2008-08-13

Seit ich meinen persönlichen Freund

bei der Arbeitsagentur habe, wir feiern dieses Jahr unseren dritten gemeinsamen Jahreswechsel, steht in seinem Büro hinten auf einem Beistelltischlein ein vertrockneter ehemals grüner Glücksbambus in dem üblichen kleinen weißblauen Porzellangefäß. Furtztrocken, wie wir hier sagen. Jedes Mal wenn ich bei ihm bin und mir sein auswändiges Rezitieren irgendwelcher Unterstützungsvarianten bei Bewerbungsbemühungen, die selten wirklich welche sind, anhöre und intern daher ungehört um Kürzung flehe, fällt mein Blick auf dieses trauriges Stück trockenes Braun. Manchmal beschleicht mich ein bitteres Gefühl in seiner Umgebung könnte alles Organische solch' Wandlung nehmen.

Mag der Grund sein, warum er ein Einzelbüro hat. Die anderen nicht.

Der Blick dort aus seinem Büro fällt auf ein Halbdach auf dem die Klimaanlagenaluabzüge stehen. Diese haben innerhalb der letzten fünf Monate erstaunlich stark an ihren Ecken zu rosten angefangen. Ich bin nicht wirklich gut unterhalten dort. Nee nee.

Ich erinnere mich öfter mein Rad in dem überdachten Radabstelldrahtgestell gleich vorne am Anfang auf dem Agenturgelände untergestellt zu haben. Knapp bemessen fand ich es schon immer. Es hat jetzt eine Tür. Als ich vor dieser gestern erstaunt stand und diese Tür öffnen wollte, war sie verschlossen. Das ehemals öffentliche Radabstelldrahtgestell ist zu einer nur für Arbeitsagenturfallmanagerfahrradunterstellunterkunft aufgestiegen.

Seit gestern weiß ich es also: auch mein Fahrrad ist Hartz. Hartz V.

5 Kommentare:

  1. Sind Sie auch so ein Sozialschmarotzer, der eigentlich fuer den Fahrradabstellplatz von den ueppigen 351 Euro noch etwas abgeben muesste? Weil Sie nicht wissen, wohin mit dem vielen Geld fuer's Nichtarbeiten? Und sich keinen Job suchen, weil ja das Leben von der Stuetze so viel toller und einfacher ist?

    ;-)

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  2. @pathologe
    Ich bin schlimmer. Ich benutze öffentlichen Straßenraum mit meinem Rad und wir nutzen ihn ab ohne dafür Steuern zu zahlen. Von mir mal ganz abgesehen, auch das Rad denkt nicht an arbeiten und rotzt nur auf der Straße rum, wenn ihm ein Abstellplatz nicht genehm ist, weil nicht protzig genug.

    ,-)

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  3. @Creezy: Steuern zahlen geht immer, und wenns nur die Mehrwertsteuern sind. Keine Sorge, Sie zahlen mit Ihren Steuern nicht nur die eigene Straßenabnützung, sondern auch die, die ich gelegentlich mit meinem österreichischen Töff-Töff in Berlin verursache, gleich mit. :)

    Aber im Ernst: Fahrrad-Abstellflächen stehen auf den Streichlisten immer ganz oben. Man hat den Eindruck, dass bei der Planung niemand an Radlfahrer dachte, dann ein einfacher Radlständer vom Baumarkt (einer für 500 Angestellte reicht) gekauft und am nächsten frei aussehenden Platz aufgestellt wird - und sobald IRGENDWER für IRGENDWAS etwas Raum braucht, wird genau dieser Radabstellplatz eingespart. Nutzt ja eh niemand...

    Übrigens: gute Beobachtungsgabe!

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  4. Oh mein Gott, dann stehe ich mit meinem Fahrrad offensichtlich an der Rampe zum steilen sozialen Abstieg! An dem Reiche-Leute-Haus, in dem ich wohne, gibt es zwar eingebaute Garagen, aber nicht einen einzigen Fahrradstellplatz - nein, auch nicht im Keller. Ich trage das gute Stück tagein, tagaus die Reiche-Leute-Treppen hoch auf meinen Balkon und wieder runter. Man will uns wohl hier nicht - mal sehen, wer länger durchhält.

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  5. @truetigger
    Stimmt schon, ach danke! Jetzt fühle ich mich doch gleich wieder ein kleines bisschen besser! ,-) ich kann für Berlin nicht wirklich sagen, sie streichen hier Radabstellflächen. Nee, meistens haben sie das schon auf dem Plan (ausgenommen größere Einkaufszentren, da scheint keiner drauf zu kommen, dass auch Radfahrer sehr wohl einkaufen gehen). Hier fahren klar mehr Rad als es die Stadtbauer «schon» (wat'n unvorhersehbares Phänomen aber auch: Geldknappheit und Energiekrisen) auf dem Plan haben. Und danke auch! ,-)

    @kaltmamsell
    In meiner Behausung zwei schnöde Reifen vor der Haustür rechts und links im Boden eingelassen. Aber wir reden hier von Bauten von 1936! Ansonsten Keller. Aber nach oben getragen werden und den Balkon bevölkern, der Besitzerin ganz nahe sein … ich glaube, Dein Rad ist 'n Prinzessin! ,-)

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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!