2022-09-13

True Italian Pizza Week 2022 – Rundes Vergnügen!

Es ist Herbst und somit Zeit für die dritte True Italian Pizza Week. Dieses leckere Pizza-Event findet dieses Mal in 12 deutschen Städten gleichzeitig statt! Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Hannover, Düsseldorf, Frankfurt, Leipzig, Münster, Nürnberg, Mannheim, Dresden, Wuppertal und – das ist ja wohl der Hammer – Bielefeld!


Pizza wie in Italien

Die nachweislich besten Pizzerien in den einzelnen Regionen machen mit und servieren ab dem 15. September eine Woche lang zwei extra für dieses Event kreierte Pizzen, davon immer eine in einer vegetarischen/veganen Variante mit einem Glas Aperol Spritz für 15 Euro. Klickt einfach hier auf eine der Städte und ihr findet alle teilnehmenden Pizzerien mit ihren Specials beziehungsweise die traditionelle Karte aller am Event teilnehmenden Restaurants in eurer Region am Beispiel des öffentlichen Nahverkehrs der eigenen City. So kann man sich ganz einfach entlang der Stadteile mit dem italienischen Nationalgut verwöhnen.

Da ist nichts mit geschmackloser Massenware! Wer bei diesem Event teilnehmen möchte als Restaurant, der verbirgt sich für den Einsatz originaler italienischer Zutaten. Für einen Teig mit sehr langer und daher bekömmlicher Teig-Gare, meist mit Lievito madre (milder Sauerteig) angesetzt – und je nach Region Italiens zu dem sich das jeweilige Restaurant zugehörig fühlt mit den besonderen Köstlichkeiten dieser Region. Je nach eigenem Gusto mit Fior di Latte (Mozzarella in Streifen geschnitten aus Kuhmilch) wie beim napoletanischen Original oder mit Mozzarella aus Büffelmilch, sahniger Burrata oder Stracciatella di bufala belegt. Ansonsten mit sehr viel Fantasie für die köstliche runde Scheibe. True Italian eben.

Wer die Vielfalt der Pizza in der eigenen Stadt schon selber sehen möchte, der sollte dieser Tage dem Instagram-Account von True Italian folgen. Dort werden seit Tagen (sucht einfach unter dem Hashtag eurer Stadt) die Fotos der vielen wundervollen Pizzavariationen gezeigt – was für eine köstliche Vielfalt! Und es gibt einen Fotocontest mit charmanten Gewinnen oben drauf: Eine dreitägige Reise für zwei Personen nach Neapel (1 Platz), einen fantastischen Ooni Koda 12 Pizzagrill mit einem Aperol Spritz-Überraschungspaket (2. Platz) und für die Drittplatzierten gibt es das Aperol Spritz-Überraschungspaket.

Ich durfte in Berlin im Vorfeld in zwei sehr schönen Restaurants schon einmal deren Varianten für euch ausprobieren.


Marian Blu Vino Cucina & Pizza

Zunächst waren wir im Restaurant Maria Blu, das von Francesco Bianco (Foto) im Weinbergsweg 8a (drei Minuten Fußweg vom U-Bahnhof Rosenthaler Platz) geführt wird. Ein sehr charmantes Restaurant in dem sich der Piazillo Erlis Dishani für alle Köstlichkeiten in der Küche verantwortlich zeigt. Er selber stammt von Sizilien und macht meiner persönlichen Meinung nach die schmackhaftesten und saftigsten Arancini, die ich je genießen durfte. Aber die sind bekanntermaßen keine Pizza und so serviert das Marina Blu nebenbei eine Pizza mit Fior di Latte, Thunfisch, karamellisierten Zwiebeln aus Tropea, und Oliven aus Taggiasche (Riviera di Ponente) sowie Cherrytomaten. Die vegetarische Variante ist belegt mit Fior di Latte, gegrillter Zucchini, Stracciatella und fritierten Zucchiniblüten. Die vegetarischen Pizzen gibt es übrigens in allen Restaurants auch in einer veganen Variante. Und tatsächlich, ich, die ich fast immer eine Pizza mit Thunfisch wähle, fand hier – wie auch im nächsten Restaurant – die vegetarische Variante der Pizza besonders lecker! Die Pizza im Marina Blu ist in der Mitte etwas dicker, der Rand ist etwas softer.

Sehr zu empfehlen sind hier übrigens auch die fantastischen Vorspeisen! Die wundervollen Arancini habe ich bereits erwähnt, sollte man unbedingt zu zweit essen, sonst ist nicht mehr viel Platz für einen Hauptgang (und das wäre doch schade bei den Pizzen). Das Carpaccio vom Oktopus mit einem Ruccola-Pesto mit Mandeln und getrockneten Tomaten macht genauso viel Spaß, wie die Frittura di Pesce Mista mit im Bierteig frittieren Kabeljau und Calamari, dazu gebratene Sardinen und Garnelen, die mit einem Kräuter-Dip serviert werden. Das Vitello Tonnato ist lebhaft in seiner Würze. Sehr frisch und lecker, gerade beim Fisch setzt man auf einen langjährigen Lieferanten, der keine Kompromisse in der Frische macht. Im Marina Blu habe ich ehrlich gesagt den besten Aperol Spritz getrunken, der mir im Zusammenhang der True Italian-Events je serviert wurde. Fransceso erklärt uns jedoch, dass man in Italien vorzugsweise Bier zur Pizza trinkt – diesbezüglich hat er sehr gut vorgesorgt!

Das zweite Restaurant serviert den Spritz auch in der Limoncello-Variante.


Terra Restaurant

In Kreuzberg hatte uns Silvia Bellusci mit ihrem tollen Team auf der Terrasse ihres Restaurants Terra (Grimmestraße 1, 7 Minuten vom U-Bahnhof Kottbusser Tor) empfangen. Sie setzt sehr auf Regionalität in den Zutaten, die nicht aus Italien stammen müssen – das darf dann auch schon mal Mehl in Bio-Qualität aus der Region sein, weil es mindestens so gut, wie das aus Italien ist – und auf ökologisch einwandfreie Qualität in der Produktion ihrer verwendeten Produkte. Da macht Silvia auch keine halben Sachen, wie die eigene Wurmkiste auf der Terrasse beweist. (Keine Panik, da ist alles hygienisch unter Verschluss.) Die sichtliche Freude von Silvia darüber ist unbezahlbar.
Silvia serviert uns eine sensationelle The Black Buffalo mit gelben Tomaten und Sauce aus eben jenen, die mit einer besonderen Süße und Säure auf dem Teig spielen, der mit Sepia-Tinte schwarz gefärbt ist und besonders würzig schmeckt. Sie serviert übrigens alle Pizzen mit den Köstlichkeiten aus dem Meer als Pizza negre, sie haben daher eine eigene Kategorie auf der Speisekarte des Restaurants.

Die Pizza negre ist meine Entdeckung beim diesjährigen Event und ja: wegen ihr komme ich garantiert wieder ins Terra! Mozzarella di Buffola, Sardellen und frische Kräuter (Infarm) machen diese Pizza zu einem sehr saftigen, fruchtigen Ergebnis mit schöner Würze und krachender Kruste. So gut!
Die vegetarische Variante, The Yellow Courgette, kommt mit einem grünen Pesto, Mozzarella, gelber Zucchini – die, wenn der Markt keine Gelben anbieten kann auch schon einmal grün sind – Ricotta, Zitronenthymian, Nüssen und vielen Gartenkräutern z. B. Erbsensprossen (Erbsenkresse) auf den Tisch. Gerade dieser unerwartete Erbsengeschmack sorgt bei uns allen für viel überraschende Freude. Die gleiche Pizza kann auch vegan geordert werden, dann findet man luxuriösen Ricotta aus Mandeln – selber im Terra produziert – auf der True Italian Pizza. Wer noch Appetit auf ein Dessert hat, dem empfehle ich im Marina Blu auf jeden Fall das Tiramisu mit Pistazien Creme, im Terra hat mich die vegane Espresso Pannacotta (Foto oben) glücklich gemacht.

In Berlin nehmen an der True Italian Pizza Week 34 Pizzerien am Event teil, – also haltet euch ran! Ich kann immerhin schon einmal diese zwei Restaurants von Herzen empfehlen und freue mich wieder total darüber bei der True Italian Pizza Week zwei neue Orte kennengelernt zu haben, wo man sicher auch ohne Appetit auf Pizza ein anderes Mal fantastisch italienisch essen kann.

Marina Blu Vino Cucina & Pizza Berlin
Weinbergsweg 8a, 10119 Berlin
Telefon +49 (0) 176 22018245
Mail: info@marinablu.de

Öffnungszeiten:
Mo-Sa: 16:30-23:00 Uhr
So: 12.00-22:00 Uhr

Terra Restaurant
Grimmstraße 1, 10967 Berlin
Telefon: +49 (0) 30 5497 6251
Mail: reservation@terrarestaurant.de

Öffnungszeiten:
Mo-Di: geschlossen
Mi-Sa: 17:00-23:00 Uhr
So: 13.00-22:00 Uhr

2022-09-08

Bye bye Lizzy!

Das hast Du wieder geschickt eingefädelt.

Am Dienstag noch über beide Wangen gestrahlt als Du diesen verlogenen Lump Boris Johnson offiziell in die ewigen politischen Jagdgründe entsandt hattest und ihm gezeigt hast, wo der schottische Maurer das Loch gelassen hatte.

Mittwoch irgendeiner Zoom-Konferenz noch den Stinkefinger gezeigt.

Heute hast Du die Handtasche ein letztes Mal von rechts auf links gehängt. Und hast dich aufgemacht, die Lücke, die Philipps Tod in dein Leben gerissen hatte, wieder zu schließen.

Ich hoffe, Dich umgibt verdiente Ruhe! Nach diesem Leben. Was für ein Leben!

Ich bedanke mich für den Spaß, den ich mein Leben lang mit dir hatte. Den Zunder und den Zauber, das Altmodische, das Humorige, diese lustigen Hunde, diese urkomischen Bilder von dir als älterer Dame auf deinen Pferden, die Hüte, die farbenfrohen Kostüme – das sehr sehr sehr großartige Kostüm in Blau und in Gelb im Brexit-Leave-Jahr.

Diese Contenance – sie wird mir immer unvergessen bleiben!

2022-08-30

Fuck off „Zug der Liebe”

Wir haben hier Samstag in der Docking Station gedacht, wir spinnen. Alle! Nachbarn! Ich habe selten so ein Beispiel menschlicher Ignoranz, Ekligkeit und Niedertracht erlebt. Und sorry, man muss es leider adressieren: Junges zugedröhntes egoistisches Partyvolk.

Hintergrund: Ich wohne in Berlin in der Heinrich-Heine-Straße sehr nahe vor dem Moritzplatz kurz vor der Sebastianstraße. Nette modernisierte kurze Platte (vier Geschosse) vor und zwischen unseren Häusern liegen Grünflächen, direkt vor unseren Häusern Vorgärten, die wir Nachbarn teilweise pflegen und mit eigenem Geld ausstatten. Parkrondell von Nachbarinnen gepflegt. Neu angelegte Gartenbereiche für die Allgemeinheit. Es gibt nun jung den Mietergarten, der von uns Nachbarn liebevoll gepflegt wird. Es wurden in diesem Jahr hier sehr viel Gelder – aus Genossenschaftsgeldern also unserer Allgemeinheit – investiert – um ein schönes grünes Umfeld zu schaffen.

Wir arbeiten hier in unserer Freizeit in dem Grün unserer Wohnanlage, die umzäunt ist – bis auf die Autozufahrten zum Parkplatz – mit offenen Toren und auf zwei Gebieten eine weitere Umzäunung mit geschlossenen Toren z. B. den Spielplatz vor unbeliebsamen Besuch schützt.

Samstag lief eine Demonstration durch die Stadt, der sogenannte „Zug der Liebe”, inoffizieller Nachfolger der Loveparade. Die Route dieser Demonstration darf nicht mehr – wie früher – den Tiergarten streifen, um dessen Grün vor menschlichem Vandalismus zu schützen.

Offensichtlich hat die Berliner Versammlungsbehörde beschlossen, das unsere Grünanlage in der privaten (!) Wohnanlage sehr wohl diesem ausgesetzt werden darf – und den Veranstaltern gestattet diese Demo in unserer Straße genau vor unserer Anlage zum Stillstand zu bringen, die Wagen entlang der Heinrich-Heine-Straße vor dem Moritzplatz „zu parken” und über den Zeitpunkt der Abschlusskundgebung um 20:00 Uhr und dem offiziellen Ende 21:00 Uhr, das inoffizielle Ende war nicht vor 22:00 Uhr, hier zu parken! Der Veranstalter hatte die Demo mit ca. 30.000 Teilnehmern angemeldet. Offiziell sollen es abschließend 9.000 gewesen sein laut den Behörden (also waren es vermutlich 15.000.)

Wie inkompetent kann eine Berliner Behörde sein?

Die ersten Wagen erreichten den Ort der Abschlusskundgebung bereits um 18:30 Uhr und ab diesem Zeitpunkt sind die Teilnehmer in Horden – als zu Hunderten – über unsere Grünanlage hergefallen wie die Heuschrecken und haben sich ungerührt in allen Ecken des Geländes ausgepinkelt und ausgeschissen (pardon my french). Egal. wie sehr wir Nachbarn unten oder von den Balkonen sie versucht haben davon abzuhalten. Sie haben in die Hauseingänge gepinkelt. Sie haben an unsere (sehr gepflegte Häuser) Hauswände gepinkelt.

Sie sind über die Zäune auf den Spielplatz geklettert (!) um sich da auszupinkeln.
Auf. Dem. Spielplatz.

Selbst am späten Abend sind noch in einer Minute mindestens zwanzig Leute alleine auf unseren Teilabschnitt gekommen, um sich ihrer Körperflüssigkeiten zu entledigen. Rechnen wir 20 Leute/pro Minute auf eine Stunde mal drei Stunden Aufenthalt der Wagen hier in der Straße: 3.600 Leute. Und das ist die niedrigste Hochrechnung, es waren wie gesagt, am Anfang mehrere hundert Menschen, die sich hier auslebten.

Was für eine beschissene Gesellschaft sind wir eigentlich geworden?

Die den Verkehr regelnden Polizisten von uns entsetzt angesprochen, haben dann zwar „telefoniert” – passiert ist leider seitens dieser Behörde auch nichts. Anrufe der Polizei: sind ins Leere gelaufen! Sie hatte uns im Vorfeld nicht einmal auf den Umzug überhaupt hingewiesen. (Normalerweise haben wir bei großen Veranstaltungen Hinweise aufgrund der Parksituation aushängen.) Nichts.

Toiletten – was durchaus eine Auflage hätte sein müssen seitens der Versammlungsbehörde – es ist ja nun keine Neuigkeit, dass Menschen bei einer auf sieben Stunden angesetzten – und hier auch bekanntermaßen Spaßdemonstration – Demo sich Flüssigkeiten und sonstige Substanzen zufügen, die irgendwann wieder raus müssen – Fehlanzeige! Die in diesem Jahr neu installierte öffentliche Toilette oben an der Annenstraße nach diesem Wochenende komplett demoliert: unbrauchbar!

Natürlich mussten auch in unserer Grünanlage überall von intaktem Müll abgesehen Flaschen zerbrochen werden. Die hier wohnenden Kinder können für lange Zeit nicht mehr durch die Grünanlagen laufen, barfuß.

Dass die Musik der Wagen die Lärmschutzgrenzen der Berliner Lärmschutzrichtlinie natürlich missachtet haben: geschenkt! Ich bin wirklich für Demonstrationen die einem wirklichen inhaltlichen politischen Zweck dienen, natürlich soll Musik gespielt werden, natürlich sollen vor allem junge Menschen ihren Spaß haben – auch in dieser Stadt. Gerade jetzt nach diesen üblen Jahren.

Aber nicht so! Nicht mit dieser vorsätzlichen Rücksichtslosigkeit. Mit welchem Recht gehen Menschen mit fremden Eigentum so um?

2022-08-25

Ganymed Brasserie – Paris an der Spree

Frankreichreisende, die Fisch lieben, werden sie immer in ihrem Gedächtnis tragen! Die Krönung eines jeden Fischmenüs: Hohe Etageren mit Eis bestückt auf denen frischeste Meeresfrüchte, im Süden Frankreichs oft sogar noch lebendig serviert werden. Schnecken, Austern, Garnelen – dazu eine sanfte Rotweinvinaigrette mit feinen Schalottenwürfeln oder eine Rouille. Baguette. Und im Glas ein kühler Sancerre. Himmlisch!

Ich habe schon immer gesagt, dass Berlin am Meer liegt. Und tatsächlich haben wir hier in Berlin auch das Glück so köstlich maritim-französisch verwöhnt zu werden. Nicht an der Seine, noch an der Côte d’Azur – die Spree kann das auch: In der Ganymed Brasserie am Schiffbauerdamm 6.

Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Denn davon abgesehen, dass ich gerne ins Berliner Ensemble gehe, habe ich diese Ecke Berlins – genauer gesagt – die Gastronomie dieser Ecke Berlins als Touristen-Meile abgetan und freundlich ignoriert. Ziemlich genau von der Sekunde an als dort die „Ständige Vertretung” öffnete. Ich glaube, wir Berliner waren in der Akzeptanz der Wiedervereinigung von Ost und West deutlich tolerant-offener und schneller als in der Zusammenfügung von Bonn und Berlin. Ersteres halt mit Leidenschaft – letzteres nicht immer ganz grundlos.


Beinahe 100 Jahre Ganymed
Dabei gilt das Ganymed als eines der ältesten Restaurants Berlins, ist also kein Ort, der sich einfach so einvernehmen ließe. In dem Eckhaus am Schiffbauerdamm kehrten schon seit dem 19. Jahrhundert die Fischer der Spree und Schiffbauer der an den Ufern angesiedelten Werften ein. Zwischenzeitlich auch als Bankhaus genutzt, bekam 1931 das neu eröffnete Restaurant seinen Namen Ganymed und öffnete seine Türen für Menschen mit Geld und Ansehen. So gingen nun Bankkaufleute, damit auch die politische und alliierte Elite ein und aus. Unisono Vertreter der erfolgreichen Kunstszene, beispielsweise Bertold Brecht, Helene Weigel oder Heiner Müller fühlten sich wohl im so damals beworbenen Weinrestaurant mit Weltniveau.

In den Jahren nach dem Mauerfall war es still in den Wänden, die so viel Geschichte schon erlebt haben. Bis 1996 das Restaurant restauriert und 2005 als Ganymed Brasserie wiedereröffnet wurde und sich im Interieur als auch auf der Karte sowieso aber auch mit dem internationalen Charme der Servicekräfte herrlich frankophil gibt. In den Innenräumen teilen sich die Gäste eine lange Polsterbank entlang der Wand und das Mobiliar erinnert wirklich an französischen Chic der Pariser Brasserien.


Hier begrüßen Gastgeber!
Unterhalb der Terrasse auf Höhe des Ganymeds entspringt die Panke in die Spree. Ein kleiner Zufluss, von dem meisten Besuchern gänzlich unbemerkt, würden im Ganymed nicht illustre Gastgeber wie André Stockhausen arbeiten. Ja, Gastgeber! In der Ganymed Brasserie begrüßen ebensolche und das wirkt sehr charmant. Stockhausen ist auch privat begeistert von der Geschichte seiner Arbeitsstätte und weiß sehr viel Historie über das Etablissement zu berichten. Und von den Menschen, die ihm die Geschichten der früheren Jahre erzählt haben. Er also macht uns auf den Zufluss der Panke überhaupt erst aufmerksam. Ein Bildungsessen, wie großartig!
Zuvor werden wir von einem anderen Gastgeber, einem Berliner Original mit französischen Wurzeln, wirklich sehr herzlich (!) bei Austern und Sancerre begrüßt: Patrick Willems ist ein in Berlin sehr bekanntes Gesicht der Gastroszene. Der heute 74-jährige Franzose begann seinen beruflichen Werdegang in der Hotellerie, wechselte später als Restaurantleiter in die Paris Bar und schrieb die Geschichte dieser legendären Bar mit. Auch wenn er zwischenzeitlich zurück ins Hotelfach ging, ließ er sich erneut von der Paris Bar für eine zweite lange Amtszeit verpflichten. Willems ist ganz sicher ein Grund für den langjährigen Erfolg der Paris Bar in Charlottenburg und es war durchaus ein Coup magistral von Michael Pankow, sich Patrick Willems 2009 ins Haus zu holen. Er begrüßt die Gäste meist am Wochenende während André Stockhausen in der Woche die Geschichte des Hauses lehrt und dabei die französischen Köstlichkeiten serviert!


Größte Sommerterrasse Berlins
Ach, ich gehöre zu den Menschen, die Austern lieben! Und gekühlte frische Crevetten? Teile ich sonst höchstens mit Shiina! Fisch und Meeresfrüchte sind in allen Variationen mein Ding! Ich bin also absolut am richtigen Platz an diesem heißen Juli-Abend hier an der Spree! Der heutige Inhaber der Ganymed Brasserie, Michael Pankow, nennt auch das eine Hausnummer weiter liegende „Brechts Steakhaus” sein eigen, hat sich – im Zuge der Pandemie – mit den Inhabern der anderen am Schiffbauerdamm ansässigen Gastronomie zusammengetan und so spricht er heute selbstbewusst von der größten Sommerterrasse Berlins auf der er uns empfängt. Tatsächlich gibt es in Berlin gerade zur Sommerzeit kaum einen Platz am Wasser, der einen so mondän nach „Hauptstadt” fühlen lässt. Trotz der 180 Außenplätze und 130 Innenplätze ist eine Reservierung in der Ganymed Brasserie zu empfehlen, denn das Restaurant ist inzwischen wieder beliebter Tummelplatz der Berliner Kunst-, Kultur- und Politikszene.


Kernkompetenz: Fisch und Meeresfrüchte

Der Berliner Sommer auf dieser großen Sommerterrasse ist zauberhaft zu uns und wir genießen in fröhlicher Runde zur Begrüßung, wie geschrieben, wundervolle Austern „Fine de Claire”, Crevetten rosé und spritzige Getränke und sind schon allerbester Laune als wir an den eingedeckten Tisch am Wasser gebeten werden. Wer es uns einmal nachtun möchte, bestellt sich diese Köstlichkeiten zusammen als „Platte Classique” mit 4 Fine de Claire, 6 Garnelen, 6 Crevetten rosé, Zitrone und Vinaigrette für € 45,—/Person.

Ehrlich – wie wundervoll ist es doch mit reizenden Menschen sich gemeinsam an einem Tisch die Suppe zu teilen? Und damit meine ich wirklich: teilen! Das ist so etwas, das gibt in der deutschen Gastronomie leider viel zu selten. Dabei ist es doch so ein Geschenk, sich gemeinsam ein Mahl zu teilen, die hohe Kunst wirklich gemeinsam zu speisen. Kann es ein schöneres Zeichen der gemeinsamen Wertschätzung geben?
Wir tun genau das an diesem Abend, die Safrane-Bouillabaise wird in der Ganymed Brasserie ab zwei (bis zehn) Personen serviert und uns in den rustikalen schönen LeCreuset-Kochtöpfen auf den Tisch gestellt und von dem Gastgeber in unsere Teller eigeschenkt. Zander, Lachs, Pulpo, Kabeljau und Garnele mit Croûtons und Rouille. Der Fisch kommt hier übrigens frisch angeliefert direkt aus der Bretagne. Eine wundervolle Haupt- oder wie hier: Vorspeise!


Michael Pankow: Visionärer Ausbilder
Apropos eingeschenkt, der Service in der Ganymed Brasserie ist charmant, schnell und erfüllt uns jeden Wunsch. Gutes Servicepersonal in dieser Zeit zu finden und zu halten, ist ein viel diskutiertes Thema in der Branche. Auch an den Restaurants von Michael Pankow geht die Personalkrise, die Covid 19 der Gastronomie beschert hat, nicht spurlos vorbei, wie er uns zwischen den einzelnen Gängen erzählt. Um das hohe Niveau in den Küchen und im Service seiner Restaurants halten zu können, legt Pankow großen Wert auf Mitarbeiter, die Gastronomie bewusst für sich als Beruf auserwählt haben und diesen von der Pike auf lernen möchten. In der Ganymed Brasserie bereiten die Gastgeber das Tartar noch dem Gast am Tisch zu bzw. zerlegen gekonnt den Fisch. Dabei unterstützt er seine Auszubildenden weit über das tarifliche Maß hinaus.

Die qualitativ hochwertige umfassende betriebliche Ausbildung seiner Mitarbeiter ist für den Gastronom, der übrigens selbst als Autodidakt zur Gastronomie kam, primäres Ziel. Und das setzt er engagiert um: Übertarifliche Bezahlung bereits im ersten Lehrjahr, Miethilfen, Auszubildenden aus dem Ausland kann sogar Wohnraum gestellt werden und Ausbilder im Betrieb, die sich regelmäßig selber weiterbilden, um den Lehrlingen ein modernes Ausbildungsspektrum bieten zu können.

Mit Erfolg: Im Sommer 2022 besteht Pankows Team aus 60 Mitarbeitern – von ihnen sind alleine 20 Auszubildende nationaler und internationaler Herkunft. Und die meisten von ihnen dürften wohl in eine sichere berufliche Zukunft blicken, denn bisher hatte Michael Pankow alle seine Auszubildenden nach ihrem Abschluss gerne übernommen!


Mehr aus dem Meer!
Für uns Gäste geht es schon weiter mit den herrlichen Platten voller Köstlichkeiten des Meeres! Serviert wird uns ein Potpourri der besonderen Meeresfrüchte- und Fischangebote in der Ganymed Brasserie: Die Platte „Royal” beglückt mit einem Hummer, 4 Fine de Claire, 6 Crevetten rosé, 6 Garnelen, 2 Black Tiger, 2 Jakobsmuscheln, gegrilltem Oktopus, Lachstatar, Zitrone, Paprika-Sellerie-Vinaigrette und Gurken-Gin-Vinaigrette.
„La Mer” verwöhnt pro Person mit einem halben gegrillten Hummer, 2 gebratene Jakobsmuscheln, 4 gegrillte Garnelen, 2 Black Tiger geröstet mit Ratatouille, Rouille, Cocktailsauce und Rosmarinkartoffeln.

Wir schlemmen uns durch die Etagere mit ihren kühlen Meeresfrüchten und genießen die gegrillten Schalentiere von „La Mer” mit dem gut gerösteten Knoblauchbrot. Frische, Qualität und Zubereitung stimmen, das Sommerwetter schmeichelt, der Wein ist gut gekühlt – Berlin im Ganymed ist irgendwie ein Stück schöner.

Wir teilen, schwelgen, genießen den frischen, köstlich zubereiteten Fisch – und natürlich den Wein! Als Aperitif gibt es einen Crémant de Bourgogne Blanc Patriarche pére et fils. Zu den Hauptgängen wahlweise den Picpoul von Hecht & Bannier aus dem Languedoc. Ich bevorzuge den Sancerre von 2020 der Domaine de Roger Neveau Clos des Bouffants, denn … ich bevorzuge eigentlich immer einen Sancerre!


Hier war ich nicht nur einmal!

Auch das Dessert wird uns etagiert serviert mit einem Potpourri feiner Variationen der Dessert-Karte. Crêpes Surprise, Brownie à la Moelleux au Choccolat (köstlich), Mousse au Choccolat und frische Früchte und der obligatorische Espresso. Es ist zu köstlich! Die Ganymed Brasserie hat einen neuen Fan, sie heißt creezy und möchte sehr gerne wiederkommen!

Die Ganymed Brassserie öffnet Montag-Freitag ab 11.00-24:00 Uhr, Samstag-Soonntag ab 10:00-24:00 Uhr. Frühstück (bis 14:00 Uhr) gibt es auf der Tageskarte (12.00-17:00 Uhr) und neben französischen Fischspezialitäten gibt es ein umfangreiches Angebot von Fleischkreationen auf der Karte. Für Vegetarier gibt es ein Risotto bzw. wechselnde Gerichte auf der Tageskarte.

Ganymed Brasserie
Schiffbauerdamm 5, 10117 Berlin
Telefon: 030 28599046
Reservierung: reservierung@ganymed-brasserie.de

2022-08-24

Winnetou

Nachdem sich nun auch Apanatschi (Uschi Glas) zur Debatte geäußert hatte, möchte ich auch meinen Psalm zur Ravensburger-Verlag-Winnetou-Kinderbuch-Debatte geben.

Als diese ganzen Winnetou-Filme rauskamen, bin ich gerade geboren worden. Ich bin also altersbedingt nicht ins Kino gegangen, um sie zu sehen, sondern habe sie dann in der Erstausstrahlung im deutschen Fernsehen Jahre später irgendwie mitbekommen. Kindlich naiv mochte ich die nie, weil immer einer sterben musste (meist ein Guter) von irgendjemanden gemolcht (meist von einem Bösen). Das in der weiteren Handlung dann meist die Guten auch die Bösen molchten, um den Tod des Guten bei den Bösen zu rächen, war mir kindlich suspekt.

Fakt ist aber: Ich bin (durch diese Filme) in dem Glauben sozialisiert worden, dass die Guten allermeist die weißen Cowboys waren, die Bösen allermeist die Indianer, die noch böser waren, weil sie nicht nur töteten sondern auch den Skalp zogen. Und nur weil Old Shatterhand Winnetou die Hand reichte, hatte ich eine Idee, dass es eventuell noch einige gute Indianer neben den vielen Bösen gab. Ich bin nicht neutral zu Indianern in dieser Zeit sozialisiert worden. Und das finde ich – heute realisiert – sehr sehr bitter!

Mein Bruder, dreieinhalb Jahre älter als ich, war indes früh großer Fan dieser Buchverfilmungen. Ob er je eines der Karl May-Bücher gelesen hatte, weiß ich nicht, denn er hatte es mit dem Lesen nicht so. Später hatte ich einmal angefangen diese Bücher zu lesen, denn es gab sie in meinem Elternhaus. Interessanterweise – obwohl ich sobald ich halbwegs lesen konnte immer alles weggelesen hatte, was meinen Weg kreuzte (ich habe sehr früh Hermann Hesse gelesen) – konnten mich die Bücher von Karl May nie überzeugen sie zu Ende zu lesen. Was gestern auf Twitter sehr viele Menschen auch erzählt haben.

Ich bin mindestens einmal zum Fasching als Indianerin gegangen, das beweist ein Foto. Erinnern kann ich mich daran selber nicht mehr. Apanatschi (Uschi Glas) war die schöne, gute und vor allem „nur” Halbdindianerin, die Glas in. Als die durfte man gehen zum Fasching. Inwieweit ich überhaupt darauf echten Einfluss genommen hatte, weiß ich heute nicht mehr. Ich vermute eher nein, tatsächlich traf die Kostümentscheidungen meine Mum – zeitgemäß mit großer Kreativität hinsichtlich ihres kleinen Budgets. Ich ging auch einmal als Frau Antje, Rotkäppchen und einmal als Charleston Girl. Mein Bruder indes ist mehrmals als Cowboy gegangen. Inwieweit er da inhaltlich geschichtlich wirklich verankert war, keine Ahnung. Beim ihm tippe ich eher auf die Liebe zum Colt und Platzpatronenpapier.

Tatsächlich haben wir in meiner Kindheit aber sehr oft Cowboy und Indianer gespielt. Ich möchte in meiner Erinnerung behaupten, dass allermeist in dem Faschingsspiel Jungs die Cowboys waren und Mädchen die Indianerinnen, die Indianer mussten öfter sterben. Das kann man tiefenpsychologisch ruhig wirken lassen.

Interessant übrigens, die erste Verfilmung eines Karl May-Werkes im Jahr 1920 (!) war ein Stummfilm namens „Auf den Trümmern des Paradieses”. Ist verschollen. Persönlich finde ich die Vita von Carl Friedrich May spannender als eines seiner von mir ungelesenen Werke. (Ich habe es wirklich versucht.)

Dass die May-Bücher, Filme zu dieser Zeit in (West-)Deutschland vor allem in der Nachkriegszeit so einen Erfolg haben konnten, vermute ich, lag daran, dass alles was in Amerika spielte oder passierte irgendwie toll war, denn es waren die wundervollen Alliierten aus Amerika, die uns trotz unserer jüngsten Geschichte des Holocausts irgendwie gerade noch einmal so die Hand zur Versöhnung gereicht hatten. (Was ich den Amerikanern tatsächlich hoch anrechne, wie auch den Briten und Franzosen. Nicht den Russen, die sind meiner Meinung nach den gleichen Weg sehr falsch gegangen.)

Dass wir Deutsche nach unserer hässlichen jüngeren Gesichte in dieser Zeit uns mit den Amerikanern besonders verbunden gefühlt haben, geschichtlich inhaltlich, mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass die First People (Europäer btw.) seit der Besiedlung von Amerika im Jahr 1776, das Volk der Indianer von 6-7 Millionen im Jahr 1500 auf nur noch 237 000 Menschen im Jahr 1900 dezimiert haben. Und das sehr bewusst. Man ist auf dem „Trail of Tears” weder mit den Cherokee und auch beim „Long Walk” mit den Navajo human umgegangen.

Wir erinnern uns, Deb Haaland, ist unter Präsident Joe Biden die erste (!!!) indigene Politikerin als Innenministerin. Im Jahr 2021. Soweit ich informiert bin, haben die Amerikaner den Genozid an den Indianern immer noch nicht als solchen in ganzer Tragweite zugegeben. Schade eigentlich, hinsichtlich anderer Völker können sie es nämlich.

Es mag in den Augen der damaligen unter Hitlers brauner Politik sozialisierten Deutschen durchaus sympathisch gewirkt haben von jemanden gerettet worden zu sein, der auch ziemlich viel inhumanen Dreck am Stecken hatte. Also bei den knapp 5000 Deutschen, die sich nach dem Krieg weiterhin zum Nationalsozialismus bekannt haben. Der Rest, das wissen wir ja heute, waren alle Friedenskämpfer. Immer schon. (/ironietag_off)

Unter all diesen Gesichtspunkten finde ich die Verehrung der Bücher und Filme von Karl May in der deutschen Gesellschaft als heutige Erwachsene sehr bewusst völlig daneben, wie ich immer schon fassungslos vor Berichterstattung zu diesen Bad Segeberg-Spielen stand, wie ich das auch schon als ehemaliges Kind ganz unbewusst einfach nicht mochte, wie oben schon beschrieben. Natürlich mag man als Kind das Töten und Sterben sowieso nicht, egal wo es passiert und wen es trifft.

Auf. So. Verdammt. Vielen. Ebenen. Finde ich das daneben!

Die erste: Es stehe uns einfach nicht zu Cowboy und Indianer-Kriege unseren Kindern in der heutigen Gesellschaft als Unterhaltungsform anzubieten. Nicht bei der Geschichte. Nicht, wenn der Verursacher sich bis heute der Anerkennung seiner Vergehen entzieht! Ich will das nicht mehr: Weder in Büchern noch in Filmen! Und wenn Uschi Glas sich heute so zitieren lässt: Und – die ist ja nicht blöd, die Frau – in ihrem Zitat: „In den Filmen und den Romanen gibt es Gute und Böse. Sie haben weiße oder rote Haut.” in genau dieser Reihenfolge auf das Gute „weiße Haut” und auf das Böse „rote (sic!) Haut” (–> Wikipedia Artikel) folgen lässt, dann werde ich so unendlich sauer, dass ich dieser ollen weißen Frau zu gerne ins Gesicht speien möchte! Wie wenig kann man in 78 Lebensjahren kapiert haben?

Meiner persönlichen Meinung nach ist Uschi Glas eine elendige Rassistin.

Ich sage es mal so: Nur weil ich als Kind ein Buch gerne gelesen habe (oder auch gar nicht oder gar nicht gerne) heißt das nicht, dass ein Buch aus dem Jahr 1893, das damals vermutlich sogar von dem Autoren mit durchaus völkervereinigenden Zielsetzung verfasst worden ist, über einhundert Jahre später weiterhin gesellschaftliche Relevanz haben sollte mit dem gleichen Ausdruck in der Thematik.

Wir sind mittlerweile klüger, wir sind weiter. Wir leben in der Zeit der Globalisierung. Und vermutlich vermag Karl May mit seinen Büchern ein Stück weit das Bewusstsein für ein faires Miteinander bei einigen Lesern geweckt haben. Frühzeitig.

Und trotzdem müssten sie heute ganz anders erzählt werden. Denn wir müssen leider jeden Tag gegen wieder erstarkenden Rassismus kämpfen! Bücherbildung gerade bei jungen Menschen halte ich hier für eines der klügsten Instrumente – direkt nach persönlichem Austausch und dem klugen Vorleben des sozialen Umfeldes. Wir können heute die Geschichte der Indigenen Völker wirklich anders, wahrheitsgemäßer besser erklären als Karl May es damals vermochte. Der Ravensburg Verlag hat gut entschieden.

2022-08-19

Das Wilhelm im Humboldt Forum

Berlin und sein neues Schloss

Die Sache mit dem Humboldt Forum ist eine komische – aus Sicht einer Berlinerin. Wir, die wir die Nörgelei und Motzerei mit der Muttermilch aufgesogen haben, haben nämlich gar nicht so viel zu meckern am Humboldt Forum. Und das ist – mit einer gesunden Portion Selbstkritik gesehen – eine wirklich erstaunliche Sache an und für sich!

Tatsächlich spalten sich die Stimmen der Berliner lediglich an einem Sachverhalt: Es gibt die Berliner, die – zu Recht – immer noch über den Abriss des Palastes der Republik empört sind, sich weigern einen Fuß in den Palazzo der alten Neumoderne zu setzen und mit Schmähkritik an diesem wirklich nicht geizen. Aber eben, fragt man etwas genauer nach, einfach noch nie dort vor Ort waren. Ein Sachverhalt den Alexander von Humboldt zu seiner Zeit recht schlau kommentierte: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.”

Und dann gibt es die Berliner, die (dazu gehöre ich) den Abriss des Palastes der Republik weiterhin kritisch sehen, das Humboldt Forum mehrmals besucht haben seit seiner Öffnung (easy, ich Glückskind falle von meiner Docking Station einmal fußläufig hin) – und das pompöse aber irgendwie auch sehr bonfortionöse Ding einfach ins Herz geschlossen haben. Und mit einfach, meine ich einfach. Eine kleine Flamme der Begeisterung, die mit jedem Eintritt größer wird. Der Koloss schmeichelt sich ins Zentrum des Blutdrucks, still und unaufgeregt. Und jedes Mal, wenn ich dort zu Besuch bin – die Gelegenheiten sind unfassbar groß übrigens – denke ich so bei mir: „Das ist ja mal wieder reizend!” „Oh, das gefällt mir sehr!” „Ah, das ist jetzt nicht meins aber irgendwie doch interessant.” „Ich habe keinen roten Faden in dieser Ausstellung gefunden – aber einzeln gesehen, waren da tolle Elemente.” Und dann immer wieder die Kommunikation über das Forum. Sprecht einmal einen Berliner meiner Generation zu der Tresortür (vom eben jenem Club Tresor aka früheres Kaufhaus Wertheim in der Leipziger Straße) in der Berlin Ausstellung des Humboldt Forums an. Welten von Geschichten, ein Fest der Erinnerungen!

Das Humboldt Forum – so es partiell weiterhin noch in der Werdung ist, denn noch sind nicht alle festen Ausstellungen fertig installiert – hat unbenommen eine Größe und eine Vielfalt, dass man überhaupt nicht nicht fasziniert und begeistert von seinem Hof reiten kann. Apropos Begeisterung: Ein sehr großes Lob an alle Menschen, die dort im Publikumsverkehr arbeiten – sie sind freundlich, serviceorientiert, wahnsinnig gut informiert und offensichtlich sehr begeistert von ihrem Arbeitsplatz. Das war schon so, als das Schloss wegen Covid noch geschlossen, zuerst nur zu äußeren Besichtigung einladen konnte und man mit den „Torpfosten” (sorry, der musste sein) ins Gespräch kam. Begeisterung, die sich überträgt. Und die eben bleibt, wann immer man Zeuge der weiteren Inbetriebnahme der vielen Bereiche im Schloss wird.

Restaurant Wilhelm und Deli Alexander

Und damit sind wir bei der Gastronomie, die mit der Voreröffnung des Restaurants Wilhelm am 1. Juli 2022 ihren runden Abschluss gefunden hat. Essen und Trinken kann man (seit Rücknahme der Covid-Maßnahmen) natürlich wie in allen Museen üblich in dem eng zu den Ausstellungsräumen installierten Forum Café und im Lebenswelten Bistro. Das Maß komplett (voll) machen in der gleichen großen Vielfalt wie die Ausstellungen im Haus nun die nach den Humboldt-Brüdern benannten Restaurants: Wilhelm & Alexander. Nachdem das Deli Alexander bereits im April seine Pforten für die Besucher öffnen konnte und Alexander von Humboldt entsprechend seiner vielfältigen weiten Reisen die internationalen Küchen seiner Reiseziele in der Karte offenbart, lädt das Wilhelm zum Casual Fine Dining ein und serviert bis zu seinem Grand Opening im September 2022 bei noch eingeschränkten Öffnungszeiten einen ersten Vorgeschmack auf seine vielfältige Küchenkunst. Im nordöstlichen Bereich des Forums residieren beide Restaurants baulich verbunden und mit Außenplätzen im Schlüterhof, der eine wundervolle Atmosphäre und auch ruhige Akustik hat. Weitere großer Außengastronomiefläche findet sich auf dem sogenannten Spreebalkon – zur Seite der Spree. (Ich schätze übrigens die Außenflächen rund um das Forum sehr.) Durch das gesamte Humboldt Forum zieht sich an 35 Plätzen die „Geschichte des Ortes”. Es sind charmante Erinnerungen an die lange Zeit dieses besonderen Ortes, der über viele Jahrhunderte Berlin prägen durfte. Und immerhin drei dieser Orte befinden sich in der Innenarchitektur dieser beiden Restaurants integriert wieder: Geschirr und Küchengeräte auch noch aus der Zeit des Schlosses als auch das Wandrelief aus Meißner Porzellan, das Besucher des Palastes der Republik aus einem seiner Restaurants wieder erkennen werden.
Fabian Fiedler ist Chef de Cuisine Die Küche des Wilhelms wird von Fabian Fiedler, der unter anderem im ***Restaurant Aqua in Hamburg bereits Chef Partissier war, geleitet. Konzeptionell unterstützte ihn dabei Patrick Jaros, beide Restaurants gehören zur Kanne Group. Für den exzellenten Service im Restaurant zeichnet sich Robert Kittelmann mit seinem hervorragenden Team, das einen wundervollen Service bietet, verantwortlich. Für meinen Martini, den ich als Digestif eines wundervollen Dinners genießen durfte, entschied ich mich für den japanischen Gin als Geschmackgeber. Die Bar ist hervorragend besetzt und kreativ bestückt – alleine diesen einen Aperitif kann man sich in drei Variationen servieren lassen nach einer sehr fachkundigen Beratung vom Service!


Von der Krise 1779 zum Restaurant in 2022

1779 reiste Wilhelm von Humboldt in einer Lebenskrise nach Paris und lebte dort mit seiner Frau Caroline und den Kindern vier Jahre als Privatier. Seine Auszeit wurde lediglich unterbrochen von zwei längeren Reisen nach Spanien. Der Aufenthalt im Baskenland trug dabei maßgeblich zu Humboldts Wende zur Sprachanthropologie bei. Genau diese Lebensepoche vermag das Wilhelm in seiner deutsch-französischen Küche à la carte aufzugreifen und schließt somit natürlich auf die durch die Hugenotten französisch geprägte Berliner Küche auf. Des Wilhelms Karte wird varieren, denn sie möchte sich auch an den wechselnden Ausstellungen des Forums orientieren. Wert gelegt wird dabei auf die saisonale und regionale Verfügbarkeit der Zutaten, um bei aller Geschichtsliebe in diesem Punkt eine sehr zeitgemäße Küchenphilosophie zu vertreten.

90 Plätze hält das Wilhelm im offen gestalteten Innenraum auf unterschiedlichen Ebenen vor, der im Design mit warmen Holz und Grün an die Kolonialzeit und ein Stück weit auch an den Jugendstil erinnert. Das Lampendesign ist sehr deutlich dem Palast der Republik gewidmet. Das Grün wird erneut aufgegriffen in dem sehr schönen Geschirr von Dibbern, das für das Restaurant nach Vorbildern aus dem Geschirr des weiter oben schon erwähnten Ortes der Geschichte entworfen wurde. Der Farbton zieht sich durch die gesamte Gestaltung des Wilhelms. Ja, es mutet merkwürdig an, wird in einer Restaurantbesprechung noch vor dem Menü über die öffentlichen intimen Räume gesprochen … aber das Wilhelm und Deli Alexander teilen sich die mit Abstand schönste Toilette für Menschen, die einen Rollstuhl oder Rollator benutzen, der ich je angesichtig wurde!


Wilhelms Menü

Serviert wird uns auf dem edlen Porzellan eine fleischfröhliche Variation der Vorspeisen der Karte. Einfach köstlich ist der Gruß aus der Küche, der von hervorragendem Graubrot begleitet wird: Ein Jambon de Bayonne. Die gelungene Reminiszenz an Wilhelms Reise ins Baskenland während seiner Paris-Jahre, wie übrigens auch das Piment d’Espelette in der überraschend pikanten Sauce Hollandaise zum Steaktatar à la Wilhelm an einem Strohkartoffelnest. (17 €, als Hauptgang für 28 € serviert.) So robust es geschnitten wirkt, so sehr fein ist es abgeschmeckt. Wie zart und fantastisch kann Nose to Tail sein? Der gebackene Kalbskopf kommt unfassbar locker und zart daher mit einer Sauce Gribiche und einem Orchester aus kräftig abgeschmeckten fermentiertem Junggemüse für 14 €. Beides ist wirklich sehr gut aber in das Gemüse verliebe ich mich noch ein wenig mehr. Es lässt wirklich hoffen auf die weitere Entwicklung der Menükarte hinsichtlich fleischloser Gerichte in der Zukunft. Diese Zusammenstellung ist mein persönliches Highlight der Vorspeise. Die Kalbsleberpaté wird begleitet von einem Cumberland Gelee mit einem Kräutersalat an einer milden Senfvinaigrette, sie ist würzig und sehr französisch. So auch unser Hauptgang, dieser mutet erstaunlich herbstlich an – an diesem einen sehr heißen Sommertag – ein Coq au vin. Solide im Rotwein geschmort mit Perlzwiebel und Speck aromatisiert und mit butterigen Spätzlen serviert. Begleitet von einem Spätburgunder vom Weingut Münzberg (2017), er folgt auf den die Vorspeise begleitenden Riesling By The Glass der Villa Huesgen. In typisch französischer Esskultur kann man im Wilhelm ein ausgesuchtes Menü mit drei Gängen für 27 € bzw. mit vier Gängen für 39 € wählen.

Ebenso einer Schlossküche würdig die Auswahl an Austern und Kaviar (Imperial Auslese). Wem diese Köstlichkeiten preislich zu wenig schwäbisch daherkommen, dem mögen die Maultaschen aus der Misere helfen. Königsberger Klopse, ganz dem Original entsprechend vom Kalb mit Sardelle, sprechen indes absolut für den Standort Berlin.

Köstlich klingen die vegetarischen Gerichte: Geschmorter Lauch auf einem Spiegel von cremigen Graupen, zerlassenem Parmesan umhüllt von Kräuterverlouté oder ganze pochierte Artischocke mit Gemüse der Saison gebettet auf zerdrückten La Ratte Kartoffeln und Leinöl Mayonnaise. Das Trou Normand à la Pomme, ein schlichtes Sorbet vom heimischen Apfel veredelt mit Calvados aus dem Château du Breuille ist leicht und könnte genauso gut als ein Zwischengang gewählt werden. Generell sollte man das Wilhelm nicht verlassen ohne sich mit einem Gericht der Dessertkarte zu beglücken. Fabian Fiedler gelingt das absolut mit seinem für uns ausgewähltem Mandelfinancier mit Honig aus spanischen Korkeichenwäldern, dunklen Beeren der Saison und imitierter Bienenwabe. Das Dessert sieht genauso köstlich aus wie es schmeckt oder schmeckte genauso köstlich wie es aussieht. Egal: Niemals nicht das Wilhelm verlassen ohne ein Dessert gegessen zu haben – alles andere wäre sehr töricht und würde auf die eigene süße Weltanschauung defizitären Einfluss haben.

Und das läge nun schlicht nicht im Geiste der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt!
Öffnungszeiten Restaurant Wilhelm:
Donnerstag bis Sonntag 18:00 bis 22:30 Uhr
(ändern sich mit der offziellen Öffnung im September)
Wilhelm: +49 30-31873243-40

Öffnungszeiten Deli Alexander:
Täglich 11:00 bis 18:00 Uhr, Dienstag geschlossen
Alexander: +49 30-31873243-30

Buchungen unter: www.opentable.de
Restaurant WilhelmAlexander Humboldt Forum
Schloßplatz
10178 Berlin

kontakt@wilhelmalexander.de

2022-07-27

Gefunden

Toll gefunden habe ich die Tatsache, dass die Wohnungsbaugenossenschaft – bei der Überarbeitung einer unserer Grünflächen, die für kommendes Jahr erst geplant war – unsere Idee aufgegriffen hatte und uns sogar noch in diesem Jahr einen Bouleplatz gebaut hatte. 12 x 3 Meter allerfeinste Rollstrecke für jung und alt, als Treffpunkt für nachbarschaftlichen Austausch bzw. Spielplatz für uns eher schon ältere Menschen. Samstag war Anstoß – durch alle Altersklassen hinweg, die anderthalbjährige Nachbarsmaus liebte es sich die Schottersteine über das Gesicht rieseln zu lassen, interessanter Fetisch. Ihre sechsjährige Schwester hatte uns ziemlich abgezockt mit den bunten Boccia-Kugeln (als Spiel für die Kids besorgt). Ich kann wohl besser mit den schweren Kugeln werfen.

Gefunden wurde mein kleines Etui in dem ich gesondert vom Portemonnaie immer Personalausweis, Führerschein und Organspendeausweis aufbewahre. Mit dem Glauben, wenn mir eines aus der Tasche gestohlen wird, habe ich wenigstens noch den anderen Teil. Jedenfalls ist mir Donnerstag aufgefallen, dass es weg ist. Ich konnte mich erinnern, dass mir bei einem Einkauf durch zu schwungvolles Handling meines Rucksackes viele Dinge aus einem Fach herausgefallen waren, wusste aber partout nicht mehr in welchem Geschäft es passiert ist. Nun, während ich noch sinnierte, wie lange ich den Verlust nicht der Polizei melde, ich hörte, dass solche Dinge gerne als Fundsache in Briefkästen der Post landen, die dann, wenn ihr möglich, wohl auch zustellt, erhielt ich Samstag Post vom Berliner Fundbüro mit dem mich zweifach erleichternden Hinweis, ich könne zum einen die Fundsache „Etui” dort abholen gegen zum anderen 5 Euro Bearbeitungsgebühr.

So lernte ich erstmals das Berliner Fundbüro kennen, das wunderschön im rechten Track des Haupteinganges zum Flughafen Tempelhof liegt. Drinnen etwas trostlos und die Menschen, die dort arbeiten etwas blut- und lustlos, aber zwei waren auch sehr nett. Viel Papierkram begleitete mein Etui, mir wurde nur mitgeteilt, wo man es gefunden hatte (um die Ecke) und dass man es bei der Polizei abgegeben hätte – nicht wer. Kann ich mich also leider nicht einmal bedanken, was ich natürlich gerne getan hätte.

Ich war zuerst im falschen Raum – wo die Fundsachen Schlüssel verwaltet werden – eine ganze Reihe nur mit Schlüsseln und Schlüsselbunden – spannend. Kann sich lohnen, dort einmal gucken zu gehen im Verlustfall.

Lecker gefunden, dass der Discounter mit dem L vorne und hinten in seiner italienischen Woche letzte Woche Stracciatella im Kühlregal im Angebot hatten. Es gab also gestern Spaghetti mit Polpette und sahnige Sugo. So gut! Und sehr schön gefunden habe ich gestern unseren Tomaten-Dschungel im Mietergarten. Ich hatte ein Sixpack Tomaten im Angebot von o.g. Discounter vor dem Vertrocknen gerettet und in Betonkübel gepflanzt und sie wurden von uns allen mit Wasser und Brennesseljauche bedacht. Ansonsten haben wir wachsen lassen. Und das sieht alles schon sehr gut aus. Ich hätte vielleicht den Karton aufheben sollen bzw. fotografieren sollen, um die Rassen zu identifizieren. Jedenfalls ist der Dschungel jetzt noch einmal aufgebunden – und ich habe jede Menge Blätter abgenommen, damit jetzt die Kraft in die Früchte geht und die Sonne an sie heran kommt.