Jetzt wo die Tage kürzer und die Nächte länger werden, die Stimmung trüber, die Schokolade wichtiger und wir wieder viel mehr Zeit für nicht sooo relevante Dinge haben, wie zum Beispiel endlich wieder unsere Blogs mit Inhalten und die der anderen mit Kommentaren zu füllen, kurz bevor uns wieder die Blogkochshow und das Blogweihnachtswichteln ins Haus steht, dachte ich so bei mir, wir haben uns lange nicht mehr mit Stöckchen geknechtet oder?
Die Aufgabe ist simpel und kann auch bei schlechtem Wetter durchgeführt werden. Ihr durchgrast Eure Wohnung mit offenen Augen und guckt Euch ein paar Gegenstände heraus, die Euch an Eure Kindheit erinnern. Diese werden fotografiert, gerne auch in neu lomografischer Handyqualität und dazu könnt Ihr gerne ein paar wenige bis viele Worte verlieren, warum dieser Gegenstand Eure Erinnerung weckt und Euer Herz berührt.
Ich lege los und setze meinen Eltern und Großeltern damit ein kleines Denkmal, was aber bitte nicht heißen soll, dass Ihr Euch auf bei diesem Stöckchen unbedingt auf Familie zu konzentrieren habt. Bei mir ist es nur so, dass dies gerade Gegenstände sind, die mir meine Verstorbenen immer noch ganz nahe scheinen lassen. Es sind solche Sachen, die mich behütet fühlen lassen. Und ein wenig schmerzt, dass es nach mir niemanden mehr geben wird, der mit diesen Gegenständen die Menschen, ihre Geschichten und Gerüche verbindet. Sie sind die Geschichten meiner Kindheit, sie machen mich heut noch in schwachen Momenten wieder stark!
Omas und Opas (väterlicherseits) Nussknacker. Ein von mir schon als Kleinkind bestauntes Stück Kinderglück. Lange Zeit durfte ich ihn nicht bedienen, weil man immer Angst hatte um meine Finger, nicht dass ich überhaupt die Kraft gehabt hätte. Dann wurde ich langsam von Oma und Opa an ihn in seiner Bedienung heran geführt. Dieser Nussknacker ist für mich sinnbildlich gleichwertig, wie das Fahrrad fahren lernen bei Oma im Garten. Mittlerweile hat sich bei mir eine größere, wenn auch noch allzu übersichtliche Nussknackersammlung aufgetan. Aber dieser Nussknacker ist mir immer noch der Liebste von allen – übrigens in der Praxis tatsächlich auch der Beste. Gucke ich ihn an, habe ich sofort Visionen vom Weihnachtsbaum im Wohnzimmer bei meinen Großeltern und sehe die Familienrunde bei Gänsegeruch in der Küche im Wohnzimmer sitzen. Opa hatte am 1. Weihnachtsfeiertag Geburtstag, das Zusammenkommen war Tradition. Außerhalb der Saison stand er bei Oma im Geschirrschrank, ich musste aber immer mit ihm spielen!
Omas (mütterlicherseits) Armbanduhr. Die schenkte mir meine Mama sehr früh, weil sie ihr nicht mehr passte. Oma war die einzige in meiner Familie, die Schmuck vererbt hatte. Es ist eine niedliche kleine Uhr, deren Ziffernblatt aus Pergamentpapier zu sein scheint und ich finde sie heute noch wunderschön – auch wenn sie mir langsam leider auch nicht mehr passt. Naja, die Uhr muss noch aus der Zeit sein, als meine Oma Tänzerinnenärmchen hatte.
Diese Porzellandose mit geklebten Deckel war im Haushalt meiner Mum und mir und war die „da hebe ich Geld auf“-Dose. Wann immer ich einkaufen sollte, sie aber vergessen hatte mir Geld hinzulegen, schickte sie mich an diese Dose. Dort sammelte sie immer die Fünfer (DM) wenn sie zu rauchen aufhörte oder das Trinkgeld ihrer Patientinnen. Meine Mum hing an der Dose, weil sie noch von meiner Oma war, ich hänge an der Dose, weil sie von beiden ist. Ratet was ich in der Dose sammle?
Das unglaublich schön-hässliche Blechtablett meiner Mum aus den 70igern. Stand bei uns in der Küche immer links auf dem Küchenbrett mit allen anderen Tabletts. Für mich die direkte Verbindung zur Pril-Blumen-Zeit. Irgendwann sagte ich meiner Mum einmal, sie möge das bitte niemals wegwerfen, weil es mich so unbedingt an meine Kindheit erinnert. Sie schenkte es mir dann an meinem nächsten Geburtstag. Es verleiht meiner Küche wohl das, was man gutes Karma nennt. Anlässlich dieses Fotos habe ich es vom Küchenschrank genommen und nun auch wieder auf das Fensterbrett platziert.
In dieser Rührschüssel hat mir meine Mum immer zu Geburtstag die Sachertorte angerührt. Ich glaube, ich bin das einzige Kind, das ich kenne, dass schon in jüngsten Jahren „ja!“ zu Zartbitterschokolade sagte. Wenigstens im Kuchen. In dieser Schüssel geschahen all die wundervollen Dinge, die mich als Kind begeistert hatten und glücklich machten. Als ich nach der Todesnachricht das erste Mal in der Wohnung meiner Mum war, war sie das erste Teil, das ich mit zu mir nehmen musste. Die Wichtigkeit dieser Schüssel für mich ist kaum zu beschreiben. Kaum etwas ist mehr meine Mum, meine Kindheit, als diese Schüssel.
Dieses Pralinenschale von der KPM habe ich von meinem Papa geerbt. Auch sie gehört dazu. Er hatte dort eine Zeitlang gearbeitet und uns 2te Wahl-Geschirr aus der Brennerei mitgebracht. Wer weiß, für welche Summen heute noch bei der KPM 2te Wahl-Geschirr verkauft wird, kann sich den materiellen Wert denken. Der Weg bei mir mit mir geschenkten Pralinen und Schokoladen geht üblicherweise so: erst auf die Schale als Opfergabe, dann in den Mund. Schmeckt viel besser. (Hier mit letzter Tomatenernte 2009 von Balkonien.) Und der ideele Wert liegt viel höher … vom Papa habe ich noch ein selbst von ihm graviertes Namenschild für meine erste Wohnung angefertigt, sehr kurz bevor er starb. Kann ich aber nicht zeigen, wegen dem Namen und so …
Mein Opa mütterlicherseits hatte am oberen Ende vom Ku'Damm, am Halensee, ein riesiges Teppichgeschäft. Aus dem Geschäft stammt noch dieses Buch, das mir meine Mum schon früh gegeben hatte. In dem Buch ist noch ein Stempel des Geschäftes mit Telefonnummer … der Laden wurde 1961 aufgegeben, kurz nach dem Tod meines Opas. Ich glaube heute fest, wäre alles anders gekommen, ich hätte sehr wahrscheinlich diesen Laden übernommen. Ich hätte Spaß gehabt an alten Teppichen, fernen Reisen und dem Handel. Ich hatte immer Spaß an den Erzählungen meiner Mum und Oma, dieser Mann war mir dank der beiden zeitlebens immer sehr nahe und wichtig!
Von dem gleichen Opa, den ich ja nie kennen gelernt habe, weil er dreieinhalb Jahre vor meiner Geburt verstarb, habe ich den von ihm sehr klassisch eingeschriebenen Füller geerbt. Was ich bis heute noch faszinierend finde, wir waren nicht blutsverwand, denn meine Mum war deren Pflegetochter, aber es ist der einzige Füller in dem ich in meinem Leben je anständig schreiben konnte – vom Schriftbild als auch von der Haltung für mich. Ich habe ihn vor einigen Jahren bei einem alten Familienbetrieb in Augsburg zur Reparatur gegeben, nachdem Pelikan meinte, ihn nicht mehr reparieren zu können. Er funktioniert!
Von meiner Oma väterlicherseits habe ich die Pfaff-Nähmaschine geerbt, die steht gerade bei einem Freund. Als auch ihre Puppensammlung und … Knopfsammlung, ganz wichtig oder noch wichtiger als die Knöpfe mit den dazu gehörenden Blechdosen! Der hellblaue Knopf, der da vorne liegt, gehörte zu ihrem Bademantel. Ein gesteppter Bademantel aus Polyester in dem sie immer Sonntag morgens auf der Coach saß und mit mir frühstückte, wenn ich bei Oma und Opa geschlafen habe. Diesen Bademantel werde ich nie vergessen! Mit seinem Anblick kommt auch immer so ein Geruch von gutem Golden Toast und Langnese Honig auf Butter auf. Oma und Opa konnten sich das damals schon leisten, für mich heute noch der Inbegriff von Luxus in meiner Kindheit.
Mein Opa väterlicherseits war gelernter Kunstschmied, arbeitete später als Schlosser. Aus seiner kreativen Zeit stammten die Vögel, die ich von meiner Oma übernommen hatte, sie konnte sie nach seinem Tod nicht mehr sehen. Sie hängen in meinen Wohnungen vom ersten Tag an über den Wohnungstüren und vermitteln mir immer das Gefühl von Freiheit und Offenheit. Freunde, die mich kennen, wundern sich sehr über Vögel in meiner Wohnung. Nun, es sind Opas wundervolle Vögel. Ich bin übrigens ein großer Freund von schmiedeeisernen Arbeiten, immer schon gewesen. Es muss etwas Genetisches sein!
Auch diese wunderschöne Katze von meinem Opa gemacht. Meine Katzenliebe kommt aus der Ecke dieser Familie. Dort gab es immer Katzen, auch das wurde mir ganz klar von der Sippe in die Wiege gelegt. Die Katze steht an meinem Bett, seit ich sie habe. Jeder der mich kennt denkt, sie stünde da, weil ich Katzen verrückt bin. Was natürlich stimmt, dass mit dem verrückt sein nach diesen schrullig-zärtlichen Biestern, nur sammle ich eigentlich gar nichts mit Katzen. Diese Skulptur hier ist einfach nur mein Opa und steht für das, was er mir mit ins Leben gegeben hat: die Liebe zur Kunst und zu den Tieren.
So, muss ich jetzt das Stöckchen zwangsvergeben oder nehmt Ihr es Euch selbst und macht was daraus?
Edit: Wie ich schon in den Kommentaren anmerkte, lasst Euch bloß nicht von meinen Fotos einschränken. Das Stöckchen heißt nicht, zeigt, das Ihr von Eltern oder so geerbt habt, sondern zeigt Gegenstände aus Eurer Wohnung, die Euch an Eure Kindheit erinnern. Das kann genauso gut die Orange sein, die Euch an Omis ausgepressten Orangensaft zum Grießbrei erinnert, der Euch in Eurer Kindheit glücklich gemacht hat. Also vielleicht weniger den Gegenstand suchen, als erst mal in Gedanken zurück reisen …
Hier die Links zu allen Mitmachenden …
Ohhhhh Claudine!!!! Diese wunderschöne Katze ganz unten, die verkaufst Du nicht zufällig? Nein? Ich glaub nicht oder? Na ich hab wenigstens gefragt...Ist die schön!!!!
AntwortenLöschenWas für eine tolle Idee für das totgeglaubte Blogstöckchen! Ich muss zwar noch ein paar Tage warten, da momentan nicht zu Hause, aber dann geht’s auf Expedition in Schränken und Schubladen.
AntwortenLöschenWäre schön, andere Teilnehmer würden sich hier in den Kommentaren verlinken, damit man dem Stöckchen auch folgen kann ...
Wunderbares Blogstöckchen und wunderbare Geschichten, die Du zu Deinen Fotos erzählt.
AntwortenLöschenDer Nußknacker Deiner Großeltern ist klasse! Ach und ich war übrigens auch eines der raren Kinder, die schon in frühen Jahren auf zartbitter standen! :)
Cool. Und jetzt muss ich nachdenken wie ich da mitmachen kann...
AntwortenLöschenSchöne Idee und schöne Geschichten. Ich habe mir die Freiheit genommen, das Stöckchen zu apportieren ;-).
AntwortenLöschen@sabbeljan
AntwortenLöschenich darf dich erinnern, du hast jetzt ne kamera!
@viela
schön, dass wir darüber gesprochen haben. ich kann dich ja ins testament aufnehmen! ,-)
@formschub
ich freue mich schon!
@Liisa
Ja, der Nussknacker ist der Beste, der Allerbeste. Ich kann auch immer den Schrank riechen, so wie er innen roch, wenn ich ihn sehe … machst Du mit? Du komische zartbitteressende Göre?
@spontiv
Oj ja, bitte! Nachdenken ist gut.
@Quintus
Super, Du bist der erste. Vielen Dank für's mitmachen! Ich setze den Link gleich hoch!
Schöne und besondere Sachen.
AntwortenLöschenÜber Herrn Quintus bin ich auf Dein schönes Stöckchen gestoßen. Und wie bei ihm, in seiner zauberhaften Umsetzung, schon kommentiert: Klasse Idee von Dir!
AntwortenLöschenDer Entennussknacker ist ja scharf. Und das Karma-Blechtablett ist so rührend irgendwie. Und überhaupt sind die Fotos und die Worte dazu großartig.
Das ist wirklich eine tolle Idee.
AntwortenLöschenKindheit. Das ist schon so lange her :-)
Bitteschön, auch ich habe was gefunden.
AntwortenLöschenDas ist in tolles Fotostöckchen. Und ich frage mich seit ich es gelesen habe: was könnte ich fotografieren? Die Hamburger Glocke meines Dads hab ich mitgenommen beim Umzug, ansonsten ist hier alles irgendwie... neu. Ein paar alte Fotos, von denen ich mich nicht trennen konnte. Hm. Ich bin gerade etwas irritiert. Von mir.
AntwortenLöschen@kaltmamsell
AntwortenLöschengroßartig, wird sofort oben verlinkt …
@Jekylla
Ich erklärte das heute schon an anderer Stelle, Sie müssen das ja gar nicht so handhaben, wie ich in dem man Gegenstände nimmt, die „geerbt“ sind. Das können ja eigene Briefe von früher sein, das kann die Erinnerung von irgendeinem Familienrezept sein und dann fotografiert man eben ein Pfund Butter … sich bloß nicht von meinen Fotos in der Kreativität einschränken lassen! Außerdem kann ich mir auch gut vorstellen, dass dieses Stöckchen vielleicht etwas Zeit und Muße braucht – die eigentliche Idee dahinter sind ja die kleinen Reisen zurück …
Großartige Idee - das schreit nach einem Scrapbooking-Layout....Du wärest die geborene Scrapperin Claudia. Echt ma. So schöne Geschichten.
AntwortenLöschenSo, die Fotos sind schon gemacht. Jetzt noch zu jedem Foto drei Worte schreiben und das ganze veröffentlichen - kann also nur noch Wochen dauern ;-)
AntwortenLöschenIch war eben auf dem Dachboden und habe ein Stückchen Vergangenheit heruntergeholt: Hier mein erster Beitrag dazu.
AntwortenLöschenTypisch Mann könnte man sagen. Ein Fundstück aus der Vergangenheit mit kleiner Erklärung dazu findet man in meinem ersten Beitrag
AntwortenLöschenIch habe fertig!
AntwortenLöschenÄußerst. Prima. Idee.
AntwortenLöschensehr schöne Idee. Ich hab auch noch was.
AntwortenLöschenIch finde das Stöckchen total klasse und arbeite mich so nach und nach durch die weiteren Beiträge.
AntwortenLöschenIm Moment hab ich grad keine Zeit um mal mit Kamera auf die Suche zu gehen und zu erzählen, warum ich womit was verbinde. Aber ich habe es mir notiert und werde es nachholen, vielleicht auch erst im neuen Jahr.
Dank dir für die tolle Idee, die schon zu einigen wunderschönen Beiträgen führte.
Ist zwar schon eine weile her, dass die Fotoblogstöckchenidee hier zu laufen schien, aber ich musste einfach an all die kleinen Erbstücke von meinen Großeltern denken, die bei meinen Eltern zu hause herumliegen...
AntwortenLöschenMein Opa erzählte immer anhand seiner Sammlung seine alten Kriegsgeschichten. Eine davon betraf einen alten handgeschnitzten Holzteller. Er erzählte ein Soldat habe ihn am Ende des Krieges, weil er ihm wohl zu schwer wurde, am Wegesrand abgelegt. Mein Großvater sammelte ihn auf und hat ihn und seine Geschichte weitervererbt.
Auf der Rückseite des Tellers steht "Der Kompanie die meinen Namen trägt", doch keiner konnte mir bisher etwas über die Kompanie erzählen...das Mysterium um diesen Teller fesselt mich bis heute!
What a great jobs. personally i like it...
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