Wenn auch aus deutscher Sicht ausser Spesen nix gewesen ist. Aber gut, wenn ein Mädel-Quartett, das – obwohl einer Casting-Show entsprungen – über musikalisches und stimmliches Talent verfügt und zusätzliche visuelle Vorteile mitbringt in ein Rennen geschickt wird mit dem schwächsten Song, den sie jemals gesungen haben, genau die beiden Sängerinnen die Hauptparts singen, die bekanntermaßen stimmlich nicht die charakteristisch besonderen sind und die Stimme einer Sandy so fies in den Refrain gehauen wird, dass man fürchtet, sie wird gleich abgeschlachtet und es als einziges Choreographieelement ihnen erlaubt ist, wie Aliens herumzustehen und einzig die Windmaschine arbeitet, dann … glauben eben nur die Bulgaren an ihre Lucie im Team und schickt die Schweiz zwei Höflichkeitspunkte. Wenigstens haben sie sich doch noch mal umgezogen.
Aber Mädels, unter uns: die Schwedin hatte deutlich die hübscheren Beine und mit ihnen die natürlichere Beinbewegung, auch wenn ihre zurechtgeschnittene Donnatella Versace-Visage mich die ersten 02:15 Minuten vom Song sehr erschreckt hatte somit völlig abgelenkt, obwohl der an sich überhaupt nicht schlecht war. (Edit. Schöne Idee von Frau Generator: Charlotte Pirelli in Googles Bildersuche eingeben und sich die Wandlung von einer Frau zur Fratze ansehen.)
Generell bin ich recht froh, dass die lebendig gewordenen offensichtlich zurecht geschnippelten, gebleichten, extensionesquen Barbiepüppchen gestern deutlich abgstraft wurden - ich suchte bei der Polin die ganze Zeit den Ausschalter, so ganz rund läuft es noch nicht mit den Androiden. Andererseits erstaunlich, dass sie schon so gut funktionieren. Das sollte uns zu denken geben.
Ansonsten bei den Mädels viel Bein, viel Glitzer, viel Gardine am Kleid, viel Shakira-Hüftschwung, viel Mähne aber immerhin – auch wenn mancher Song trotzdem flach war – sie hatten im Gegensatz zu früher alle Stimme. Und viele von ihnen zogen mit der Moderatorin (hübsch mit Julia-Roberts-Breitmaulschnauze aber dennoch blass) des Abends gleich: sie zogen sich um. Bevorzugt von schwarz auf weiß. Das lässt super viel Interpretationspielraum.
Überhaupt fand ich diesen Grand Prix in seiner stimmlichen Qualität der Teilnehmer einen der Besten. Es gab kaum einen Song bei dem man sich aufgrund der Interpretation abdrehen musste. Gut, dass Aserbeidschan bei der ersten Teilnahme am Wettbewerb gleich mit Elnur (& Samir) eine Eunuche mit Hasenkinderpfötchen in der Hose ins Rennen schickt, dazu gehört Mut und ich zolle ihnen dafür Respekt. Dank Einblick auf deren Tänzerinnen dürfte nun wohl jeder Hausfrau klar sein, was man tatsächlich tun muss, um cellulitefreie Oberschenkel zu haben. Nur in den Drogeriemarkt zu fahren, gehört da jedenfalls nicht zu.
Die allermeisten Songs waren gut, hörbar, einige erstaunlich sehr gut. Von diesem Grand Prix könnte man sich eine ganze CD kaufen – vor allem wenn man auf Ethno-Pop steht. Mein persönlicher Favorit des Abends: Andy Abraham aus Großbritanien. Cooler mitreißender Typ, sehr gute Stimme mit einem tanzbaren ins Ohr gehenden Song, gute mitreissende soulige Performance – der Typ kam als zweiter und hat das Haus sofort gerockt – da kann ich nicht verstehen, warum die Briten nicht deutlich mehr Punkte bekommen haben. Herr Exit hätte übrigens gerne mehr Informationen über den Schneider des Sängers. Anyone? Ich mochte auch den Teilnehmer aus Bosnien Herzogovina, Elvir Lakovic Laka. Schräge Performance. Klar, relativ sinnbefreit. Aber unterhaltsam und trotzdem gar nicht sooo peinlich (ich weiß, Herr Julius, Sie sehen das ganz anders!) und vor allem war der Song gut. Handwerklich sehr gut. Ein Grand Prix-Song mit Intro und Mut zum Taktwechsel, so dass zum Schluss wirklich was anderes rauskommt als am Anfang des Stückes, das gibt es leider auch nicht mehr so oft: Eigenständigkeit. Abwechslung. Mut in der Komposition. Tatsächlich der einzige Song, den ich heute noch im Kopf habe. Und Frau Indica träumt ab sofort von Kleidern mit großer Schleife auf dem Hintern.
Die Bühne mit diesen fließenden Elementen fand ich gut – auch die Lichtshow. Das war mit wenig Aufwand ein stimmig umgesetztes farbliches Konzerthappening, bei dem jeder Künstler sein RGB passend aufs Auge gedrückt bekam. Nur die Kameraführung war dezent gesagt gewöhnungsbedürftig. Und was war bitte mit dem skandinavischen Punkteverteiler los? Darf man wirklich so jung und schon so blau ins Fernsehen?
Über den Franzosen muss ich noch eine Weile nachdenken. Hatte ja auch mit dem Helium nicht sooo gut geklappt. Hm, ehrlich? Ich habe wenig Verständnis, dass Baguettemania mehr Punkte kassiert hat für eine Type, die so offensichtlich gar keine Lust hatte (in des Sängers Alter ist diese Art von Coolness nur noch wenig cool), als der britische Beitrag. Die Finnen waren lustig, die Türken überraschend wenig schmalzig. Den Song vom Spanier fand ich nur schwach, die Mädels hässlich. Nutten-Mode will ich an so einem Abend nicht sehen müssen. Komischerweise muss man sich dann von der anwesenden spanisch sprechenden Elite erklären lassen, man würde eben den Hintergrund des Liedes nicht verstehen. Selbst wenn? Was ändert das an einem schwachen Song und einem Sänger ohne nennenswerter Stimme? Keine Logik, die sich mir erschlossen hatte. Ich habe schon Las Ketschup gehasst! Viele Sympathiepunkte für Kroatien – zum einen haben sie in der immer mehr zu einer Jugendsendung mutierenden (ja, die NoAngels sahen im Vergleich zu den anderen Mäusen wahrlich nicht mehr frisch aus) Veranstaltung den Altersdurchschnitt gerettet. Man erschrickt ja mittlerweile schon fast zu Tode, wenn in der Punktevergabe plötzlich ein Moderator auftaucht, der deutlich über 51 ist). Zum anderen war es ein sympathischer Song mit einer ausgereiften Performance. Unterhaltsam anzusehen mit Mut zum Tempowechsel.
Ach und dann macht der Russe nun endlich das Rennen. Bisschen schmalzig, offenes Hemd als Zugeständnis für die Zielgruppenbeauftragten bei denen er in unserer Runde deutlich weniger ankam als die eine oder andere männliche Hupfdohle (was würden eigentlich all die kleinen singenden Glitzermäuse ohne ihre Tanzbären machen?) der vorangegangenen Interpreten. Entsetzen bei Herrn Bellerophon, wusste er doch tiefgründige Bosheiten über den neuen Grand-Prix-Star (Millionärssöhnchen, Gerüchte sich eingekauft zu haben in den Vorentscheid, weitere Gerüchte über
Schöner Post, ich hab den bei mir verlinkt (oder heißt das gelinkt, wie manchmal zu lesen ist...)
AntwortenLöschenGutenacht, Ingolf
Auch interessant: bei der erneuten Google-Bildersuche nach Frau Pirelli tauchen einige ältere Fotos plötzlich nicht mehr auf. Hmm? Kann man das Netz auch umoperieren?
AntwortenLöschenAbgesehen davon, dass ich mir musikartbedingt diesen "Kram ala Euro-ich-kann-nicht-singen -geschweige-denn-tanzen" sowieso nicht gebe, ist dieser Post wohl der Längste, den ich hier, seitdem ich mitlese, entdeckt habe. (OMG! Was ein Satz)
AntwortenLöschenUnd da ich immer fleissig auf Arbeit mitlese, vermisse ich die kurze Schreibe :-) Soooooo viel Zeit habe ich dann doch net über...
Achja worüber hast Du (ich duze einfach mal) denn nun letzten so übermässig gefreut? Nein ich bin gaaaar nicht neugierig ;-)
Kommando zurück! Habs mir bis zum Ende angetan - und mich köstlich amüsiert!
AntwortenLöschenOb kurz, ob lang,
bei creezy wird mir da nicht bang!
:D
@ingolf
AntwortenLöschengerne geschehen – aber ich heiße creezy! ,-)
@r|ob
Sehen 'se, Du sollst ja auch nicht so schwer arbeiten!
@generator
Jaaa … das liegt aber eher an der Klickhierarchie, da rutscht dann Altmaterial schnell nach hinten.
@wumpi
Persönlich finde ich ja meinen längeren Text die besseren, meist. Aber es wird immer beides geben! ,-)
Gibts da auch noch Fotos von Euch/Ihnen, vom Essen und vom Kater?
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