkt, Geschlechter kommunizieren eben oft nicht gleich – ganz ohne Wertung.
Was Du sonst angibst, ja, Du hast völlig Recht. So ähnlich habe ich auch gestern in einem Blogpost argumentiert zum Thema „Verlage zahlen schlecht“. Verlage (andere Arbeitgeber) zahlen natürlich nur solange schlecht, solange Du es ihnen auch gestattest. Ich denke, das ist ein Fakt, den müssen vielen Arbeitnehmer oder Freie erst noch begreifen, die Frauen darunter auch.
Du solltest Kurse geben zum Thema Gehaltsverhandlungen geben! ,-)
Inzwischen folgte auch die Gegendarstellung der DIW-Leute, die diese Studie durchgeführt haben...
AntwortenLöschenAber darüber, dass das alles einhellig von "Qualitäts-Journalisten" und Bloggern zu solch blödsinnigen Meldung verdreht wurde, schreibt jetzt ja keiner mehr.