2011-04-18

re:publica XI – Fazit oder: mein großes Montagsloch

Grundsätzlich bin ich auch für mehr Darkrooms, Callboys und Huren auf der re:publica. Selbstredend für lau. Mehr Kaffeeautomaten mit löslichem Kaffee für 0,50 Cent, die können das besser als der Filterkaffee in der Kalkscheune. Ach ja, Kaffee ist Schnee von gestern, weil Kalkscheune wird's ja nicht mehr. Denkfehler: warum müssen wir überhaupt für den Kaffee noch zahlen? Ansonsten hätte ich gerne mehr Dope in die Frühstücksbeutel, die nun auch endlich kommen sollten! Und überhaupt Simultanübersetzer müssen her für's Geld, am Besten nicht nur Englisch-Deutsch, Deutsch-Englisch, Sanskrittransferierung würde unseren internationalen nationalen Status auch mehr Pfiff geben. Latein! Seit dem Schockwellenreiter gehört auch Latein auf die re:publica – live gedolmetscht. Bei dreitägigen Medizinkongressen für 1.500,— Euro Besuchergeld sind doch auch fünfgängige Menüs zwei Mal am Tag möglich, wieso eigentlich nicht auch auf der re:publica? (Für ein dreitägiges EarlyBird-Ticket von 56,— €?)

(Vorangegangener Kontext bezieht sich auf eine wahnsinnige re:publica-Kritik eines, sich als nicht englisch sprechenden selbsternannten Twitter-SEO's, die man nicht verlinken muss und deren Verfasser trotz aller unbedachter Häme nicht genug Mut hat, kritische Kommentare frei zuschalten, die er angeblich als Beleidigung zensiert. Mein Kommentar wurde auch nicht veröffentlicht, der allenfalls nur ironisch war aber an keiner Stelle beleidigend. Die gleiche Type freut sich dümmlich auf Twitter über Linkverkehr. Tsja, Schwanz hat man halt in der Hose – oder eben auch nicht. Hirn auch. Oder auch nicht.)



Meine persönlichen Highlights der re:publica XI:

Die vielen Leute im Real Life endlich überhaupt oder endlich wieder zu treffen. Große Freude. Mal mehr oder mal weniger lang. Immer zu kurz. Ich habe von vielen Seiten gehört, dass Leute zur re:publica kommen und keine Panels besuchen, sich nur in den Gängen mit Freunden treffen. Das beschreibt das Event wohl am Besten.

Panels



Habe ich dieses Jahr selbst vergeigt, mich meist in die falschen gesetzt. Auch davon geprägt, dass ich wegen der Überfüllung die kleineren Workshopräume nach dem ersten Tag komplett aus der Planung gestrichen hatte. Aber das wird nächstes Jahr besser, wenn es räumlich größer wird, denn die spannendsten Panels finden einfach dort statt. Dort passiert noch die Websubkultur! Tendenziell fand ich die Panels deutlich weniger lustig als in früheren Jahren. Ich weiß auch, woran es liegt. Aber die Diskussion zu führen, bringt wenig Punkte mit den 30 Prozent. Highlights waren für mich, klar, JoJo alias Johannes Kretzschmarr, alias beettlebum. Bin lange Fan von ihm, seinem Blog, seinem Humor. Menschlich hat er völlig überzeugt, inhaltlich auch. Beste Powerpoint-Präsentation ever! I heart you!



Sascha Lobo mit dem zweiten Teil seiner hoffentlich werdenden Troll-Triologie, die ich mir irgendwann im ZDF im Abendprogramm verfilmt wünsche. Untertitelt! Bevor er aber trollsachlich wurde, hat er der lieben Internetgemeinde, der lieben insbesondere auf ihn kritisch reagierenden Internetgemeinde, sehr eloquent die Hosen strammgezogen. Mehr als anbieten, die Programmierung des Firefox-deleate-den-Lobo-PlugIn zu finanzieren, kann er nicht. Haben seine Kritiker, die mit Sicherzeit zu Hauf im vollen Friedrichstadtpalast saßen, nicht verstanden. Ich war die Einzige, die geklatscht hatte. Es tut mir leid, ich will Sascha Lobo nicht scheiße finden – ich lerne jedes Mal von dem Mann, wenn ich ihn sehe. Und ja, er wird auch jedes Mal besser. Und seine Standpunkte zur ewig um sich selbst kreisenden kleinen Internet-Galaxie waren völlig zur Recht formuliert! (Wird im Nachgang erstaunlich wenig darüber gebloggt, mochten sie wolle alle nicht so, die Realität in Worte gegossen.) Freue mich auf sein Troll-Buch! Das kann gar nicht nicht kommen …

Den Vortrag von Tim Pritlove, Podcasts und Radio als Werkzeug für Öffentlichkeitsarbeit, fand ich sehr inspirierend. Ich habe hier seit ein paar Monaten (schäme mich sehr) eine supergrandiose AKG USB-Microphone-Spende hier liegen. Da kommt noch was.

Irgendwie sehr schräg (aus meines hohen Alters Sicht) und dennoch sympathisch der Vortrag vom Diaspora-Gründer Maxwell Salzberg. Der hat nicht diesen üblichen „wie geil bin ich, wie geil ist mein Produkt, hatte ich erwähnt wie geil ich bin?!“-Vortrag gehalten, sondern er dozierte ein wenig über Lebenserfahrung und „How to do it“. Das hatte ein bisschen was von Lebenshilfe. Unerwartet von so einem jungen Kerl. Aber charmant.

Highlight natürlich Blogger_innen im Gespräch, mit u.a. Julia Probst. Wenn man aus einem Panel geht und hat was gelernt und noch ein bisschen lachen dürfen, dann ist alles gut. Fremdschämen nach wie vor für die nerdcore-Geschichte. Wird auch nicht besser, wenn man René Walter dazu reden hört. Katrin Rönicke hatte zu wenig Zeit, Gutjahr war etwas zu glatt – aber alles in allem sind das meine liebsten Panels auf der re:publica, einfach nur mal Blogger reden hören. Guter Jahresrückblick, danke!



Mein Eindruck der Twitterlesung vom letzten Jahr war, dass ein Haufen im Lesen unbegabter sicherlich großartige Blogger/Twitterer Tweets vorlesen mit dem fast schon peinlichen Bemühen, keine Pointen setzen zu wollen. Da die aber eh alle nur denselben Twitterern folgen, wurden nur Tweets von immer denselben Twitterern vorgelesen, denen man ja selber sowieso folgt, weil wir ihnen alle folgen, man die Tweets also kennt und von den bekannten Twitterern dann auch 50 Prozent auf der Bühne standen, um ihre eigenen Tweets vorzulesen, fand ich das wenig ergiebig. Kurz: Twitterlesungen muss ich nicht haben. Tweets sind was für's Netz.



Bin dann dieses Jahr zur Royalen Revue II vom GT-Team gegangen und das war auch gut so. Da gab es Freibier, das ich eh nicht trinke, lustige Masken, liebevoll gepackte Bingotüten … und eben Bingo.





Wir hörten „White Christmas“ von Till Brönner, Abba und lustige Karnevalslieder. Es war alles völlig sinnlos, meschugge und sehr schön lustig! Danke an Nilzenburger und Hermsfarm für den Quatsch!



Natürlich (m)ein must have das Rentner-Blogger-Panel am Freitag „10 Jahre Blogs in Deutschland“ mit Don Dahlmann, Anke Gröner, Schockwellenreiter und ix. Unterhaltsam, und ja, mein Leben hat das Bloggen auch deutlich verändert und sehr viel schöner gemacht. Wünsche mir nur mal, den Don nicht immer als Moderator bei so etwas zu erleben, sondern auch als Befragter.

Ich war in diversen anderen Panels, die keine besondere Erwähnung finden müssen. Teilweise weil inhaltlich banal, teilweise weil sehr ärgerlich präsentiert. Wer kein Bock auf die Präsentation seines Panels hat, sollte es nicht halten. Aber wie gesagt, meine eigene Schuld, weil meine Wahl! Alles schön gemacht, noch schöner, noch viel bunter und besser, hatte mal wieder die großartige Abschlussveranstaltung von Johnny Haeusler. Ich finde doch, wir sollten nächstes Jahr noch mal singen und endlich den Longplayer einspielen! Und warum zum Henker gibt dem nicht mal endlich einer 'ne TV-Show?

Und zum Schluss: ich erlebe seit der re:publica 2008 das Vordringen und immer stärker aktive Partizipieren von Frauen und Feministinnen auf der re:publica. Das sehe ich mit sehr großem Wohlwollen. Ich sehe nicht mehr mit Wohlwollen, warum grundsätzlich am Ende der re:publica es um die Feministinnen immer eine – aus meiner Sicht – selbstinszenierte riesige Nachwelle geben muss. Leider bleibt aus meiner Sicht mehr Ärger als Freude. Ich habe für mich die Entscheidung geschlossen, als Frau, wohl auch als feministisch denkende Frau, auf der nächsten re:publica diese Panels auszulassen. Ich mag nicht mehr! Und das hat nichts damit zu tun, dass Feminismus auf der re:publica nicht erwünscht ist. Das hat gewaltig damit zu tun, wie Feminismus auf der re:publica präsentiert wird. Soweit ich weiß, sollen die Panels am Freitag alle sehr gut gewesen sein. Aber zu dem Zeitpunkt war bei mir bereits Schluss mit lustig.

Danke!

Nu wirklich schlussendlich aber ein herzliches Dankeschön an alle, die die dicke Webgöre re:publica XI geschultert haben, organisiert haben, dort vor Ort immer freundlich und umsichtig gearbeitet haben, mitgemacht haben, da waren. Ihr seid toll! Alle! Nur der Kaffee nicht!

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